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Jungs sind keine Hamster

Jungs sind keine Hamster

Titel: Jungs sind keine Hamster
Autoren: Frank Schmeißer
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direkt zu bestellen, ohne das Angebot wenigstens mal zum Schein durchgeblättert zu haben, kam mir komisch vor. Marvin sollte ja nicht denken, ich würde immer das Gleiche futtern und nie was Neues ausprobieren.
    „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“, sagte meine Oma immer, wenn Opa sich weigerte, so etwas Verrücktes wie Gemüse oder Reis zu essen. Trotzdem bestellte ich wie immer Ente süßsauer mit Ananas und eine Cola. Marvin entschied sich für gebratene Nudeln mit Hühnchen und eine Limonade dazu. Der Kellner notierte sich alles, nahm uns die Speisekarten ab und verschwand in der Küche. Wir sahen aus dem Fenster. Menschen eilten die Straße rauf und runter. Mit Schals um den Hals und hochgeschlagenen Kragen. Unser Atem ließ die Scheibe beschlagen und ich unterdrückte meinen Drang, ein kitschiges Herzchen auf das Fenster zu zeichnen. M + H.

    „Mann, bin ich froh, wenn der Winter rum ist.“
    „Ich auch“, sagte Marvin. „Dabei hat er noch nicht mal richtig angefangen.“
    „Und trotzdem hängt er mir jetzt schon zum Hals raus.“
    „Wenn es wenigstens schneien würde.“ Marvin sah sehnsüchtig zum Himmel.
    „Das wäre toll. Ich mag Schnee. Die ganze Stadt sieht in Weiß viel schöner aus als in Grau“, sagte ich.
    „Fährst du Ski oder Snowboard?“, wollte Marvin wissen.
    „Nee. Leider nicht. Du?“
    „Ja. Wir fahren immer zwei Wochen über Weihnachten in die Berge.“
    „Du und deine Eltern?“
    „Ja“, erzählte Marvin. „Nach Österreich. Ich, meine Eltern und Justin und Sven mit ihren.“
    Nachdem die Namen seiner beiden Freunde gefallen waren, verstummte er und begutachtete nervös noch mal die Speisekarte. Ich fand es alles andere als schön, dass Marvin offensichtlich nicht mal die Ferien ohne Sven und Justin verbringen konnte. Immerhin hingen die drei ja schon auf dem Schulhof und am Nachmittag zusammen rum! Und anscheinend waren auch die Eltern der drei dicke Freunde. Ich hatte einen Kloß im Hals.
    „Hast du den beiden …“
    „Ja, habe ich.“
    „Gut“, sagte ich und hoffte, dass Marvin mir gleich erzählen würde, wie cool die beiden darauf reagiert hatten, dass wir … na ja … dass Marvin und ich ein Paar waren. Waren wir doch, oder? Marvin blieb stumm.
    „Und, was haben sie gesagt?“, drängelte ich.
    Ich sah Marvin direkt in die Augen. Der senkte erst den Blick und starrte dann nach draußen.
    „Begeistert waren sie nicht.“
    „Dachte ich mir.“
    „Aber was soll ’ s!“ Marvin klatschte die Hände auf den Tisch. „Die werden sich schon dran gewöhnen. Früher oder später.“
    Ich nickte nur.
    „Wir lassen uns von den beiden doch nicht den Nachmittag verderben, oder?“, sagte er, legte seine Hand auf meine rechte und lächelte.
    „Nee. Das machen wir wirklich nicht.“ Ich lehnte mich nach vorne und nahm seine freie Hand. So saßen wir eine ganze Weile da. Schwiegen und genossen, bis die Getränke kamen.
    „Cola?“, fragte der Kellner.
    „Für mich“, sagte ich und zog blitzschnell meine Hände zurück. Irgendwie fühlte ich mich ertappt, dabei hatte ich ja gar nichts Schlimmes getan. Der Kellner verzog keine Miene. Er legte routiniert zwei Bierdeckel auf den Tisch und platzierte die Gläser darauf.
    „Danke“, sagte ich und nahm einen Schluck.
    „Essen kommt auch gleich“, verkündete der Kellner und verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war.
    „Was haben sie denn nun gesagt?“, wollte ich von Marvin wissen.
    „Ach, die üblichen Sprüche. Du kannst es dir denken.“
    Konnte ich. Leider.
    „Lass uns über was anderes reden“, schlug ich vor. „Fährst du gut Ski?“
    „Geht so. Snowboarden kann ich besser.“
    „Das würde ich unglaublich gerne mal ausprobieren.“
    „Können wir machen.“
    „Wir zusammen?“
    „Klar. Ich bring dir das bei. Ist überhaupt kein Problem.“
    „Ach, ich weiß nicht. Nachher stelle ich mich total blöd an“, zauderte ich rum, damit er mich überreden konnte.
    Vor meinem inneren Auge sah ich uns schon auf der Piste stehen, sah ihn seine Hände um meine Hüften schlingen und uns zusammen den Hang hinunterschlittern. Ich sah, wie ich stürzte, ihn mitriss und wie wir zusammen im Schnee lagen und lachten.
    „Blödsinn! Du kriegst das auf alle Fälle hin. Es gibt doch hier die Skihalle. Da könnten wir mal gemeinsam hinfahren.“
    „Ente süßsauer?“
    Ich erschrak. Der Kellner hatte sich wieder lautlos an unseren Tisch gebeamt. Er hielt lächelnd zwei Teller in der rechten Hand. Das
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