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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag
Autoren: P Schmidt
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weil deren Aufbauten nach unten zeigen, Inseln, die in der Luft hängen, und Schiffe, die auf einmal zu Strichen zusammenschmelzen, bevor sie wieder größer werden, wenn sie sich der »Meteor« nähern. Die Menschen an Bord brutzeln sich unter der stechenden, steil stehenden Sonne braun – und das auf der Nordsee!
    Mit Einbruch der Dunkelheit tuckern wir in eine tropisch anmutende laue Nacht hinein. Es geht die breite Elbe hinauf. Als wir am nächsten Morgen schließlich im Hafen von Hamburg ankommen, ist da niemand, der mich abholt. Auch keine Cordula, denn sie ist ja in Amerika. So fühle ich mich verlassen.
    Wochenlang saß ich mit anderen Menschen im wahrsten Wortsinne im selben Boot. Es war zeitweise anstrengend, weil manche Menschen mit meiner Art zu sein nichts anfangen konnten oder wollten. Aber es war auch sehr schön, was das Sammeln von Erfahrungen und Erlebnissen angeht.
    Nach dem Ende der Forschungsfahrt erreicht mich eine Postkarte aus Amerika. Merkwürdige Dinge stehen darauf. Sätzeweise berichtet Cordula über die Reisegruppe. Wie toll die ganzen Leute so seien und dass ihr die Reise deswegen sehr gut gefalle. Kaum ein Wort über die Landschaft oder über Amerika. Das gibt mir zu denken. Sie berichtet zwar vom Yellowstone-Nationalpark, aber vor allem, dass sie dort just dann auf Toilette musste, als der Old-Faithful-Geysir ausbrach. Und dass danach die Gruppe, zu der sie gehörte, abgefahren sei. Und dass sie daher leider den Ausbruch nicht erleben konnte. Und dass das ja nicht so schlimm sei.
    Wenn ich dringend auf Toilette gemusst hätte und ausgerechnet in diesen Minuten der Geysir ausgebrochen wäre, der nur alle zwei Stunden spuckt, dann hätte ich mit Nachdruck darauf bestanden, diese Zeit abzuwarten. Ich wäre niemals in den Yellowstone-Park gekommen, um statt des berühmten Old Faithful in Eruption nur eine Toilette zu sehen. Yellowstone ohne Old Faithful, das käme einer Amputation der Reise gleich. Da wäre die ganze Reise sofort mit ungenügend bewertet worden. Und wenn die ganze Gruppe ohne mich weitergefahren wäre! Da hätte es keine Argumente seitens des Reiseleiters oder der Gruppe gegeben, die mich von meiner Blockade abgebracht hätten. Mir wird auch klar, dass ich den Rest der Reise in dieser Gruppe kein Wort mehr über die Lippen bekommen hätte, wenn man mir dieses Verhalten übel genommen hätte.
    Ich spüre, dass hier ein grundlegender Unterschied zwischen uns beiden liegt. Dass wir uns hier fatal fürchterlich gestritten hätten, wären wir gemeinsam auf Reisen gewesen, weil ihr die Gruppe und ihr Ansehen in der Gruppe wichtiger sind als der Old Faithful. Amerikascheint für sie nur eine Kulisse zu sein. Es geht ihr mehr um das Gruppenerlebnis als um das Ziel. Das ist bei mir völlig anders. Wenn ich verreise, dann will ich eine neue Gegend kennen lernen. Ich will mich nicht mit einer Reisegruppe amüsieren. Im Gegenteil, auf die könnte ich auch verzichten. Eine liebe Postkarte, die mich dennoch zum Grübeln bringt.
    Ich entschließe mich, zu Cordulas Eltern zu fahren und mit ihnen über Cordula zu reden. Denen erzähle ich, dass ich es sehr schade finde, dass ihre Tochter leider viel zu schnell schlappmacht beim Ausdauertanzen und beim Fahrradfahren. Da habe ich mir Frauen anders vorgestellt. Daraufhin sagen sie mir, dass Cordula eben nicht so ausdauernd sei wie manch andere Frau. Das bedeutet für mich sofort, dass nicht alle Frauen so sind wie Cordula, dass es da noch Alternativen geben könnte, mit denen ich langfristig erheblich glücklicher werden könnte.
    Ich beginne in mir zu spüren, dass ich Dinge, die mir etwas bedeuten, niemals dem Interesse, endlich eine Beziehung zu haben, unterordnen darf. In mir konkurrierende rationale und emotionale Sehnsüchte müssen kooperieren können. So komme ich immer mehr zu dem Schluss, dass Cordula sich bei vielen Begebenheiten nicht so verhält, wie ich es mir gewünscht hätte.
    Ich identifiziere diese Situationen als Testbestandteile, die sie (noch) nicht erfüllt. Dazu gehört der Trutschentest – sie verbringt zu viel Zeit beim Juwelier, so viel Geld sind mir diese kleinen Klunker einfach nicht wert. Auch versagt sie beim Etepetete-Test, weil sie zu viel Wert auf Status und Symbole legt, zu viel essen gehen will. Da wünsche ich mir definitiv doch einen häuslicheren Typ. Eine Frau, die mir später auch mal bei Alltagsschwierigkeiten den sprichwörtlichen Rücken freihalten kann.
    Auch ihre Idee, dass wir ja im Winter
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