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Jones, Susanna

Jones, Susanna

Titel: Jones, Susanna
Autoren: Wo die Erde bebt
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unserem Zimmer sorgte ich dafür, dass ich die Erste am Futon-Schrank war. Ich holte das Bettzeug so schnell heraus, dass Lily und Teiji keine Zeit hatten, mir ihre Hilfe anzubieten. Ich breitete einen Futon in der äußersten Ecke aus.
    «Hier, Lily, für dich.»
    «Oh, danke.» Sie warf ein Kissen darauf und ging sich die Zähne putzen.
    Ich legte den nächsten, den mittleren, hin und besetzte ihn mit meinen Sachen. Schließlich nahm ich den letzten und faltete ihn für Teiji auseinander.
    Die Futon-Belegung hatte ich zu meiner Zufriedenheit organisiert, aber trotzdem schlief ich diese Nacht nicht gut -wahrscheinlich, weil ich schon tagsüber geschlafen hatte. Mir war zu warm. Meine Arm- und Beinmuskeln kribbelten. Ich hörte zu, wie Teiji und Lily ein- und ausatmeten. Es wurde zu viel geatmet für ein einziges Zimmer. Es war erdrückend. Ich rollte zu Teiji hinüber, aber ich schaffte es nicht, mich genügend zu entspannen, um mich anzukuscheln. Ich wünschte mir, Lily wäre nicht im Zimmer gewesen. Dann wurde mir bewusst, dass ich eigentlich auch Teiji lieber aus dem Zimmer gehabt hätte. Ich hatte das Bedürfnis, allein zu schlafen. Ich spielte mit dem Gedanken, mein Bettzeug nach draußen zu schaffen und auf dem Korridor zu schlafen, aber ich wollte nicht, dass die anderen aufwachten und anfingen, Fragen zu stellen. Den größten Teil der Nacht lag ich mit einem Auge auf dem Kissen, während das andere auf den quadratischen Fleck des Lampenschirms vor dem Hintergrund der dunklen Zimmerdecke starrte. Ich wünschte mir einen Grund dafür, dass die Nacht vorbei wäre, eine Unterbrechung der Nacht, damit ich aufstehen könnte. Ich wünschte mir etwas wie ein kurzes Beben, etwas, das uns aufrütteln, das Lilys und Teijis tiefen Atemzügen, die mich allmählich erstickten, ein Ende machen würde.
    Ich schlief wahrscheinlich gegen fünf oder sechs ein. Als ich endlich eindämmerte, war die Sonne schon aufgegangen.
    Wir hatten vorgehabt, uns Mano und Umgebung anzusehen, ein paar Tempel und das Museum zu besichtigen. Ich war zu müde, um irgendetwas zu unternehmen.
    «Geht ohne mich. Wir treffen uns später.»
    Sie sahen beide beunruhigt aus.
    «Es ist kein Problem. Ich meine, das mit gestern ist kein Problem. Ich hab einfach letzte Nacht nicht gut geschlafen. Bevor ich nicht ein bisschen geschlafen habe, bin ich, glaube ich, zu nichts zu gebrauchen.»
    «Du hast dir ein Virus geholt. Wie ich mir gedacht hatte. Du bist ganz blass, weißt du.»
    Lily legte mir eine Hand an die Stirn. Es fühlte sich gut an.
    «Kann sein, dass du ein bisschen Temperatur hast. Na ja, wenn du es wirklich so willst -»
    Teiji sagte: «Wir bleiben hier bei dir. Es ist schon in Ordnung.»
    So wenig mir auch die Vorstellung behagte, dass Lily und Teiji ohne mich abzogen, wusste ich doch, dass ich, solange sie da waren, nicht einschlafen würde.
    «Bitte geht. Es ist alles in Ordnung. Ich leg mich nur noch ein paar Stunden hin, und dann komme ich nach.» «Wenn du meinst.» Lily sah skeptisch aus. Natürlich war das alles nur aalglattes Höflichkeitstheater. Sie wollten, dass ich mich wieder hinlegte, und sie selbst wollten gehen. Sie gingen.
    Wir hatten vereinbart, dass wir uns später am Rathaus treffen würden, aber ich brach etwas früher auf und stieß durch Zufall woanders auf sie. Sie saßen auf einer Bank, ein Stückchen vom Bürgersteig zurückgesetzt. Sie saßen nah beieinander, ohne sich zu berühren. Etwas an ihrem Schweigen hielt mich davon ab, über die Straße zu gehen und sie zu begrüßen. Ich blieb auf meiner Straßenseite, weit genug entfernt, um nicht gesehen zu werden. Sie hatten beide ein Eis in der Hand. Lily leckte die Seite der Waffel ab, an der das Eis herunterschmolz. Ihre Zunge bewegte sich mit der zarten Flinkheit einer Katzenzunge. Teiji biss gerade das untere Ende seiner Tüte ab. Sie sahen sich nicht an. Dann aber sagte Lily etwas zu Teiji, und er griff in die Tasche, zog ein Taschentuch heraus und reichte es ihr. Sie fing an, sich die Finger abzuwischen. Sie gab ihm ihr halb gegessenes Eis zum Halten, während sie sich die andere Hand abwischte. Teiji nahm die Eistüte, ohne einen Blick darauf zu werfen. Er sah beiläufig zu, wie sie mit dem Taschentuch an ihren Fingern rieb. Während er wartete, leckte er an ihrem Eis. Das sagte mir alles, was ich nicht hatte wissen wollen. Sie würden miteinander schlafen. Nichts konnte sie mehr aufhalten.
    Es war die Schlichtheit der Handlung, die mir Stirn und Schläfen
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