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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter
Autoren: Alexander Kent
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Zeit kaum einmal gelächelt.
    »Was haben wir für Befehle, Stephen?«
    Rhodes ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen. »Niemand außer unserem Kommandanten weiß Bestimmtes. Wir machen eine lange Reise südwärts, das ist gewiß. In die Karibik vielleicht oder noch weiter.« Er schüttelte sich und starrte auf die nächste Stückpforte. »Gott, bin ich froh, daß wir diese Nässe hier bald hinter uns haben.« Er nahm einen schnellen Schluck. »Wir haben eine gute Besatzung, zum größten Teil wenigstens, mit den üblichen Galgenvögeln dazwischen. Der Steuermann ist erst kürzlich vom Maat zum Deckoffizier befördert worden, aber er ist ein guter Navigator, wenn er auch gegenüber seinen Vorgesetzten manchmal etwas wichtig tut. Und heute abend werden wir unser volles Kontingent an Midshipmen bekommen. Zwei davon sind erst zwölf, beziehungsweise dreizehn Jahre alt.« Er grinste.
    »Seien Sie nicht zu lasch mit ihnen, Richard, nur weil Sie selber vor kurzem Midshipman waren. Wenn etwas schiefgeht, sind nämlich Sie dran, nicht die Jungen.«
    Rhodes zog eine Uhr aus der Hosentasche. »Der Erste Offizier muß jeden Augenblick zurückkommen. Ich scheuche jetzt besser schon die Fallreepsgäste raus. Er liebt eine tadellose Vorstellung, wenn er an Bord kommt.«
    Er zeigte auf eine kleine, mit Segeltuchwänden abgeteilte Kammer.
    »Die gehört Ihnen, Richard. Sagen Sie Poad, was Sie brauchen, dann wird er die anderen Stewards anweisen, sich darum zu kümmern.«
    Impulsiv streckte er Bolitho die Hand hin. »Schön, daß Sie bei uns sind. Willkommen!«
    Bolitho saß in der leeren Messe und lauschte auf das Geräusch der Blöcke und Leinen und der trappelnden Füße über seinem Kopf. Er hörte rauhe Stimmen, das Trillern einer Bootsmannsmaatenpfeife, als irgendein Ausrüstungsstück aus einem längsseit liegenden Boot an Bord gehievt wurde, um dort registriert und in irgendeiner Last ve rstaut zu werden.
    Bald würde Bolitho die Gesichter der Mannschaft kennen, ihre Stärken und ihre Schwächen. Und in dieser niedrigen Messe würde er sein tägliches Leben, seine Hoffnungen und Enttäuschungen mit seinen Messekameraden teilen: mit den beiden anderen Wachoffizieren, mit dem Offizier der Seesoldaten, dem neuernannten Steuermann, dem Schiffsarzt und dem Zahlmeister – den wenigen Auserwählten unter der Besatzung von rund zweihundert Seelen.
    Er hätte den Zweiten Offizier gern noch nach dem Kommandanten gefragt. Aber Bolitho war zwar sehr jung für seinen Rang, doch immerhin erfahren genug, um zu wissen, daß die Frage ungehörig gewesen wäre. Aus Rhodes’ Sicht wäre es Wahnsinn gewesen, einem eben an Bord Gekommenen zu vertrauen und ihm gegenüber seine persönliche Meinung über den Kommandanten der Destiny zu äußern.
    Bolitho öffnete die Tür zu seiner kleinen Kammer. Sie war kaum länger als die pendelnd aufgehängte Koje, bot aber daneben genügend Platz zum Sitzen. Ein Stück privates Territorium, soweit man in einem kleinen, von Leben überquellenden Kriegsschiff davon reden konnte.
    Doch im Vergleich zu seiner Hängematte im übervollen Kadettenlogis des Orlopdecks war dies ein Palast.
    Seine Beförderung war sehr schnell gekommen, wie Rhodes bemerkt hatte. Wenn der ihm unbekannte Leutnant nicht durch einen Sturz vom Pferd umgekommen wäre, hätte es diese freie Stelle kaum gegeben.
    Bolitho öffnete die obere Hälfte seiner Seekiste und hängte einen Spiegel an einen der massiven Balken neben der Koje. Er betrachtete sich darin und bemerkte die dünnen Linien, die sich infolge der Anstrengungen der letzten Jahre um seinen Mund und seine Augen eingegraben hatten. Er war auch magerer geworden, muskulös und sehnig, wie es nur Bordernährung und harte Arbeit fertigbringen.
    Poad schaute zu ihm herein. »Ich könnte ein Mietboot anheuern und in die Stadt schicken, um etwas Sonderproviant für Sie zu besorgen, Sir.«
    Bolitho lächelte. Poad war wie ein Standbesitzer auf einem Markt in Cornwall.
    »Ich habe mir schon einiges herbestellt, danke.« Er bemerkte Poads Enttäuschung und fügte hinzu: »Aber wenn Sie sich darum kümmern wollen, daß es richtig verstaut wird, wäre ich Ihnen verbunden.«
    Poad nickte kurz und trollte sich. Er hatte sein Angebot gemacht, und Bolitho hatte richtig reagiert. Irgendwann würde schon etwas für ihn dabei herausspringen, wenn Poad die privaten Vorräte der Offiziere unter seine Obhut nahm.
    Eine Tür ging geräuschvoll auf, und ein hochgewachsener Offizier trat in die Messe,
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