Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
Vom Netzwerk:
konnte.
    »Ich rieche den Tod, Antoine.« Er zog sie zu sich heran.
»Zuerst werde ich die Spanier auslöschen und anschließend
alle meine Feinde. Ich werde ihre falschen Zungen essen und
ihnen ihre verkommenen Gedärme in den Mund stopfen.«
    »Daran hege ich keinen Zweifel.« Sie wich nicht zurück.
    »Sieh dich vor, Antoine, ich kenne dich!« L’Olonnais
entblößte seine Zähne und stieß sie von sich. Jacquotte
atmete tief durch. Die Jagd hatte begonnen.
    Bereits am nächsten Tag stachen die Schiffe erneut in See.
Jacquotte blickte auf die Rauchschwaden, die aus den Wäldern
traten, und dachte an die Indianer mit der bronzefarbenen
Haut, deren Lebensgrundlage sie gerade vollständig zerstört
hatten. Die Flibustier hatten die Frauen geschändet, die
Hütten verbrannt und alle Waffen vernichtet. Sie hatten
Kinder ohne Familie zurückgelassen, Frauen ohne Ehemänner,
ein ganzes Volk ohne Nahrung. Sie wusste, dass dem Treiben
von L’Olonnais ein Ende gesetzt werden musste, aber sie
fragte sich auch, ob er ihr die Möglichkeit geben würde, ihn
zum Kampf herauszufordern.
    Schon im Golf von Honduras gab es die erste
Bewährungsprobe. Die Mannschaften kämpften sich mitten in
der Nacht durch das Unterholz. Affen schrien über ihren
Köpfen und verrieten jedem, der aufmerksam genug war, dass
sich eine feindliche Truppe im Anmarsch befand. Jacquotte
war nicht wohl in ihrer Haut, obwohl sie wusste, dass sich
Pierre und Bigford in ihrer Nähe aufhielten. Doch L’Olonnais
wurde immer unberechenbarer und war mit seinem schweren
Verladeschiff direkt in den Kampf gesegelt. Der heftige
Beschuss, der über sie hineinbrach, kaum dass die Flotte in
Sichtweite von Puerto Caballo kam, hatte alle unvorbereitet
getroffen. Durch den mangelnden Wind in ihrer
Manövrierfähigkeit eingeschränkt, waren sie den angreifenden
Spaniern und ihren im Hafen liegenden Schiffen wehrlos
ausgeliefert. Erst nach Stunden war es ihnen gelungen, die
Spanier gefechtsunfähig zu machen. L‘Olonnais ließ die
Kapitäne an ihren nicht ungefährlichen Positionen im offenen
Wasser verharren, während er die spanischen Soldaten, die er
aus dem Hafenbecken fischen konnte, einzeln hinrichtete.
Erst danach gab L’Olonnais den Befehl, an Land zu gehen und
alles zu plündern. Doch außer Rinderhäuten fand sich nichts
von Wert, weshalb er die Lagerhäuser niederbrannte und
sofort beschloss, in die nächste Stadt zu marschieren.
    Während sie der Dämmerung entgegengingen und Jacquotte das
geordnete Vorgehen vermisste, das sie noch zu Zeiten De
l’Isles erlebt hatte, pirschte sich der Baske an ihre Seite.
Jacquotte hörte seinen rasselnden Atem und wusste, dass ihn
die Neugierde zu ihr trieb.
    »Was hat es mit der plötzlichen Feindschaft zwischen Euch
und L’Olonnais auf sich, Du Puits?«, fragte er unumwunden.
    »Das ist nicht Eure Angelegenheit.«
    »Hah! Der Olonnaise meuchelt in einem fort und bringt uns
alle in Gefahr. Dennoch hüllt Ihr Euch in Schweigen.«
    »Ihr habt ein Schiff, und Ihr habt gesunde Männer. Ihr
könnt jederzeit in die Heimat segeln. Ist es nicht eher so,
dass Euer Ehrgeiz Euch hier hält?«
    Der Baske lachte überrascht auf. »Meinen Ehrgeiz habe ich
an dieser Küste verloren, Du Puits. Mein Schiff wurde im
heutigen Gefecht schwer angeschlagen und auch ich selbst
blieb nicht verschont.«
    Er hob den Arm und offenbarte einen blutigen Verband, der
sich quer über seine Brust zog. Jacquotte hielt kurz den
Atem an. Die Macht des Basken hatte ihr gesamtes Leben
geprägt. Doch an diesem Tag bemühte er sich, mit ihr Schritt
zu halten.
    »Ihr solltet zurückbleiben und Euch schonen.«
    »Um dann wegen Verrats durch das Messer von L’Olonnais zu
sterben? Da sterbe ich lieber in einem guten Kampf.« Er
hustete. »Ich segelte einst mit Männern, die meiner würdig
waren. Männern, die für mich in den Tod gegangen wären.
Brüder des Teufels, Brüder der Küste. Ich war skrupellos,
aber bei Gott, das waren wir alle. Wir überfielen mit List
und nicht im Blutrausch. Einmal ließ ich einen meiner Männer
mit einem Kuhfuß ein Loch in unser Boot bohren, um es zum
Sinken zu bringen. Damit gab es für niemanden mehr ein
Zurück und wir mussten um unser Überleben kämpfen. Ein
kleiner Haufen Männer bemächtigte sich einer schwer
bewaffneten Silbergaleone. Das waren gute Zeiten.«
    Jacquotte lächelte. In ihrer Kindheit hatte sie die
Geschichte Dutzende Male gehört. Die Tatsache,

Weitere Kostenlose Bücher