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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod
Autoren: Michael Connelly
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Opfers sei über die Aussicht verteilt, im übertragenen Sinn gemeint gewesen war. In Zukunft musste er Gandles Hang zur Übertreibung berücksichtigen.
    »Todeszeitpunkt?«, fragte er Felton.
    »Der Lebertemperatur nach zu schließen, etwa vor vier bis fünf Stunden«, antwortete der Rechtsmediziner. »Gegen zwanzig Uhr.«
    Das gab Bosch zu denken. Er wusste, um acht Uhr war es bereits dunkel und alle Sonnenuntergangsfans waren wahrscheinlich längst wieder fort. Aber die zwei Schüsse mussten in den Häusern in der unmittelbaren Umgebung des Aussichtspunkts zu hören gewesen sein. Doch niemand hatte bei der Polizei angerufen, und die Leiche war erst drei Stunden später von einem zufällig vorbeikommenden Streifenwagen entdeckt worden.
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte Felton. »Warum hat niemand den Knall gehört? Dafür gibt es möglicherweise eine Erklärung. Dreht ihn noch mal auf den Bauch, Jungs.«
    Bosch richtete sich auf und trat zur Seite, während Felton und einer seiner Assistenten die Leiche herumdrehten. Bosch sah Walling an, und einen Moment trafen sich ihre Blicke, bevor sie wieder auf den Toten hinabschaute.
    Jetzt waren die Schusswunden am Hinterkopf sichtbar. Das schwarze Haar des Opfers war blutverklebt. Über den Rücken seines weißen Hemds waren extrem feine Spritzer einer braunen Substanz verteilt, die sofort Boschs Aufmerksamkeit erregten. Er war schon an zu vielen Tatorten gewesen, um sie noch zählen zu können. Und er glaubte nicht, dass die Spritzer auf dem Hemd des Toten Blutflecken waren.
    »Das ist doch kein Blut, oder?«, sagte er zu Felton.
    »Nein, das ist kein Blut«, bestätigte ihm der Rechtsmediziner. »Ich bin ziemlich sicher, dass sie im Labor feststellen werden, dass es ganz ordinäres Coca-Cola ist. Der eingedickte Rest, der sich auf dem Boden einer ausgetrockneten Dose oder Flasche absetzt.«
    Bevor Bosch antworten konnte, tat es Walling.
    »Ein behelfsmäßiger Schalldämpfer, um das Geräusch der Schüsse zu dämpfen«, sagte sie. »Man bringt mit Tape eine leere Plastik-Colaflasche am Lauf der Waffe an. Dadurch wird das Geräusch des Schusses deutlich gedämpft, weil die Schallwellen in der Flasche bleiben und sich nicht in der umgebenden Luft ausbreiten. Wenn in der Flasche noch ein Rest Cola ist, wird das Ziel des Schusses mit der Flüssigkeit besprüht.«
    Felton sah Bosch an und nickte zur Bestätigung.
    »Wo haben Sie denn die aufgegabelt, Harry? Auf die sollten Sie schauen.«
    Bosch sah Walling an. Auch er war beeindruckt.
    »Habe ich alles aus dem Internet«, sagte sie.
    Bosch nickte, obwohl er ihr nicht glaubte.
    »Und da ist noch etwas, was Sie bestimmt interessieren wird«, sagte Felton und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Leiche.
    Bosch beugte sich erneut vor. Felton langte über den Toten, um auf dessen Hand zu deuten.
    »Einen von denen haben wir an jeder Hand.«
    Er zeigte auf einen roten Plastikring am Mittelfinger des Toten. Bosch sah ihn sich kurz an und schaute dann auf die andere Hand. Auch hier steckte am Mittelfinger ein solcher roter Ring. Beide Ringe hatten auf der Handinnenseite einen weißen Überzug, wie eine Art Tape.
    »Was sind das für Ringe?«, fragte Bosch.
    »Das kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen«, antwortete Felton. »Aber ich vermute stark …«
    »Ich weiß es«, sagte Walling.
    Bosch blickte zu ihr auf. Er nickte. Natürlich wusste sie es.
    »Das sind sogenannte TLD-Ringe«, sagte Walling. »Das ist die Abkürzung für Thermolumineszenz-Dosimeter. Es ist ein Frühwarngerät. So ein Ring misst die Strahlenbelastung.«
    Nach dieser Information legte sich unbehagliches Schweigen über die kleine Gruppe. Bis Walling fortfuhr.
    »Und es gibt noch etwas, was ich Ihnen dazu sagen kann. Wenn so ein Ring wie in diesem Fall nach innen gedreht ist, mit der TLD-Anzeige auf der Handinnenseite, heißt das normalerweise, dass sein Träger direkt mit radioaktivem Material in Berührung kommt.«
    Bosch richtete sich auf.
    »Okay, alle mal herhören«, ordnete er an. »Zurück von der Leiche. Bitte alle zurücktreten.«
    Die Techniker der Spurensicherung, die Rechtsmediziner und Bosch begannen, sich von dem Toten zu entfernen. Nur Walling rührte sich nicht von der Stelle. Sie hob die Hände, als bitte sie in der Kirche um die Aufmerksamkeit der versammelten Gemeinde.
    »Nur keine Aufregung«, sagte sie. »Niemand muss zurücktreten. Es besteht keine Gefahr. Alles im grünen Bereich.«
    Alle blieben stehen, aber niemand
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