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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller
Autoren: Ben Berkeley
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dass ein Taschentuch in dieser Gegend unbenutzt aussah. Würde es nicht binnen kürzester Zeit den Dreck anziehen und in den allgegenwärtigen Pfützen verklumpen? Eine frische Brise aus der Hudson Bay ließ seine Ränder flattern. Klara sah sich um, als täte sie etwas Verbotenes, und schalt sich im nächsten Moment für den albernen Reflex. Dann bückte sie sich, um den weißen Fetzen aufzuheben. Er war schwerer als erwartet. Neugierig drehte sie ihn in der Hand, um nach der Ursache für das eigentümliche Gewicht zu suchen. Es lag an einer rosafarbenen Haarspange, die das Papiertuch kunstvoll zusammenhielt. Klara legte die Stirn in Falten. Das war äußerst merkwürdig. In ihrem Kopf klingelten sämtliche Alarmglocken um die Wette. Woran erinnerte sie bloß ein dämliches Papiertaschentuch? Mit einer Haarspange? Wer benutzte heute noch Haarspangen? Hatte sie Pia jemals mit einer gesehen? Nein, da war sich Klara sicher. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Tammy. Und das Taschentuch? Natürlich!, dachte Klara aufgeregt. Das Taschentuch in der rechten Jackentasche. Thibault Steins und ihr Zeichen bei Truthleaks. Es war ein Zeichen von Pia. Sie lebte, und sie musste ganz in der Nähe sein. Kurz dachte Klara daran, Sam zu informieren, musste dann aber feststellen, dass sie immer noch nicht sicher sein konnte, ob das Taschentuch wirklich von Pia stammte. Sie wollte nicht die gesamten Ressourcen ihrer Suche auf eine Vermutung hin verschieben, die sich am Ende doch als Hirngespinst herausstellen könnte. Nein, sie musste sichergehen. Und es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Klara blickte sich um und vergewisserte sich, dass keine Cops in der Nähe waren. Dann schlich sie erneut um das Gebäude und stemmte sich auf ein Fensterbrett des Erdgeschosses. Mit ihren Armen suchte sie nach einem guten Halt am oberen Rand des Fensters und zog dann die Beine hinterher. So hangelte sie sich Stück für Stück das Gebäude hinauf, was sich bei dem alten Haus, das aus grob verputzten Backsteinen bestand, als nicht weiter schwierig herausstellte. Keine zwei Minuten später erreichte Klara das spitze Dach. Sie balancierte an der Dachrinne entlang, bis sie einen der großen Erker erreichte. Klara legte ein Ohr an das vor Dreck starrende Fenster: nichts. Sie entnahm einer kleinen Tasche, die in Knienähe in ihren Anzug eingenäht war, einen Diamantschneider und ritzte ein Loch in die Scheibe. Dann legte sie das runde Stück Glas in die Dachrinne und öffnete das Fenster. Der Mond schien in das Obergeschoss des Hauses und erleuchtete einen einfach betonierten Fußboden. Klara schwang sich durch die offenen Flügel des Fensters und landete lautlos im Inneren des Hauses. Noch in der Hocke tastete sie nach ihren Waffen und zog eine aus der Scheide – ein langes, schmales und elegantes Messer, das normalerweise zum Filettieren von Fischen verwendet wurde. Sie wog es in der Hand, um das Gewicht präzise auszutarieren. Dann schlich sie zum Treppenhaus und begann, das leerstehende Haus nach Pia abzusuchen.
    Nachdem sie den dritten und zweiten Stock ohne Ergebnis durchstreift hatte, stand Klara an der Treppe zum Erdgeschoss des Hauses. In den unteren Stockwerken waren Holzböden verlegt, die alt und verschlissen aussahen und vor allem laut knarzten. Als Klara den Fuß auf die Treppe setzte, knarrte die dritte Treppenstufe so laut, dass Klara zusammenzuckte. Sie lauschte einen Moment, aber im Haus blieb es ruhig. Zu ruhig. Wenn Pia wirklich hier war, dann sicher im Keller, überlegte Klara.
    Im Erdgeschoss untersuchte sie die Fenster und Türen auf Einbruchsspuren. Bei einer einfachen Holztür, die in den hinteren Teil des Gartens führte, wurde sie fündig: Jemand hatte das Schloss aufgebrochen und die Tür provisorisch von innen mit einem schweren Backstein gesichert. Klara ergriff das Messer noch ein wenig fester. Für sie bestand kein Zweifel mehr, dass Pia und Tammy hier festgehalten wurden.
    War da jemand? Blitzschnell fuhr sie herum und starrte in die Dunkelheit. Der Mond drang kaum in das tiefgelegene Stockwerk, und die Räume lagen in fast vollständiger Dunkelheit. Dennoch traute Klara sich nicht, die Taschenlampe einzuschalten. War es ein Fehler gewesen, die Pistole im Auto zu lassen? Nein, sie konnte mit den Messern umgehen wie kaum eine Zweite, und es galt die Devise: Entweder nach Vorschrift mit gezogener Pistole oder auf ihre Art. Allerdings blieb ihr eine Lichtquelle verwehrt. Der Lichtkegel wäre zu
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