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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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müssen«, sagte ich.
    »Wozu? Damit du mir noch mal in die Fresse treten kannst?«
    »Ich habe eine Leiche gefunden«, sagte ich emotionslos. »Einen Arm, um genau zu sein. Komm oder lass es bleiben. Tu, was du willst.«
    Ich klappte das Handy zu, ignorierte es, als es läutete und wandte mein Pferd in Richtung Heimat.
    Der Tag versprach einfach großartig zu werden.

3
    Zwei Deputys rollten in einem grün-weißen Streifenwagen des Palm Beach County hinter Landry durch das Tor. Ich war zur Farm zurückgeritten, weil ein Pferd an einem Tatort nur alles komplizierte, aber ich hatte keine Zeit mehr gehabt, um zu duschen oder mich umzuziehen.
    Selbst wenn ich die Zeit gehabt hätte, hätte ich mir die Mühe nicht gemacht. Ich wollte Landry zeigen, dass es mir egal war, was er von mir dachte. Ich war nicht daran interessiert, ihn zu beeindrucken. Vielleicht wollte ich ihn aber auch mit meiner Gleichgültigkeit beeindrucken.
    Ich stand mit verschränkten Armen neben meinem Wagen, ein Bein seitlich vorgeschoben, ein Bild zickiger Ungeduld. Landry stieg aus seinem Auto und kam zu mir, sah mich aber nicht an. Er musterte seine Umgebung durch eine schwarze Sonnenbrille. Sein Profil gehörte auf eine römische Münze. Seine Hemdärmel waren ordentlich halb über die Unterarme gerollt, aber die Krawatte musste er am Kragen erst noch lockern. Der Tag war noch jung.
    Als er schließlich Luft holte, um zu sprechen, sagte ich: »Folg mir.« Dann stieg ich in meinen Wagen, fuhr an ihm vorbei aus dem Tor und ließ ihn in der Einfahrt stehen.
    Mit dem Auto war der Ort meines grausigen Funds, zu dem es auf einem schnellen Pferd nur ein kurzer Galopp gewesen war, viel schwerer zu finden. Es war leichter voranzufahren, als einem Mann den Weg zu beschreiben, der ohnehin nicht zuhören würde. Die Straße machte Biegungen, kam an ein T. Ich bog links ab und noch mal links, passierte eine Einfahrt mit einem ausrangierten Motorrad,
das in eine Halterung für den Briefkasten verwandelt worden war. Trümmer vom letzten Hurrikan vor drei Monaten türmten sich immer noch an den Straßen und warteten auf einen Lkw, der sie abholen würde.
    Die Staubwolke hinter meinem Wagen hatte sich noch nicht gelegt, als ich anhielt und ausstieg. Landry hievte sich aus der Limousine, die er für heute aus dem Bezirksfuhrpark ausgewählt hatte, und fuchtelte mit der Hand vor dem Gesicht herum, um den Staub zu vertreiben. Er weigerte sich immer noch, mich anzusehen.
    »Wieso bist du nicht bei der Leiche geblieben«, fuhr er mich an. »Du warst mal Polizistin. Du solltest es besser wissen.«
    »Du kannst mich mal, Landry«, gab ich zurück. »Ich bin eine Privatperson. Ich musste dich nicht einmal anrufen.«
    »Warum hast du es dann getan?«
    »Dort drüben ist dein Opfer«, sagte ich und zeigte auf die andere Seite des Kanals. »Oder ein Teil davon. Geh und mach deine Scheißarbeit.«
    Er schaute über das brackige Wasser zu dem Ast, an dem sich die menschliche Gliedmaße verfangen hatte. Die Fliegen wirbelten auf wie ein Taschentuch im Wind, als ein schneeweißer Reiher mit seinem langen Schnabel an die Hand stocherte.
    »Scheiß Natur«, murmelte Landry. Er hob einen Stein auf und warf ihn nach dem Vogel. Der Reiher kreischte empört auf und entfernte sich auf gelben Stelzenbeinen.
    »Detective Landry?«, rief einer der Deputys. Die beiden lehnten am Kofferraum des Streifenwagens und warteten. »Sollen wir die CSI anrufen?«
    »Nein«, bellte Landry zurück.

    Er ging fünfzig Meter den Kanal hinunter, wo ein Durchlass ein Ufer des Kanals mit dem anderen verband. Ich hätte es nicht tun sollen, aber ich folgte ihm. Er gab vor, mich zu ignorieren.
    Die Hand gehörte einer Frau. Aus der Nähe sah ich durch einen Schleier von Fliegen die Maniküre auf dem zerbrochenen Nagel des kleinen Fingers. Tiefroter Nagellack. Ein Abend in der Stadt hatte ein entsetzliches Ende gefunden.
    Blondes Haar trieb auf der Wasseroberfläche. Da unten war noch mehr von ihr.
    Landry blicke in beide Richtungen am Ufer entlang und forschte nach Schuhabdrücken, Reifenspuren oder einem anderen Hinweis darauf, wie die Leiche hierhergekommen war. Ich tat das Gleiche.
    »Da.« Ich zeigte auf einen Teilabdruck in der weichen Erde direkt am Ufer, gut drei Meter vom Opfer entfernt.
    Landry ging in die Hocke, betrachtete ihn mit finsterer Miene und rief dann den Deputys zu: »Bringt mir ein paar Markierungen.«
    »Gern geschehen«, sagte ich.
    Endlich sah er mich an. Jetzt erst bemerkte ich,
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