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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman
Autoren: Andreas Franz
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während der nächsten Zeit bei der Klärung dieser bizarren Mordfälle zur Seite stehen und einen wesentlichen Teil der Ermittlungsarbeit in der auf zehn Mitarbeiter angewachsenen Sonderkommission übernehmen. Ein wenig graute Berger vor dem Moment, wenn er ihr und nicht seinem Freund und langjährigen Kollegen Schulz wesentliche Kompetenzen übertrug. Schulz würde sich einmal mehr überfahren fühlen, seine Fähigkeiten mißachtet, seinen langen Dienst für Stadt und Staat unterbewertet. Aber Berger erging sich nicht in Gefühlsduseleien. Vor einem oder zwei Jahren wäre Schulz sicher noch der richtige Mann gewesen, doch seit bekannt war, daß seine Frau sich rumtrieb, seine kleine Tochter auf der Krebsstation lag und ihn hohe Schulden plagten, war Schulz nicht mehr der Mann für heikle Fälle. Eines Tages vielleicht wieder. Jetzt brauchte er jemanden, der klar und frei im Kopf war.
Berger kannte Julia Durant nur vom Sehen, als Sitte und Mordkommission vor kurzem zur gleichen Zeit an einen Tatort gerufen worden waren. Eine hübsche und, so sein Eindruck, sehr eigenwillige Person. Doch seit sie bei der Sitte war, war die Aufklärungsquote sprunghaft nach oben geschnellt. Berger setzte große Hoffnungen in ihre Mitarbeit.

Donnerstag, Mitternacht
    Schulz war auf dem Weg vom Präsidium nach Hause. Bahnhofsviertel. Die Nacht war nach dem Abzug der letzten Regenwolken sternenklar und angenehm kühl. Trotz der späten Stunde pulsierte das Leben weiter in dieser Stadt, die nie zur Ruhe kam. Die grellen Leuchtreklamen der Bars und Lokale blinkten einladend, Straßendirnen lungerten in dunklen Hauseingängen, traten ein oder zwei Schritte hervor, wenn einer vorbeikam, von dem sie sich eine schnelle Mark für eine schnelle, gefühllose Nummer erhofften, Geld für einen Druck Heroin, Geld für Schnaps. Zigarettenspitzen, die im Dunkel aufblitzten. Ein paar angetrunkene GIs, die laut schwätzend und lachend über den Bürgersteig schlenderten. Ein schief an der Hauswand lehnender Betrunkener, der seinen Rausch im Schmutz der Straße ausschlief. Türken, Italiener, Jugoslawen, genau war das im diffusen Licht der Straße nicht auszumachen, redeten wild gestikulierend aufeinander ein. Hütchenspieler knieten vor einer matterleuchteten Tür, umringt 9 von zehn Männern, und spielten ihr betrügerisches Spiel - skrupellose Gauner, die immer gewannen. Erst vor drei Tagen war ein argloser Tourist in einem Hofeingang niedergestochen worden, nachdem er sich über die zweifelhaften Methoden des Spiels beschwert hatte; jetzt lag er mit lebensgefährlichen Stichverletzungen in der Uniklinik. Zwei Streifenpolizisten bewegten sich gemächlich die Straße entlang, die Blicke geradeaus gerichtet, denn nachts waren auch Polizisten hier nicht frei von Angst. Eine alte Frau führte ihren Dackel spazieren. Idylle, auf den ersten Blick, doch ungemein trügerisch. Wie ein friedlich dahin-plätscherndes Gewässer, das die Augen der lauernden Krokodile verbarg.
In dieser Gegend begann das Leben immer erst nachts. Wenn woanders die Menschen schliefen, kamen sie hier aus ihren Rattenlöchern gekrochen und schwärmten durch die Straßen, Huren, Freier, Loddel, Transvestiten, kriminelle Subjekte, Voyeure, die sich nur im Schutz der Nacht sicher fühlten. Kaum eine Nacht ohne Messerstecherei, wüste Schlägereien oder sogar Tote. Tote, oft kaum gekannt, von irgendwoher gekommen und hier zur Hölle gefahren, weil sie die Spielregeln in diesem Viertel nicht beachtet hatten. Tote, deren Namen keine Zeitung druckte, die von keiner Polizei registriert wurden, die in keiner Statistik auftauchten. Tote, die mit Beton an den Füßen im Main versenkt wurden. Tote, die scheinbar nie existiert hatten. Unzählige Huren boten ihre Körper feil, auf Drehbühnen räkelten sich nackte Körper zu ekstatischer Musik, gaffende Männer und auch ein paar Frauen, die beim Hinsehen ihr Blut in Wallung brachten. Der Geruch von Döner durchzog die Luft. Autos, die dicht an dicht vor den zahlreichen Nachtbars parkten. Große, breite, bullige, furcht 10 einflößende Rausschmeißer, die wie Zyklopen die Türeingänge bewachten und gleichzeitig schmeichlerisch zum Eintreten aufforderten. Frauen, grell geschminkt, trotz der Kühle nur mit enganliegenden Shirts, superkurzen Röcken und Netzstrümpfen bekleidet. Eindeutige Bilder in den hellerleuchteten Auslagen, flackernde Lampen. Edelhuren, die in sündhaft teuren Wagen gemächliche Runden drehten, auf der Suche nach Freiern, für
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