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Johnson, Denis

Johnson, Denis

Titel: Johnson, Denis
Autoren: Jesu’s Sohn
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freigelegt worden. Ohne zu klopfen, ging ich zum Fenster und blickte hinein. Ein einsamer Stuhl stand an einem ovalen Tisch. Das Haus sah verlassen aus, nirgendwo Vorhänge, nirgendwo Teppiche. Über den Boden verstreut lag irgendwas Glänzendes, gebrauchte Glühbirnen vielleicht, dachte ich, oder Patronenhülsen. Doch es war dunkel und nichts deutlich zu erkennen. Ich starrte hinein, bis meine Augen müde wurden und ich glaubte, ich könnte Strichzeichnungen auf dem Fußboden ausmachen, ähnlich den mit Kreide markierten Umrissen von Mordopfern oder Symbolen seltsamer Rituale.
    «Warum gehst du nicht rein?» fragte ich den Mann, als ich wieder beim Auto war. «Sieh’s dir einfach mal an. Du falscher Hund. Du Versager.»
    Da reckte er einen Finger hoch. Ein.
    «Was.»
    Ein. Ein.
    «Ein Versuch noch», sagte Richard.
    «Den Versuch haben wir schon gemacht. Grad eben nämlich. Und was ist dabei rausgekommen? ‘n Bluff.»
    «Was willst du also tun?» sagte Tom.
    «Na ja, von mir aus können wir ihn ruhig noch ein bißchen durch die Gegend kutschieren.»
    Ich wollte nicht nach Hause. Meine Frau war nicht mehr wie früher, und wir hatten ein sechs Monate altes Baby, das mir angst machte, einen kleinen Sohn.
    Der nächste Versuch führte uns zu einem allein stehenden Haus draußen am Alten Highway. Ich war schon häufiger in der Gegend gewesen, jedesmal ein bißchen weiter weg von der Stadt, und hatte nie etwas Erfreuliches gesehen. Freunde von mir hatten nicht weit von hier eine Farm gehabt, aber die Polizei hatte sie nach einer Razzia alle eingebuchtet.
    Dieses Haus allerdings sah gar nicht so aus, als ob es zu einer Farm gehörte. Es stand etwa dreihundert Meter vom Alten Highway entfernt; die vordere Veranda stieß direkt an die Straße. Als wir hielten und den Motor ausmachten, hörten wir drinnen Musik – Jazz. Es klang raffiniert und einsam.
    Zusammen mit dem Schweiger gingen wir zur Veranda. Er pochte an die Tür. Tom, Richard und ich flankierten ihn mit leichtem, ja hauchdünnem Abstand.
    Die Tür ging auf, und er schob sich blitzschnell hinein. Wir folgten ihm ins Haus und blieben dann stehen, während er sofort ins nächste Zimmer stürzte.
    Wir waren nicht weiter als bis zur Küche gekommen. Der Raum dahinter war schummrig, in bläuliches Licht getaucht, und durch die geöffnete Tür erblickten wir eine Art Empore, beinahe wie ein gewaltiges Stockbett, in dem kreuz und quer Frauen mit gespenstisch bleichen Gesichtern lagen. So eine Bleichgesichtige kam jetzt zur Tür und betrachtete uns drei; ihre Maskara war verschmiert, ihr Lippenstift weggeküßt. Sie hatte einen Rock an, aber keine Bluse, nur einen weißen BH wie jemand aus einer Unterwäschereklame in einer Teenager-Zeitschrift. Sie war aber älter. Ich schaute sie an und mußte daran denken, wie ich mit meiner Frau hinaus in die Wiesen gegangen war, damals, als wir so verliebt gewesen waren, daß wir nicht wußten, wie uns geschah.
    Sie putzte sich die Nase, eine schläfrige Bewegung. Zwei Sekunden darauf trat ein Schwarzer dicht neben sie, ein hochaufgeschossener Mann; er klatschte sich ein Paar Handschuhe in die Handfläche und sah blicklos auf mich herab, mit dem unverwundbaren Lächeln derer, die auf Dope sind.
    Die junge Frau sagte: «Hättet ihr vorher angerufen, hätten wir euch nahegelegt, ihn nicht mitzubringen.»
    Ihr Begleiter war entzückt «Das war ja richtig schön gesagt»
    Im Zimmer hinter ihr stand der Mann, den wir mitgebracht hatten, wie eine verpfuschte Skulptur: mit un- natürlicher Haltung und tief herabhängenden Schultern, als könnte er seine riesigen Hände nicht mehr weiterschleppen.
    «Was zum Henker hat der eigentlich für ein Problem?» fragte Richard.
    «Ist doch egal, was der für ‘n Problem hat», sagte der Mann, «wenn er’s nur selbst kapieren würde.»
    Tom lachte. Wenigstens beinahe.
    «Was macht er?» fragte Richard das Mädchen.
    «Der spielt Football, und zwar richtig gut Beziehungsweise hat’s mal gespielt» Dir Gesicht war müde. All das schien ihr so was von gleichgültig.
    «Er ist immer noch gut Ist immer noch in der Mannschaft», sagte der Schwarze.
    «Er ist nicht mal mehr auf der Schule.»
    «Aber wenn, war er sofort wieder in der Mannschaft»
    «Die Schule nimmt ihn aber nicht mehr, weil er nun mal am Arsch ist Mann. Genauso am Arsch wie du.»
    Der Schwarze Heß einen der beiden Handschuhe schnell hin und her Rappen. «Das war dann also geklärt, danke, Baby.»
    «Dir ist ‘n Handschuh
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