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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell
Autoren: Susanna Clarke
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Gilde auflöste – er findet es nicht richtig, dass Leute dieser Art Zauberer werden. Und doch, wissen Sie, waren ein paar sehr kluge Männer darunter. Sie hatten sich wie Sie zum Ziel gesetzt, die praktische Zauberei in die Welt zurückzubringen. Sie waren praktische Männer und wollten die Prinzipien der Vernunft und der Wissenschaft auf die Zauberei anwenden, so wie sie es in ihren Manufakturen getan hatten. Sie nannten es ›Rationale Thaumaturgie‹. Als ihr Vorhaben scheiterte, verließ sie der Mut. Nun, das kann man ihnen nicht verübeln. Aber ihre Enttäuschung brachte sie in allerhand Schwierigkeiten. Sie begannen zu glauben, dass es auf der Welt nie Zauberei gegeben habe und auch nie geben würde. Sie behaupteten, dass die Aureatischen Zauberer Betrüger gewesen oder selbst getäuscht worden waren. Dass der Rabenkönig eine Erfindung der Nordengländer gewesen wäre, um der Tyrannei des Südens zu entgehen (da sie selbst aus dem Norden waren, hatten sie einiges Verständnis dafür). Oh, ihre Argumente waren raffiniert – ich weiß nicht mehr, wie sie die Existenz von Elfen erklärten. Sie lösten die Gilde auf, wie gesagt, und einer von ihnen, ich glaube, er hieß Aubrey, wollte alles niederschreiben und veröffentlichen. Aber als es so weit war, musste er feststellen, dass eine Art hartnäckiger Melancholie über ihn gekommen und er nicht in der Lage war, sich so weit aufzuraffen, dass er damit hätte beginnen können.«
    »Der arme Mann«, sagte Mr. Segundus. »Vielleicht liegt es an der Zeit. Wir leben nicht in einer Zeit für Zauberei oder Gelehrsamkeit, nicht wahr, Sir? Händler prosperieren, Seefahrer, Politiker, aber nicht Zauberer. Unsere Zeit ist vorbei.« Er dachte einen Augenblick lang nach. »Vor drei Jahren«, fuhr er fort, »war ich in London, wo ich auf der Straße einen Zauberer getroffen habe, die herumziehende Gelbe-Vorhänge-Sorte von Mann mit einer merkwürdigen Narbe. Dieser Mann hat mich überredet, mich von einer hohen Summe Geld zu trennen – wofür er mir im Gegenzug versprach, mich in ein großes Geheimnis einzuweihen. Nachdem ich ihm das Geld gegeben hatte, sagte er, dass eines Tages zwei Zauberer die Zauberkunst in England erneut zum Leben erwecken würden. Ich glaube natürlich überhaupt nicht an Prophezeiungen, aber als ich über das, was er gesagt hatte, nachdachte, entschloss ich mich, die Wahrheit über unseren heruntergekommenen Stand herauszufinden – ist das nicht seltsam?«
    »Sie haben völlig Recht – Prophezeiungen sind ein großer Unsinn«, sagte Mr. Honeyfoot und lachte. Und als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen, sagte er: »Wir sind zwei Zauberer. Honeyfoot und Segundus«, sagte er, als wollte er prüfen, wie die beiden Namen in Zeitungen und Geschichtsbüchern aussehen würden. »Honeyfoot und Segundus – das klingt sehr gut.«
    Mr. Segundus schüttelte den Kopf. »Der Mann kannte meinen Beruf, und es war zu erwarten, dass er so tun würde, als wäre ich einer der beiden Männer. Aber schließlich sagte er mir klipp und klar, dass dem nicht so sei. Zuerst schien es, als wäre er sich dessen nicht ganz sicher. Ich hatte etwas an mir... Er ließ mich meinen Namen niederschreiben und betrachtete ihn eine Zeit lang.«
    »Vermutlich hat er gemerkt, dass bei Ihnen nicht noch mehr Geld zu holen war«, sagte Mr. Honeyfoot.
    Hurtfew Abbey befand sich vierzehn Meilen nordwestlich von York. Nur der Name war altertümlich. Es hatte einst eine Abtei gegeben, aber das war vor langer Zeit gewesen; das derzeitige Gebäude war während der Regierungszeit von Königin Anne erbaut worden. Es war sehr stattlich, groß und solide und stand in einem Park voller gespenstisch aussehender nasser Bäume (der Tag war mittlerweile ziemlich neblig). Ein Fluss (der Hurt) floss durch den Park, und eine schöne, klassisch wirkende Brücke führte darüber. Der andere Zauberer (der Norrell hieß) empfing seine Gäste in der Eingangshalle. Er war klein wie seine Handschrift, und er hieß sie mit leiser Stimme in Hurtfew willkommen, als wäre er es nicht gewohnt, seine Gedanken laut auszusprechen. Mr. Honeyfoot, der etwas schwerhörig war, hatte Mühe, ihn zu verstehen. »Ich werde alt, Sir – ein weit verbreitetes Übel. Ich hoffe, Sie werden es mir nachsehen.«
    Mr. Norrell führte seine Gäste in einen schönen Salon, wo in einem Kamin ein vortreffliches Feuer brannte. Es waren keine Kerzen angezündet, aber durch zwei große Fenster fiel genügend Licht herein, um sehen zu können,
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