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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Theodor und ward zum Könige in Korsika erwählt. Sonst nannte man mich Ihro Majestät und jetzt mit genauer Not mein Herr. Sonst ließ ich Münze schlagen, jetzt hab' ich keinen roten Heller; sonst hatt' ich zwei Staatssekretäre und jetzt nicht einmal einen Bedienten. Ich sah mich ehemals auf einem Throne, und zu London mußt' ich lang' im Kerker auf einem Bunde Stroh liegen. Mir ist bange, daß mich hier das nämliche Schicksal trifft, ob ich gleich wie Ihro Majestäten hierher gekommen bin, dem Karneval beizuwohnen.
    Die fünf andern Könige hörten dieser Erzählung mit edlem Mitleide zu, und jeder gab dem Könige Theodor zwanzig Zechinen, um sich Kleider und Wäsche anzuschaffen, Kandide aber schenkte ihm einen Diamanten von zweitausend Zechinen.
    Wer muß wohl dieser simple Partikülier sein, der imstande ist, hundertmal soviel wegzugeben als jeder von uns, und der es auch tut! sagten die fünf Könige zueinander.
    In eben dem Augenblick, da man von der Tafel aufstand, kamen in eben dem Wirtshause vier durchlauchtige Herrschaften an, die das Kriegsglück gleichfalls um ihre Staaten gebracht hatte und die den Überrest des Karnevals zu Venedig zubringen wollten. Kandide, dem der Gedanke, seine traute Kunegunde aufzusuchen, die ganze Seele füllte, kümmerte sich um die Neuangekommnen nicht im geringsten.

Siebenundzwanzigstes Kapitel: Kandidens Reise nach Konstantinopel
    Der treue Kakambo hatte es schon dahin gebracht, daß der türkische Schiffspatron, der den Sultan Achmet nach Konstantinopel führen sollte, Kandiden und Martinen mit an Bord nahm. Ehe selbige sich nach dem Schiff begaben, beugten sie sich tief zur Erde vor dem Schattenspielsmonarchen.
    Sehn Sie, sagte Kandide unterwegs, da haben wir nun mit sechs abgesetzten Königen gespeist, und unter diesen sechs Königen war noch dazu einer, dem ich einen Zehrpfennig gegeben habe. Vielleicht gibt's noch weit mehr unglückliche Prinzen. Wie glücklich bin ich dagegen, ich habe ja nur hundert Hammel eingebüßt und fliege nun meiner Kunegund' in die Arme. Ich versichre Ihnen nochmals, lieber Martin, Panglos hatte recht: Es ist doch die beste Welt! Wollte Gott, seufzte Martin.
    Allein, sagte Kandide, unser zu Venedig erlebtes Abenteuer hat wenig Wahrscheinliches. Hat man je gesehn oder gehört, daß sechs entthronte Könige in einem Wirtshause zusammen zur Nacht gespeist haben?
    Das schlägt grade nicht mehr aus dem gewöhnlichen Gleis als die meisten Vorfälle, die uns begegnet sind, antwortete Martin. Daß Könige entthront werden, ist ein Erzwerkeltagsstückchen, und daß wir die Ehre gehabt haben, mit ihnen das Abendbrot zu nehmen, nun wahrlich, das ist eine solche Lumperei, daß ich nicht begreife, wie ein Schüler vom großen Panglos, ein wirklich philosophischer Kopf, davon was hermachen kann.
    Kaum hatte Kandide den Fuß ins Schiff gesetzt, so stürzt' er auf seinen alten Diener, seinen Freund Kakambo zu und fiel ihm um den Hals. Nun, was macht meine Kunegunde? rief er. Ist sie noch immer das schöne Mädchen? Liebt sie mich noch immer? Oh, was macht sie? Du hast ihr unstreitig einen Palast zu Konstantinopel gekauft?
    „Ach! 's hat sich was zu palasten, lieber Herr. „Die gute Kunegunde steht da am Rande des Mare di Marmara und scheuert Teller und Schüsseln; ist Sklavin von einem Prinzen, bei dem das Küchengerät herzlich dünn gesät ist. 's ist der alte Fürst Ragotsky, dem die osmanische Pforte täglich drei Taler in seiner Freistatt zufließen läßt. Alles schlimm genug, aber der hinkende Bote kömmt noch erst nach. Der Baroneß ihr niedliches Lärvchen ist ganz zum Kuckuck; sie ist, mit Respekt zu sagen, 'n wahrer Popanz geworden."
    Mag's doch, sie sei Popanz oder schön, antwortete Kandide, so muß ich sie doch lieben; sie hat mein Wort, und ich bin ein teutscher Mann. Aber sag' mir, wie kann sie so zum Aschenbrödel herabgesunken sein? Du hast ihr doch fünf bis sechs Millionen gebracht? I ja doch! sagte Kakambo, hab' ich nicht dem Sefior Don Fernando d'Ibaraa y Figueora y Mascarenes y Lampourdos y Suza, Statthalter von Buenos Aires, zwei Millionen geben müssen, damit ich die Erlaubnis erhielt, Baroneß Gundchen mitnehmen zu dürfen? Und hat uns nicht all' das übrige ein Seeräuber redlich weggekapert? Und hat uns nicht eben dieser Seeräuber nach Capo Matapan, nach Milo, nach Nicaria, nach Samos, nach Aradh, nach den Dardanellen, nach Marmara, nach Scutari geschleppt? Kunegunde und die Alte dienen jetzt bei dem besagten Fürsten, und
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