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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller
Autoren: Ben Berkeley
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zwanzig Meter hohen Decke, weiß eingedeckte Tische reihten sich aneinander. Sie musste Adrian recht geben: Alles vielleicht ein ganz klein bisschen übertrieben. Die Kellnerin deutete auf einen Ecktisch und überließ sie ihrem Schicksal. Pia spürte, wie sich Adrians Rücken versteifte. An ihrem Tisch saß bereits die Überraschung.
    »Jetzt wird mir einiges klar«, raunte ihr Adrian heiser ins Ohr.
    Der Mann und die Frau, die an ihrem Tisch auf sie warteten, erhoben sich.
    »Hallo, Adrian«, sagte seine Mutter, während ihr eine einzelne Träne über die rechte Wange kullerte.
    —
     
    Am neununddreißigsten Tag ihrer Haft erwachte Klara mit Kopfschmerzen. Wahrscheinlich hatte sie zu viel trainiert in der letzten Woche, überlegte sie noch, als es an der Zellentür klopfte. Seit wann diese neue Höflichkeit?, fragte sich Klara, als die Tür geöffnet wurde. Der Wärter, der nach Zwiebeln und billigem Deo roch, stand in der Tür, sein Name war Evans, wie sie mittlerweile wusste, aber das machte seinen Geruch auch nicht erträglicher.
    »Miss Swell, es ist Zeit«, sagte er.
    »Zeit wofür?«, ärgerte sich Klara und setzte sich auf. »Für die nächste Putzrunde?«
    »Heute nicht«, sagte Evans, »Termin beim Direktor. Und zwar ein bisschen pronto, wenn ich bitten darf.«
    Eine schnelle Dusche, und zwanzig Minuten später stand Klara in einem frischen Set Gefängnisklamotten vor dem Leiter von Rikers Island. Sein Büro war penibel aufgeräumt, an der Wand hing ein Druck von Goya. Er bedeutete ihr, sich zu setzen.
    »Miss Swell«, begann er seufzend. Er öffnete einen dünnen Manilafolder und zog ein offiziell aussehendes Schreiben hervor. »Ich will offen zu Ihnen sein: Mir passt es überhaupt nicht, und FBI-Direktor Marin hat sich bis zur letzten Minute dagegen verwehrt, aber seit gestern Abend ist es offiziell. Ich darf Ihnen hiermit Ihre Entlassungsurkunde überreichen.«
    Klara blieb der Mund offen stehen. Machte der Kerl Witze? Auf einmal? Nach ihrer Befreiungsaktion von Tammy Walker und Pia hatte es keine neun Stunden gedauert, bis sie eine Polizeistreife abgeholt hatte. Sie wusste, dass sich Stein weiterhin bemühte, aber sein ursprünglicher Plan, sie rauszuboxen, war offenbar nicht aufgegangen. Falls es einen solchen Plan jemals gegeben hatte.
    »So etwas ist mir wirklich noch nie untergekommen«, murmelte der Direktor, während er ihr ein Blatt Papier über den Tisch reichte. Klara überflog das Schreiben: Offenbar war es Stein mit der nicht unerheblichen Hilfe eines einflussreichen Geschäftsmanns aus Deutschland gelungen, eine Petition von über vierzig Senatoren unterzeichnet zu bekommen, die sich für ihre Freilassung einsetzten. Klara fühlte sich ein wenig geschmeichelt. Sie grinste den Direktor über seinen teuer aussehenden Schreibtisch hinweg an.
    »Und meine Entlassungsurkunde?«
    »Ja, natürlich«, antwortete der Direktor zerknirscht und reichte ihr ein weiteres Dokument. Bei dem Siegel, das einen goldenen Adler mit Pfeilen und einem Olivenzweig zeigte, stockte ihr der Atem.
    Eineinhalb zermürbende Stunden und unzählige Formulare später verließ Klara zum zweiten Mal Rikers Island, diesmal jedoch auf offiziellem Weg. Nachdem der Beamte, der sie begleitete, ihre Papiere an den Wachhabenden weitergereicht hatte und vier weitere Stempel ihre Entlassung offiziell beglaubigten, öffnete sich der Schlagbaum, hinter dem die Brücke nach Queens begann, wie in Zeitlupe.
    Obwohl es Dezember war, sorgte die strahlende Sonne für milde Temperaturen. Klara blinzelte und zog ihre dunkle Sonnenbrille aus der Tasche, die sie ebenso zurückerhalten hatte wie ihre restlichen Klamotten. Langsam schritt sie über den Asphalt, keine hundertfünfzig Meter von dem Parkplatz entfernt, über den sie geflohen war, und genoss den Geruch von Freiheit. Es fühlt sich deutlich besser an als beim letzten Mal, bemerkte Klara, als sie auf die Brücke trat, und vor allem ohne Schüsse im Nacken.
    Erst kurze Zeit später bemerkte sie den Mann auf der anderen Straßenseite, der an der Motorhaube seines Wagens lehnte: Sam. Bild dir bloß nicht ein, ich würde auf dich zustürmen, du elender Schuft, dachte Klara und überquerte absichtlich langsam die Straße.
    »Hallo, Sam«, sagte sie schlicht.
    »Hallo, Sissi. Schön, dass du da bist.« Dann nahm er sie in die Arme und küsste sie. Klara ließ es geschehen, sie hatte sich längst mit dem Unvermeidlichen abgefunden. Sie brauchte ihn genauso, wie er sie brauchte.
    »Ach
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