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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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Abend in München noch mit Anna zum Soller gegangen. Zum Soller ins Tal.
    »Willst mitgehen?«, hat Anna Kathie gefragt. Es sei doch dumm, hier bei der Mutter den ganzen Abend herumzusitzen. Kathie war das nur recht und so ist sie mitgegangen. Mit Anna hinüber ins Tal zum Söller.  Am gleichen Abend noch lernte sie die Mitzi Zimmer mann und später noch den Hans kennen. Die Gretel, die Bedienung beim Soller, hat sich ein bisschen zu ihnen gesetzt, »weil doch heute nichts los ist, da alle draußen auf der Wiesn sind«. Neugierig war sie, wissen wollte sie, wen Anna dabei hatte, und Kathie hat der Gretel von si ch er zählt.
    Nach und nach sind Gäste in die Wirtschaft herein. Gretel ist aufgestanden und hat bedient. Nicht lange waren Kathie und Anna in der Wirtsstube, vielleicht eine halbe Stunde wird es gewesen sein, als die Mitzi Zimmermann zu ihnen an den Tisch kam. Anna machte die Mitzi mit der Kathie bekannt. Kathie ist es vorgekommen, als kenne Anna einfach jeden beim Söller und jeder kennt Anna.  Etwas später am Abend ist noch der Hans gekommen. Er gefiel Kathie gleich. Schon wie er drüben bei der Tür hereinkam. Mit seinem grauen Filzhut und dem schwarzen Schnurrbart. Herüber zu ihnen an den Tisch ist er. Mitzi ist gleich aufgesprungen und hat ihn umarmt. Der Hans schob sie beiseite, wie er Kathie sah. Wissen wollte er, wer sie ist, und die Hand küsste er ihr, wie einer feinen Dame. Einen roten Kopf bekam Kathie, wie er sie anschaute mit seinen dunklen Augen. Auf den freien Platz gleich neben sie setzte er sich. Ganz nah rückte er an sie heran und Kathie war es nur recht gewesen. Woher sie denn kommt und was sie in München macht, hat er sie gefragt. Sie erzählte ihm alles. Das ganze Auf und Nieder, den Ärger mit dem Vater, und dass sie nach München gekommen ist, um sich eine Stelle zu suchen. Dass es nicht einfach sein wird mit einer Stelle, sagte er ihr, aber er würde ihr schon helfen. Schließlich kenne er genügend Leute, und so ein hübsches Mädchen wie die Kathie, die findet bestimmt etwas.
    »Komm, erzähl dem Mädel doch keinen Stuss. Hast ja selber keine Arbeit wie die meisten hier beim Soller und lebst von der Wohlfahrt und von der Mitzi. Die Arbeit, die  du ihr weißt, pah, da ist schon manches junge Ding unter die Räder gekommen.«
    »Red keinen Schmarm, mach lieber deine Arbeit, so langst noch eine hast.« Und mit einer verächtlichen Handbewegung schob der Hans den Einwand der Gretel beiseite.
    Beim Soller ist es noch ein lustiger Abend geworden. Anna hat irgendwann zu singen angefangen. Die ganzen Bänkel- lieder, mit denen sie schon als Kind mit ihrem Vater von Wirtshaus zu Wirtshaus zog. Die Leute haben gelacht und gejohlt. Und der Hans rückte im Laufe des Abends immer näher zur Kathie herüber. Die Hand legte er ihr auf den Oberschenkel, Kathie schob sie nicht weg. Mitzi sah es nicht oder wenn sie es sah, so ließ sie es sich nicht anmerken.  Langsam schiebt Kathie die Bettdecke zur Seite. Spät ist es geworden gestern beim Soller und es war schon weit nach Mitternacht, als Anna sie wieder in die Ickstattstraße zurückbrachte. Gewundert hat sich Kathie schon, weil doch die Anna nicht geblieben ist, nur in die Wohnung hat sie die Kathie zurückgebracht. Sie selbst ist wieder gegangen, aber Kathie war zu müde, um sich darüber Gedanken zu machen. Für den heutigen Abend haben sie sich wieder verabredet. Zum Soller ins Tal wollten sie gemeinsam gehen. Abholen würde sie die Anna. Kathie schiebt die Bettdecke vollkommen zur Seite, steht auf. Sie spürt den kalten Fußboden unter ihren nackten Füßen. Geht zur Waschschüssel. Was soll sie machen bis um sechs, bis die Anna sie holt? Sie nimmt den Krug, füllt Wasser in die Schüssel, taucht beide Hände ins kalte Wasser und wäscht ihr Gesicht.

Walburga
    Wann genau ich den Josef kennengelernt habe, kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Wir kennen uns schon ewig. Seit unserer Kindheit. Drüben bei den Eisenbahnerwohnungen in der Siedlung haben wir gewohnt. Mein Vater ist bei der Bahn. Wie seiner auch. Alle, die da wohnen, sind bei der Bahn. Und alle haben sie viele Kinder. Wir Kinder, wir trafen uns immer im Hof zum Spielen. Meistens waren die Mädchen und die Buben unter sich, aber beim Räuber und Gendarm war es anders, da machten alle mit. Auch die Buben. Daher kannte ich den Josef. Den ganzen Tag waren wir draußen. Heim sind wir erst, wenn die Mutter gerufen hatte oder die Lichter der Straßenlaterne angingen. 
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