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Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)

Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)

Titel: Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)
Autoren: Mary Dean
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für meinen Geschmack etwas zu fahl und zu dünn. Es sah aus wie das eines Babys.
    »Moment mal«, sagte ich und versuchte, meine Stimme burschikos klingen zu lassen. »Ich habe nicht vor, eine Ewigkeit auf Highmoral zu bleiben. Immerhin habe ich noch einen kleinen Nebenberuf, der mir schließlich und endlich meinen Lebensunterhalt einbringt. Ich möchte meine Tage keinesfalls als Hausdame in diesen modrigen Mauern beschließen.«
    »So war es doch nicht gemeint, Kate«, beruhigte mich Ken. Wir betraten eine sehr große Halle. Die Gewölbe wurden von dicken, steinernen Säulen getragen. Hinter jeder dieser Säulen konnte man einen heimlichen Lauscher vermuten. Kurioserweise kam es mir in diesen Augenblicken so vor.
    Die Halle strotzte vor Waffen aus verschiedenen Epochen. Hellebarden standen so zufällig an die Wand gelehnt, als wollte man sie jederzeit benutzen. In dem riesigen Kamin an der Stirnseite brannte kein Feuer. Aber es roch irgendwie danach, als ich an diesem rußschwarzen Monstrum vorbeiging. An den Wänden hingen Portraits, die mir nichts sagten. Vermutlich die Ahnen der Familie Lancester. Es gab schöne und hässliche Gesichter. Sanfte, wilde und furchterregende. Ich nahm es gar nicht richtig wahr.
    Wir gingen die Treppe hinauf. Sie war mit einem Teppich belegt, der unsere Schritte verschluckte. Oben gab es eine Art Galerie, von der mehrere Türen abführten. Vor einer zweiflügeligen blieb Ken stehen und öffnete sie schließlich.
    Ich war überrascht. Genau das, was ich nicht erwartet hatte, fand ich hier vor: einen sehr behaglich eingerichteten Salon. Die Möbel waren erlesen und stammten, nach meinem Dafürhalten, aus dem achtzehnten Jahrhundert. Dazwischen waren geschickt einige Accessoires aus neuerer Zeit angeordnet, so dass es einem an Bequemlichkeit keinesfalls mangelte. Die alten Landschaftsbilder entzückten mich und neben dem prächtigen Marmorkamin gab es eine Sammlung herrlicher Miniaturen, wie sie im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert als Brautgeschenke üblich waren.
    »Ich sehe, es gefällt dir.«
    »O ja, sehr hübsch«, bestätigte ich und sah mich um. »Aber wo ist ...«
    »Miriam - meinst du?«
    »Ja, sicher. Ich hoffte, auch von ihr begrüßt zu werden.«
    »Sie hat sich hingelegt«, sagte Kendal gepresst. »Ich kann nicht versprechen, dass sie noch einmal kommt. Ich bin heilfroh, dass die Kinder schlafen. Miss Festers, die Kinderfrau, wird nicht mehr mit den beiden fertig. Miriam hat momentan nicht die Nerven und Peggy ...«
    Seine Stimme klirrte und brach ab. Es hörte sich an, als wäre man mit dem Schuh auf eine dünne Glasscherbe getreten.
    »Willst du mir nicht endlich sagen, was geschehen ist?«, fragte ich ungeduldig.
    »Ich möchte, dass Miriam zugegen ist, wenn es dir gesagt wird«, bat er mich um mein Verständnis. »Ich lasse noch einen Imbiss kommen und zeige dir dann dein Zimmer. Morgen bist du ausgeruht. Dann wird es leichter sein, über all diese schrecklichen Dinge zu reden. Es ist nicht gut, wenn man damit zu Bett geht.«
    Ich presste die Lippen zusammen. Vielleicht hatte Kendal recht. Aber er fragte sich wohl nicht, was es bedeutete, mit jener quälenden Unwissenheit zu Bett zu gehen? Im Wissen, dass etwas Furchtbares geschehen war und in der Unwissenheit, was geschehen war.
    Doch bohrte ich nicht weiter nach. Ein Mädchen brachte eine kalte Platte. Ich nahm nur wenig davon. Ken saß vor dem Kamin und rauchte. Er rauchte zuviel. Aber das sollte meine Sache nicht sein. Ich musste mich bemühen, erst einmal zur Ruhe zu kommen, obwohl das in dieser Situation wirklich nicht leicht schien.
     
     
    *
     
    Am folgenden Tag weckte mich strahlender Sonnenschein, der durch die hohen Fenster in den Raum flutete. Übrigens ein sehr großzügiger Raum mit angrenzendem Badezimmer und allem erdenklichen Komfort der Neuzeit. Lediglich das Mobiliar stammte aus früheren Epochen, was aber der Behaglichkeit keinerlei Abbruch tat.
    Ich duschte kalt und heiß und abschließend wieder kalt. Meine Lebensgeister belebten sich. Es klopfte. Ein Mädchen erschien. Es nannte sich Martha und teilte mir mit, dass man im Morgenzimmer frühstücken würde. In ein paar Minuten wollte sie mich dorthin geleiten, da ich den Weg wohl kaum allein finden konnte. Ich sagte zu, kleidete mich an und war jetzt mehr neugierig als furchtsam.
    Als ich in das Morgenzimmer eintrat, trafen mich sofort die Blicke Miriams. Sie war dieselbe blonde Schönheit, die ich in Erinnerung hatte. In ihrem herrlichen
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