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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter
Autoren: Alexander Kent
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warf seinen Hut auf eine Kanone und rief gleichzeitig nach Poad.
    Er musterte Bolitho ausgiebig, wobei er alles, von den neuen Schuhschnallen bis zur Haartolle, in sich aufzunehmen schien.
    Er sagte: »Ich bin Palliser, die Nummer Eins.«
    Er hatte eine lebhafte Ar t zu sprechen. Als Poad mit einem Krug Wein hereinkam, blickte er zu ihm hinüber.
    Bolitho betrachtete den Ersten Offizier neugierig. Er war sehr groß und mußte sich daher unter die niedrigen Decksbalken bücken. Ende der Zwanzig, schien er aber die Erfahrungen eines weit Älteren zu besitzen. Er und Bolitho trugen die gleiche Uniform, doch waren sie so verschieden voneinander, als ob ein Abgrund zwischen ihnen läge.
    »Sie sind also Bolitho.« Seine Augen wanderten über den Rand des Bechers zu ihm. »Sie haben ein gutes Führungszeugnis; das heißt: auf dem Papier. Aber dies ist eine Fregatte, Mr. Bolitho, und kein überbemanntes Linienschiff Dritten Ranges. Hier ist es erforderlich, daß sich jeder Offizier und jeder Mann voll einsetzt, damit dieses Schiff schnellstens seeklar wird.« Er nahm noch einen kräftigen Schluck.
    »Melden Sie sich also bitte an Deck. Nehmen Sie die Barkasse, und fahren Sie an Land. Sie müssen die Umgebung hier doch kennen, wie?« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Gehen Sie mit einem Rekrutierungskommando ans Westufer und durchkämmen Sie die umliegenden Ortschaften. Little, der Stückmeistersmaat, wird Sie begleiten. Er kennt das Geschäft. Wir haben auch ein paar Plakate, die Sie in den Gasthöfen aufhängen können. Wir brauchen etwa zwanzig tüchtige Burschen, kein Gesindel. Unsere Besatzung ist zwar komplett, aber wie es damit am Ende einer langen Reise aussieht, ist ein anderes Kapitel. Ein paar Leute werden wir zweifellos verlieren. Jedenfalls hat es der Kommandant so befohlen.«
    Bolitho hatte geglaubt, er könne erst einmal auspacken, seine Leute kennenlernen und nach der langen Fahrt von Falmouth etwas zu sich nehmen.
    Um seine Anordnung abzurunden, sagte Palliser fast nebenbei: »Heute ist Dienstag. Seien Sie bis Freitag mittag zurück. Verlieren Sie keinen von Ihren Leuten, und lassen Sie sich nicht übers Ohr hauen!«
    Mit lautem Türknall rauschte Palliser aus der Messe und rief draußen irgendeinen Namen.
    Rhodes tauchte in der offenen Tür auf und lächelte ihm ermutigend zu. »Pech gehabt, Richard. Aber er gibt sich härter, als er ist. Er hat Ihnen eine gute Gruppe für die Aufgabe ausgesucht. Ich habe Erste Offiziere kennengelernt, die einem Anfänger eine Auslese von Halunken mitgegeben hätten, nur um ihm nach erfolgloser Rückkehr tüchtig Zunder geben zu können.« Er zwinkerte ihm zu. »Mr. Palliser wird bald selber ein Schiff haben. Denken Sie immer daran, es hilft einem beträchtlich.«
    Bolitho lächelte. »In diesem Fall mache ich mich besser gleich auf den Weg.« Er hielt einen Moment inne. »Und vielen Dank noch für den Willkommensgruß.«
    Rhodes ließ sich in einen Stuhl fallen und dachte ans Mittagessen.
    Er hörte, wie draußen in der Barkasse die Riemen klargelegt wurden und der Bootssteurer seine Befehle gab. Was er bisher von Bolitho gesehen hatte, gefiel ihm. Gewiß, er war noch sehr jung, aber er machte den Eindruck, als ob er im Kampf oder bei schwerem Wetter seinen Mann stehen würde.
    Seltsam, daß man sich niemals Gedanken über die Sorgen und Probleme seiner Vorgesetzten machte, so lange man noch Midshipman war. Ein Offizier, ob jung oder alt, war einfach eine Art höheres Wesen. Eines, das schimpfte und schnell die Mängel bei einem Anfänger entdeckte. Aber jetzt wußte er es besser. Selbst Palliser hatte Angst vor dem Kommandanten, Und wahrscheinlich fürchtete dieser wi ederum, bei seinem Admiral oder einem noch Höherstehenden aufzufallen.
    Rhodes lächelte. Denn ein paar kostbare Augenblicke lang war er mit sich und der Welt zufrieden.
    Little, der Stückmeistersmaat, trat – die großen Hände in die Seite gestemmt – einen Schritt zurück und sah zu, wie seine Männer ein weiteres Werbeplakat aufhängten.
    Bolitho zog seine Uhr heraus und blickte über den Dorfanger, als die Kirchenuhr die Mittagsstunde schlug.
    Little sagte verdrießlich: »Wär’s vielleicht Zeit für einen Schluck, Sir?«
    Bolitho holte tief Luft. Wieder ein Tag nach einer schlaflosen Nacht in einem kleinen, nicht besonders sauberen Gasthof, und immer mit der Sorge, daß sein Rekrutierungskommando selber desertieren könnte, trotz Rhodes beruhigender Worte über die gute Auswahl. Aber
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