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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition)
Autoren: David Fermer
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kamen die Männer näher. Milan hatte keine Wahl. Er nahm die Pistole aus seiner Hose, zielte in die Luft und schoss zwei Mal. Die fünf Gangmitglieder ließen sich zu Boden fallen und riefen aufgeregt durcheinander. Milan sprang schnell über den Zaun und schlängelte sich zwischen den Gräbern hindurch. Bis die erschrockenen Tsotsis überhaupt wieder auf die Beine kamen, war er schon längst verschwunden.
    Von nun an vermied Milan jegliche Lichtquelle. Er schlich geduckt an den Fenstern der Blechhütten vorbei und hielt sein weißes Gesicht gesenkt. Er hörte die Gangmitglieder ins Auto steigen und mit aufheulendem Motor davonrasen. Sie würden nicht aufgeben, bis sie ihn gefunden hatten.
    Auf der anderen Seite der Kirche sah Milan die rote Tür von Themba Mbetes Haus. Die solide Betonkonstruktion war eines der besseren Gebäude im Viertel. Es hatte sogar ein richtiges Dach. Das Haus stand im starken Kontrast zu den verwahrlosten Hütten der Gegend.
    Milan wartete, bis niemand mehr in der Nähe war. Dann huschte er über den staubigen Weg. An der nächsten Ecke bog das Auto der Tsotsis in die Straße ein. Schnell versteckte sich Milan hinter einem Müllcontainer. Das Auto fuhr im Schritttempo an ihm vorbei. Die Männer lehnten sich aus den Fenstern und suchten die leeren Straßen nach ihm ab. Als der Wagen um die Ecke verschwand, raffte sich Milan auf und ging leise zu Thembas Haustür. Ganz sanft drückte er die Klinke nach unten. Die Tür sprang auf.
    Lautlos wie ein Tiger schlich er ins Haus. Er hörte Geräusche aus der Küche am Ende des Flurs. Es wurde gekocht. Mit dem Rücken zur Wand ging Milan langsam den schmalen Flur entlang. Hinter der Wohnzimmertür hörte er Kinder lachen. Der Fernseher lief. Auch die Stimme von Thembas Frau war deutlich zu hören. Es war also Themba, der sich in der Küche aufhielt. Der gute Familienvater. Der Ernährer. Das Familienoberhaupt. Und er war allein.
    In der Küche warf Themba etwas in die Pfanne. Der Rauch zog bis in den Hausflur. Zum ersten Mal, seit er das Township betreten hatte, verspürte Milan Angst. Sein Herz schlug laut und schnell. Sein Atem war unruhig. Für einen flüchtigen Augenblick überwältigte ihn das Gefühl, dass er es nicht schaffen würde. Noch konnte er abhauen.
     
    Niemand hatte ihn gehört. Er hätte die Pistole wegstecken, leise aus dem Haus schleichen und sich auf den Weg nach Hause machen können. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Milan schluckte schwer und sammelte sich. Dann umfasste er seine Pistole mit beiden Händen, zog den Hahn mit dem Daumen zurück und sprang in die Küche. Themba fuhr völlig überrascht herum und ließ den Holzlöffel zu Boden fallen. Als er die Waffe in Milans Hand sah, hielt er instinktiv die Hände hoch.
    Plötzlich verschwand Milans Angst. Was er machte, war richtig.
    »Du Drecksau«, knurrte er und zielte auf Thembas Brust.
    Themba riss die Augen ängstlich auf. »Was machst du, Milan? Bist du verrückt geworden?«
    »Du verdammte Drecksau!«
    Mit seiner linken Hand ließ Milan die Pistole los. Er griff in seine Hosentasche und zog eine Brille heraus. Die blau getönten Gläser waren zerschlagen, der dünne goldene Metallrahmen war stark verbogen.
    »Ist das deine Brille?«, zischte Milan voller Wut.
    Themba schaute das kaputte Gestell an, als ob es sein Todesurteil wäre. »Ja.«
    Milan machte einen Schritt nach vorne und zielte auf Thembas Kopf.
    »Ich verstehe nicht«, stammelte Themba wie vor Schreck gelähmt. Er stolperte zurück und stieß einen Stuhl um. »Was habe ich getan?«
    Milans Zeigefinger zuckte bereits am Abzug. Nur eine kleine Bewegung und es wäre alles vorbei.
    »Du hast meine Mutter getötet!«, sagte er, kaum in der Lage zu sprechen.
    Themba protestiere nicht. Vor Angst und Entsetzen riss er die Augen auf und ließ sich auf die Knie fallen.
    »Milan! Nein! Es tut mir leid!« Seine Stimme zitterte.
    Das war es. Das Geständnis. Milan sah es in Thembas Augen. Jetzt musste er nur noch abdrücken. Nur ganz leicht den Zeigefinger nach hinten ziehen. Eine minimale Bewegung. Nicht mal einen Zentimeter.
    Los, Milan!, sagte die Stimme in seinem Kopf. Tu es. So wie Themba es getan hat. So wie er es verdient hat. Das miese Schwein. Dann sind die Schmerzen weg. Dann wird die Wut vergehen. Danach wird es nicht mehr wehtun.
    Milan machte die Augen zu und zog langsam den Abzug zurück.

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