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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman
Autoren: Andreas Franz
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mit Ihnen darüber unterhalten, ob sie nicht viel lieber wieder nach Deutschland zurückgehen würde? Eine junge Frau, die aus der Stadt kommend aufs Land verschlagen und dazu noch von ihrem Mann sitzen gelassen wird, wird sich doch bestimmt das eine oder andere Mal über ihre Situation geäußert haben, oder? Wie war das, Dr. Tomlin? Hat sie's getan oder nicht?
Ja. Sie wäre gerne zurück nach München gezogen. Hat sie das öfters gesagt?
Ein paarmal.
War sie unzufrieden mit ihrer Situation? Ist Ihre Mutter wütend geworden, vielleicht sogar jähzornig? Hat sie ihre Wut dann an Ihnen ausgelassen? Weiß nicht.
Sie wissen nicht, ob Ihre Mutter wütend war? Und auch nicht, ob sie ihre Wut an Ihnen ausgelassen hat?
Und wenn, was spielt das für eine Rolle? Sie ist meine Mutter. Wie sieht Ihre Mutter aus?
Sie ist eine hübsche Frau. Nicht sehr groß, schlank. Ist sie blond?
Schneider schaltete hier das Gerät wieder auf Pause. »Hier, bei dieser Frage habe ich Tomlins Reaktion genau studiert. Sie können das auch auf der Videoaufzeichnung genau sehen. Die meiste Zeit über war Tomlin relativ kühl und gelassen bei der Beantwortung der Fragen. Doch genau bei der Frage trat eine kurze, aber ungeheuer stark sichtbare Veränderung ein. Seine Hände verkrampften sich, sein Gesicht wurde zu Stein. Für Momente hatten wir das Gefühl, wenn jetzt ein blondes Mädchen durch die Tür treten würde, dann würde er sich auf sie stürzen. Mit einemmal hatten wir das Gefühl, auf der richtigen Spur zu sein. Und dann das, aber hören Sie selbst.« Er drückte den Knopf, das Gerät lief weiter. Nein, sie hat braunes Haar, dunkelbraunes, wenn Sie's genau wissen wollen. Und wieder drückte Schneider auf Stop. »Dunkelbraun. Und Tomlin grinste auf einmal, als ahnte er, auf was ich hinauswollte. Er wollte das Spiel mit uns spielen.« Es war ja auch nur so eine Frage. Haben Sie ein Bild Ihrer Mutter mit dunkelbraunem Haar? Nein.
Lieben Sie Ihre Mutter?
Haben Sie mich das nicht schon mal gefragt? Kann sein, Entschuldigung. Erzählen Sie mir etwas aus Ihrer Kindheit. Sind Sie zum Beispiel auch in Edgewater zur Schule gegangen? Was für Kameraden hatten Sie? Was haben Sie besonders gern gemacht?
Ich bin in Edgewater zur Schule gegangen. Ich hatte keine Freunde. Ich habe nichts besonders gern gemacht. Wie waren Sie denn in der Schule?
Mittelmäßig. Es gab Bessere. Nun, Dr. Tomlin, Sie haben es zu großem Ansehen und Reichtum gebracht. Wir haben mit Ihnen einen Intelligenztest durchgeführt, den Sie mit Bravour bestanden haben. Trotzdem behaupten Sie, nur ein mittelmäßiger Schüler gewesen zu sein? Ich war eben faul. Das haben alle Lehrer zu mir gesagt. Außerdem hat die Schule mir keinen Spaß gemacht. Und warum nicht?
Ich ging lieber angeln oder in die Kirche, um dort meine Ruhe zu genießen. Und Christus anzusehen und die heilige Jungfrau Maria. Das hat Freude gemacht. War Ihre Mutter sehr religiös?
Einen Teufel war diel Ich hatte einen Freund, dessen Vater Priester war. Durch ihn habe ich Gott kennengelernt.
Sie sagten doch eben, Sie hätten keine Freunde gehabt?!
Dann hob ich eben nicht die Wahrheit gesagt. Auf Freunde kommt's ja auch nicht so sehr an. Das Wichtige ist doch, daß ich Gott hatte. Er war mein Freund, er hat mir immer geholfen. Auf ihn konnte ich mich verlassen.
Aber wenn Gott Ihnen immer geholfen hat, warum hat er Ihnen dann nicht geholfen, wenn Sie diesen Druck verspürt haben? Warum hat er Sie nicht davon abgehalten, die Mädchen zu töten?
Vielleicht, weil Gott wollte, daß es passierte. Vielleicht denkt er über diese Mädchen genau wie ich. Meinen Sie wirklich?
Keine Ahnung, aber es könnte doch immerhin sein. Schon in der Bibel lesen Sie von Sodom und Gomorrha, von den Huren und ihren Freiern. Gott hat dies zu allen Zeiten verurteilt. Aber Gott ist unsichtbar, Menschen nicht. Wäre es nicht besser gewesen, sich wenigstens ein paar Freunde auch auf der Erde zu suchen?
Warum? Menschen sind schlecht. Was hat Ihre Mutter gemacht, wenn sie nicht gearbeitet hat? Wo hat sie gleich noch mal gearbeitet?
Ich sagte doch schon, ich weiß es nicht! Irgend so ein Fast food Restaurant. Und was hat sie gemacht, wenn sie nicht gearbeitet hat?
Weiß nicht.
Hat sie sich zu Hause aufgehalten? Oder ist sie weggegangen? Hat sie etwas mit Ihnen unternommen? Mal dies, mal das. Hat Ihre Mutter Sie jemals geschlagen?
Glaub nicht. Glaub nicht?
Nein, nicht wirklich. Sie hat mich nicht geschlagen. Hatte Ihre Mutter jemals vor, wieder zu
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