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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman
Autoren: Andreas Franz
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Blutgruppe Null, Rhesusfaktor positiv. Eine Allerweltsblutgruppe, die nichts an der Leere änderte, durch die die Polizei tappte. Eine Leere wie bei den Angehörigen der Opfer, denen mit einem Schlag ein Teil ihres Lebens genommen worden war. Und es schien nur eine Frage der Zeit, bis der Wahnsinnige wieder zuschlug. Die Boulevardblätter, vor allem aber die Nachrichtenredaktionen einiger TV-Sender, stürzten sich mit geradezu perverser Sensationsgeilheit auf die Morde und die Welt der Opfer. Glücklicherweise beschränkte sich der seriöse Journalismus auf die Meldung von Fakten - doch wie lange noch? Ein dritter Mord, womöglich gar ein vierter, und man würde den gesamten Frankfurter Polizeiapparat auseinandernehmen. Ihr lebt von unseren Steuern, also tut etwas! Wofür werdet ihr Beamtenärsche bezahlt, wenn ihr nicht einmal in der Lage seid, unsere unschuldigen Töchter und Mädchen vor einer solchen Bestie zu schützen? Wofür habt ihr euch jahrelang auf unsere Kosten ausbilden lassen, wenn ihr doch nur elende Sesselfurzer seid? Berger hatte ähnliches schon einmal erlebt, als er noch neu bei der Polizei war und kurz nacheinander drei Homosexuellen die Kehle durchgeschnitten wurde. Bekam das Volk den Täter nicht vorgeworfen, wurde eben die Polizei gefressen. Doch das Volk hatte ja keine Ahnung von der Mühe, die es bereitete, Spuren zusammenzusuchen und alle noch so winzigen Puzzlestückchen zu einem vollständigen Bild zu ergänzen. Das Volk wollte Resultate sehen, alles andere interessierte nicht. Aber wie ein Phantom erwischen, das wie aus dem Nichts auftauchte, sein grausi ges Geschäft verrichtete und wieder im Dunkel der Anonymität verschwand? Es war praktisch unmöglich, ein Täterprofil zu erstellen, wenn der Täter nichts am Tatort hinterließ. Er leistete solch perfekte Arbeit, daß man blonde Mädchen zwischen vierzehn und zwanzig nur eindringlich warnen konnte, sich nach Einbruch der Dämmerung nicht mehr allein auf der Straße aufzuhalten. Nur in Gruppen oder in männlicher Begleitung. Allein und dazu vielleicht noch durch eine schwach beleuchtete Wohngegend gehen, wo viele sich bei Dunkelheit in ihren Häusern verkrochen, barg im Augenblick ein tödliches Risiko. Vor einem Dreivierteljahr hatte es schon einmal zwei Morde an Frauen in Frankfurt gegeben, allerdings nicht annähernd so grausam. Man schloß zwar nicht völlig aus, daß es sich um ein und denselben Täter handelte, doch die Wahrscheinlichkeit, daß einer erst beim dritten Mal ne-krophil wird, schien nach Psychologenmeinung weitgehend ausgeschlossen. Es gab ein oder zwei Übereinstimmungen, doch auch wieder klar erkennbar andere Vorgehensweisen. So hatte der Täter vor neun Monaten seinen Opfern weder Bißwunden zugefügt noch Teile der Vagina mit seinen Zähnen ausgerissen, sondern ihnen »nur« in einem Anfall von Blutrausch den Leib aufgeschlitzt. Zudem waren die damaligen Opfer rothaarig und dunkelbraun, hatten die Dreißig längst überschritten, und sie waren Huren. Nein, diesmal hatten sie es mit einem anderen Kaliber zu tun. Der Mörder vom letzten Winter lief zwar immer noch frei herum, vielleicht aber war er auch tot, auf jeden Fall war dieser Mann viel plumper vorgegangen. Es war ein Scheißspiel, der Polizei waren die Hände gebunden, solange der Mörder nicht einen gravierenden Fehler beging. Wann aber würde er einen begehen - beim nächsten Mal, beim übernächsten oder erst in ein, zwei oder drei Jahren? Und wann war das nächste Mal? Heute schon, morgen oder übermorgen? Sicher war nur, daß irgendwo in dieser großen Stadt jemand herumlief, der blonde Mädchen auf den Tod nicht ausstehen konnte. Und unter diesen blonden Mädchen waren bestimmt noch immer sehr viele, die selbst die eindringlichsten Warnungen in den Wind schlugen, die nachts allein durch einsame Straßen liefen in der Überzeugung, ihnen würde schon nichts passieren. Und irgendeine von ihnen würde der Wahnsinnige erwischen.
Berger schaltete das Licht ein, der nasse Asphalt glänzte. Menschen eilten, nach Erledigung der letzten Einkäufe, über die Bürgersteige, eine zähe Blechlawine quälte sich von einer Ampel zur nächsten. Er öffnete das Seitenfenster einen Spalt, die Luft im Wagen war stickig, die Scheiben beschlagen. Er wünschte sich einen ruhigen Abend, nicht wie vorgestern, als man ihn nachts um halb zwei aus dem Bett geklingelt hatte. Maureen Nettleton war gerade siebzehn und übel zugerichtet. Gefunden in einem Waldstück gleich bei der
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