Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition)
Autoren: Christian Gallo
Vom Netzwerk:
den Nervenzellen hin und her. Ihr ewiger Geist war eine koordinierte Datenverarbeitungsmatrix, ein Gefühl von Vernetzung. Sie hatte das Gefühl, tausend Mal schneller denken zu können als zuvor. Ihre Stirn furchte sich vor Konzentration.
    Sie war bereit. Vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben war sie wirklich bereit. Sie war für das hier geboren.
    Sie spürte ... das gewaltige, galaktische Drehmoment und sah ... eine Unendlichkeit von Sternen sich wie eine Perlenschnur aufreihen. Dorthin mußten sie.
    Die Dinge verschwammen miteinander. Telemetrie und Telepathie. Software und Hellsichtigkeit. Maschinen und Gespenster.
    Was war das Geheimnis?
    Sie starteten.

44
    Dann: Träume.
    (Hey. Ich bin’s.)
    Surrealistische Eindrücke wirbeln zu einem Traum. Schillernde, rotierende Gedankenblitze rasen vorbei, aus dem Nichts und wieder dorthin zurück. Kein Anfang. Kein Ende. Nur das Sein, das tiefempfundene, schamvolle, sinnlose, schmerzhafte Sein.
Ihr
Sein.
    (Nazma.)
    Sie steht da, die Hände in den Taschen, den Kopf nach vorn gebeugt, eine gezwungene Denkerpose.
    (Wo soll ich anfangen...?)
    Ja wo? Wo nur beginnen in all dem Chaos? Die Welt geht den Bach runter, lautstark und gründlich. Wir sind am Arsch. Nichts wird mehr übrig sein, wenn wir ... wenn ich nicht-
    (Womit soll ich anfangen...? Keine Sorge, sicher nicht mit Vorwürfen. Ich wollte nur, na ja, wissen, ob es dir gutgeht und so weiter. Und ... du hattest Recht, als du meintest, wir hätten es vermasselt, aber ... warum bist du einfach so abgehauen? Warum hast du nichts gesagt?)
    Ja, warum nicht? Warum hat er sich davongeschlichen, wie ein Feigling? Vielleicht, weil er dich satt hatte; vielleicht weil dein Haß zu groß war.
    Dein Haß.
    (Mir brummt der Schädel.)
    Sie rast auf einer schwarz-silbernen Fujitsu-Honda dahin. Vorbei an grünen Hügeln und aufgelassenen Industriegebieten ... Das Unkraut zwischen den Betonplatten zu ihren Füßen...
    Uns allen brummt der Schädel, Schwester. Wir sind am Ende. Die letzte Gabelung ist erreicht, und von nun an gibt es nur noch einen möglichen Weg: und der führt uns alle schnurstracks über den Rand der Welt hinweg, klar? Ins Nichts. Wir werden hinabstürzen und alle sterben. Wie der Typ vorhin. Erinnerst du dich? Natürlich tust du das. Du erinnerst dich ständig und an alles. Du bist andauernd erfüllt von Reue, von Erinnerungen und Reue; das ist dein Problem.
    (In zwei Wochen stehen Klausuren an, und ich wünschte, ich könnte all dem irgendwie entrinnen. Kann die Welt nicht vorher untergehen, oder so etwas? Käme mir gerade recht gelegen...)
    Oh, und die Welt
wird
auch untergehen, ganz sicher sogar. Es mußte ja so kommen. Bist du jetzt zufrieden? Du hast es dir sosehr gewünscht. Du wolltest, daß es endet, daß einfach alles endet, nicht wahr? Du wolltest, daß die Sache mit Corey endlich zu Ende ging, und jetzt? Ja und jetzt, wo es soweit ist, sitzt du flennend da und denkst an ihn zurück, denkst, wie es wäre, wenn alles anders gekommen wäre, du ihn nicht...
    (Vielleicht sollten wir uns mal zusammensetzen, in Ruhe aussprechen, wenn du in Frankreich fertig bist. Ich finde, das sollten wir, uns einfach mal unterhalten. Okay?)
    ... wenn du ihn nicht verloren hättest. Wenn er kein riesen Arschloch gewesen und bei dir geblieben wäre. Die Sache ist nur: du hast ihn...
    (Ich fände es gut. Ich habe begriffen, daß wir zwei Menschen sind, die nicht zusammenbleiben können, aber ... wollen wir uns denn völlig voneinander lösen?)
    ... hast ihn vertrieben; er ist wegen dir verschwunden, nur wegen dir. Er kann überhaupt nichts dazu. Verstehst du das noch immer nicht?
    (Wir sollten uns wenigstens etwas mehr Zeit nehmen, die Dinge zu klären, findest du nicht auch? Gut...)
    Und dann:
    (Ich hab’ was für dich. Eine Geschichte. ›Jenseits der Mauer‹.)
    Der Anfang; oder ein möglicher Anfang: Vor vielen Jahren, auf meinem Weg von Hongkong nach New York, verbrachte ich eine Woche in ... in San Francisco. Sie werden vielleicht bemerkt haben, daß die Abneigung gegen das Verfassen eines bloßen Gesellschaftsbriefs mit dem Quadrat der Entfernung zwischen Ihnen und Ihrem Korrespondenten zunimmt. Das ist ein...
    ... Gesetz.. Genau, kleine Schwester. Aber es gibt noch eines.
    Das Ende: Als Dampier seine Geschichte beendet hatte, fiel mir nichts von Belang ein, daß ich hätte sagen wollen, und ihn zu befragen, wäre eine scheußliche Zudringlichkeit gewesen. Ich...
    Nazma, du weißt es: Er erhob sich ... Ich...
    Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher