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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur
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wegzuwerfen?«
    Die Mädchen sahen Marybeth mit schlechtem Gewissen an. Sie hatten es vergessen.
    »Tut mir leid, Mom«, druckste Lucy und schlich in ihr Zimmer.
    »Verzeihung, Mrs. Pickett«, sagte Jessica.
    Marybeth musste plötzlich nach dem Türknauf greifen, um sich aufrecht zu halten. Sie spürte ihre Beine nicht mehr.
    »Was ist?«, fragte Joe verdutzt.
    Sie sah ihn mit erschreckender Miene an.
    »Was denn?«

    »Oh nein«, sagte sie bleich.
    »Marybeth …«
    Sie wandte sich ihm zu und flüsterte: »Joe, Marie hat diese Kittel nicht weggeworfen. Sie hat Jessica erlaubt, sie zu behalten und zu tragen.«
    »Und?«
    »Eine Frau behält solche Kittel nur, wenn sie einen Grund dafür hat. Marie hat sie für Jessica gewaschen und gebügelt, vermutlich dutzende Male.«
    »Und weiter?«
    »Warum sollte sie diese Sachen aufbewahren? Kittel, die ihren Mann an den Bruder erinnerten, den er hasste? Warum sollte sie ein Foto von Eric auf dem Kaminsims stehen haben? Und wo ich jetzt darüber nachdenke: Es hat dich stärker überrascht als sie, dass Eric an jenem Tag zu den Logues kam und Cam abholte.«
    Joe hatte das Gefühl, mit dem Hammer einen Schlag vor die Brust zu bekommen. »Marybeth, weißt du, was du da sagst?«
    Statt zu antworten, verließ sie die Küche, fing Jessica ab, die sich umziehen gehen wollte, und kniete sich hin, um ihr direkt in die Augen zu sehen. Sanft legte sie ihr die Hände auf die Schultern.
    »Jessica, wie lange hast du diese grünen Kittel schon?«
    Das Mädchen hielt inne und dachte nach. »Eine Weile.«
    »Wie lange?«
    Marybeths Ton überraschte das Kind. »Ein paar Jahre, schätz ich. Ich weiß nicht mehr genau.«
    »Wer hat sie dir gegeben?«
    »Onkel Eric.«
    Joe beobachtete Jessica genau. In ihren Augen wuchs die Angst.

    »War dein Onkel Eric vor ein paar Jahren bei euch zu Hause?«, fragte Marybeth. »Bevor ihr hierhergezogen seid?«
    Jessicas Augen waren riesig und füllten sich mit Tränen, doch sie nickte.
    »Dein Dad und dein Onkel Eric kamen nicht gut miteinander aus, oder?«
    »Nein.«
    »Dein Vater hat dich sogar gebeten, diese Krankenhauskittel wegzuwerfen, als er sah, dass du sie anhast, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Doch deine Mom meinte, du darfst sie behalten, aber nur tragen, wenn Dad nicht in der Nähe ist?«
    Jessica nickte. »Ich finde die cool.«
    »Verstehe.«
    Das Mädchen blickte über Marybeths Schulter zu Joe. Offenbar vermochte sie nicht einzuschätzen, ob sie in Schwierigkeiten war.
    »Niemand ist dir böse«, sagte er. »Beantworte einfach Marybeths Fragen.«
    Jessica nickte erneut. »Meine Mom hat gesagt, ich kann die Sachen behalten, solange ich sie nicht in Dads Gegenwart trage, und das hab ich auch nie getan.«
    »Deine Mom und Onkel Eric kamen bestimmt gut miteinander aus?«, fragte Marybeth. »Sie haben viel miteinander telefoniert, wenn dein Vater nicht da war, was?«
    Joe atmete tief ein und spürte, wie ein Leichentuch aus blankem Schrecken auf ihn niedersank.
    Als Jessica ein weiteres Mal nickte, wollte er Marybeths Reaktion nicht einmal mehr sehen. Doch seine Frau blieb ruhig, jedenfalls äußerlich.
    »Gut, Schatz«, sagte sie und erhob sich. »Du kannst dich jetzt umziehen.«

    Das Mädchen rührte sich nicht.
    Joe und Marybeth blickten sich an und wollten in Gegenwart des Kindes nichts sagen. Jessica sah die beiden an, und Tränen sprangen ihr über die Wangen.
    Sie wandte sich an Marybeth. »Meine Mom kommt nicht zurück, oder?«

Achtunddreißigstes Kapitel
    Drei Tage später wurde Marie Logue in New Orleans beim Check-in für den Flug nach Mailand von zwölf FBI-Agenten eingekreist. Sie war als Barbara Grossman unterwegs und hatte einen Führerschein aus Louisiana und einen vier Jahre alten Pass. Leider besaß das FBI Videoaufnahmen, auf denen zu sehen war, wie sie diese Papiere von dem Mann erhielt, der Eric Logue zuvor Dokumente auf den Namen Cleve Garrett verkauft hatte.
    Ausgelassen und übermütig rief Portenson bei Joe an und berichtete ihm davon. Er habe über die Sache nachgedacht, seit Joe ihm den Hinweis auf die Beziehung zwischen Marie und Eric Logue gegeben habe, und sei auf den Gedanken gekommen, Eric habe Marie vermutlich Name und Adresse des Fälschers in New Orleans mitgeteilt. Portenson hatte vermutet, Marie werde neuer Papiere wegen dort hinfahren. Seine Kollegen vom FBI hatten den Fälscher schon Tage zuvor verhaftet und ihm mildernde Umstände angeboten, falls er mithalf, Marie eine Falle zu stellen, zu der auch Videokameras
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