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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition)
Autoren: Anna Vovsova
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Mauer und die beiden gingen nach Hause, denn hier brauchte man sie nicht mehr.
    Schon längere Zeit glich Josefs Leben einem ordentlich aufgewirbelten Ozean. Und es kam ihm gar kein bisschen unbeweglich vor, wie Buddha in Martas Buch behauptete. Wie konnte er denn ruhig sein angesichts der ganzen schrecklichen Sachen,
die in den letzten Monaten passiert waren? Herr Klička hatte so sehr Gefallen an der Hydra, also an Marta, gefunden, dass Frau Kličková die Koffer packte und wegging, seine besten Freunde wurden seine Erzfeinde und Li Nguyen wäre beinahe gestorben.
    Aber jetzt, wo alles vorbei war, stellte Josef fest, dass sich der Ozean nicht einmal eine Handbreit bewegt hatte. Ja, es hatte ein paar leise Wellen gegeben, die aussahen, als würden sie einen forttragen, aber dann waren sie auch wieder zurückgegangen. Und Ruhe kehrte ein. Zumindest hatte Josef den Eindruck.
    Marta nähte mit Hilfe von Vendula die Stofffetzen wieder zu einem Hochzeitskleid zusammen, Herr Klička und Frau Kličková diskutierten wie in alten Zeiten, ob sie das Kanapee, welches Herr Klička auf der Müllhalde außerhalb Prags gefunden hatte, reparieren, neu beziehen und Marta zur Hochzeit schenken sollten, und Li Nguyen und Josef halfen gemeinsam mit Máchal, Hnízdil und Šíša Helena Bajerová dabei, im verlassenen Garten die Katze zu zähmen.
    Schließlich gelang es ihnen doch noch. Dafür hatten sie ungefähr zwei Kilo feinsten Schinken, ein Kilo geräucherte Fische, fünf Schachteln Schmelzkäse und was weiß ich noch verbraucht. Es kann aber sein, dass nicht die Katze allein alles verputzte. Vielleicht hatte ihr jemand geholfen. Zumindest Máchal behauptete, schon lange keinen solchen Spaß mehr gehabt zu haben, und an seinen Mundwinkeln hing ein fettiger Glanz.
    Helena nahm dann die ganz schön feist gewordene Katze
mit nach Hause und Frau Bajerová sagte keinen Mucks. Also sie sagte viele andere Wörter, aber das Wort Mucks sagte sie nicht.
    Es sah schon fast so aus, als ob nichts passieren würde, was Josef in irgendeiner Form hätte durchschütteln können. Aber dennoch brauten sich Wolken über der ruhigen Wasseroberfläche des Ozeans – also eher über dem Hof – zusammen. Und einen Augenblick später ging es los. Frau Háková kehrte gerade zusammen und Herr Šimáček schaute aus dem Fenster. Daran war nun wirklich nichts Ungewöhnliches, denn Frau Háková kehrte in einem fort oder lehnte am Besen und beobachtete, was sich im Hof gerade rührte, genauso wie Herr Šimáček, der immer am Fenster seiner Wohnung im zweiten Stock lehnte, sodass die meisten Hausbewohner seinen ständig angesäuerten Gesichtsausdruck schon gar nicht mehr wahrnahmen. Doch diesmal schaute Herr Šimáček gar nicht angesäuert, und hinter seinen Augen hüpften mindestens zwanzig Basilisken. Und so wie er sich aus dem Fenster lehnte, erwartete er offensichtlich jemanden.
    »Die Lochnessen!«, spuckte Josef aus, als er sah, dass die beiden Kontrolleurinnen in den Hof traten, diesmal mit braunem Hut auf dem Kopf. Sie blickten sich im Hof um und traten ohne zu zögern in die Teestube.
    In den Augen von Herrn Šimáček sprangen jetzt mindestens dreißig Basilisken herum. Josef und Li schnürte sich die Kehle zu.
    »Aufgrund einer Beschwerde eines Mitbürgers sind wir verpflichtet, Ihren Betrieb einer Prüfung zu unterziehen«, teilte
eine der Kontrolleurinnen Herrn und Frau Nguyen mit. Und die lächelten nur freundlich und nickten, als ob ihnen eine Ehre zuteilgeworden wäre oder als ob sie eine Auszeichnung erhalten sollten. Zumal sie nicht alles verstanden hatten, was diese Damen ihnen erzählten, und außerdem war ihr Gewissen vollkommen rein.
    Man hätte vom Fußboden essen können, so sauber war es, und es lagen auch keine Bananen- oder Eierschalen herum, wie zu den Zeiten, als Frau Nguyen sich um die kranke Li kümmerte und Herr Nguyen für alles alleine verantwortlich war. Und außerdem hatten sie endlich alle Dokumente, Unterlagen, Rechnungen und Stempel beisammen, ohne die sie in der Teestube nicht einmal Teewasser hätten kochen dürfen. Also so dachten sie zumindest.
    Es sah schon fast so aus, als ob die Kontrolleurinnen nicht fündig würden und unerledigter Dinge davonziehen mussten, als sich plötzlich eine von beiden an etwas erinnerte und anfing, fieberhaft danach in ihrer Aktentasche zu stochern. Nach einer Weile zog sie ein Formular hervor und schwenkte es triumphierend vor den Augen von Herrn und Frau Nguyen.
    »Aber sie haben
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