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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman
Autoren: Andreas Franz
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seine Mutter, als er gerade wenige Wochen alt war. Die Mutter schlug sich anfangs mit Gelegenheitsarbeiten durch, später hat sie tatsächlich die Laufbahn einer stadtbekannten Hure eingeschlagen. Dadurch war es ihr möglich, einen recht angenehmen Lebensstandard zu halten. Die Aussagen von Tomlin, daß er, während seine Mutter Männerbesuch empfing, in einem dunklen Raum eingesperrt war, lassen sich nicht nachprüfen, sind jedoch aufgrund von Tomlins Ehrlichkeit in allen anderen Bereichen eher wahrscheinlich. Auch die Aussage, daß seine Mutter ihn seit seinem zwölften Lebensjahr sexuell mißbraucht habe, läßt sich nicht beweisen, ist aber anzunehmen. Physische Gewalt seitens Tomlin wurde erstmals in einer Akte vermerkt, als er acht Jahre alt war. Er hatte einen, wie Mitschüler es darstellten, recht harmlosen Streit mit einem Schulkameraden, diesen dabei aber urplötzlich mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Tomlin wurde daraufhin an eine andere Schule versetzt, wo er in den folgenden Jahren einige Male durch unkontrollierte Gewalttätigkeiten auffiel. Mit sechzehn beschuldigte man ihn, ein Mädchen aus dem Ort vergewaltigt und schwer verletzt zu haben. Allerdings wurde er aufgrund mangelnder Beweise freigesprochen. Mit achtzehn, direkt nach Abschluß der High-School, meldete er sich bei der Army, wurde aber wegen eines Knieschadens ausgemustert. Mit neunzehn kam er nach Deutschland, wo er in Tübingen studierte. Der Rest ist bekannt. Noch Fragen?« »Eine. Wird Tomlin, sollte er aus irgendeinem Grund jemals wieder freikommen, für den Rest seines Lebens eine Gefahr für junge blonde Frauen bleiben?« »Das ist schwer vorauszusagen. Er ist kein sexueller Triebtäter, er konnte sich nur in bestimmten Situationen nicht mehr selber steuern. Haß ist häufig nicht steuerbar. Er kann dann nicht wie wir anderen sagen: Schluß, ich höre jetzt auf. Das Gewissen, das mich davon abhalten würde, jemanden zu töten, der Respekt vor dem Leben, diese Dinge sind auch bei ihm vorhanden, sogar in einem sehr starken Maß, aber in gewissen Situationen auch wieder völlig außer Kraft gesetzt, ich erinnere an das Krebsgeschwür. Und genau das ist es, was Tomlin so unberechenbar macht. Ob wir jemals herausfinden werden, was wirklich in ihm vorgeht, steht in den Sternen. Vielleicht finden wir oder jemand anderes eines Tages den Schalter in seinem Kopf oder zu seiner Seele, der gedrückt werden muß, um ihn wieder steuerbar werden zu lassen. Doch solange es keine Möglichkeit gibt, ihn umzupolen, so lange wird er vermutlich eine Gefahr für blonde Mädchen bleiben.« »Können wir das Band hierbehalten?« fragte Berger. »Sicher, wir haben extra eine Kopie für Sie angefertigt. Wissen Sie schon, wann der Prozeß sein wird?« »Nein, aber wahrscheinlich noch vor Weihnachten. Wir glauben auch nicht, daß es ein langer Prozeß sein wird. Die Beweislage ist einfach zu klar. Die Frage dürfte lediglich sein, ob er für voll zurechnungsfähig oder vermindert bzw. unzurechnungsfähig gehalten wird.«

EPILOG 2
    Der Prozeß gegen Tomlin begann zwei Wochen vor Weihnachten. Und er dauerte nur zehn Tage. Seine Mutter hatte die beiden besten und gewieftesten Verteidiger engagiert, die zur Zeit in Deutschland zu haben waren, mit allen Wassern gewaschene Füchse, die im Paragraphendschungel jeden auch noch so kleinen Ausweg aus scheinbar aussichtslosen Lagen fanden.
Mehrere Gutachter kamen während des Prozesses zu Wort, waren der einhelligen Meinung, daß Mark Daniel Tomlin ein Psychopath und bei den Taten nur bedingt zurechnungsfähig war. Dr. Schneider und seine beiden Kollegen versuchten, Tomlins multiple Persönlichkeit herauszustellen, stießen damit bei der Staatsanwaltschaft und beim Richter jedoch auf wenig Gegenliebe, vor allem da andere Gutachter und Psychologen von einer solchen Theorie in Tomlins Fall nichts hielten. Die USA hatten mittlerweile formell Tomlins Auslieferung beantragt, damit ihm auch wegen der in den Staaten begangenen Morde der Prozeß gemacht werden konnte. Bisher war über diesen Antrag nicht entschieden worden und wahrscheinlich würde ihm nicht stattgegeben werden, da Tomlin die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Beim Prozeß nicht anwesend war Susanne Tomlin. Sie hatte sich auf Anraten von Julia Durant mit ihren Kindern in das Haus nach Frankreich zurückgezogen, um dort Abstand zu gewinnen und ein neues Leben zu beginnen. Außerdem hatte Tomlin selbst darauf bestanden, daß sie nicht am Prozeß
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