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John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie

John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie

Titel: John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
Autoren: Gary Tillery
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Tiefpunkt anfühlte – wenngleich er nun natürlich in einem weitaus besseren Wohnviertel lebte. Dem »System«, das den Geist eines jungen Menschen dahingehend prägt, dass er zu einem nützlichen Rädchen in einem sozioökonomischen Räderwerk wird, war er zwar entkommen. Immerhin aber hatte, so stellte er jetzt fest, die Rebellion gegen das System seinem Leben Sinn gegeben. Hingegen hatte er, nachdem es ihm gelungen war, sich aus der Abhängigkeit von diesem System weitestgehend zu befreien, das Gefühl, richtungslos dahinzutreiben. Über jene durch die notorische Abwesenheit des Vaters und die nur sporadisch erfahrene Liebe einer – schließlich vollständig aus seinem Leben verschwundenen – Mutter bedingte Angst, die ihm so lange zu schaffen gemacht hatte, war er mittlerweile zwar hinausgelangt; stattdessen war er jedoch im Nichts gelandet.
    Wie die Hauptfigur in Edward A. Robinsons Gedicht »Richard Cory« empfand Lennon eine zunehmende Entfremdung, während Millionen Menschen ihn, den vermeintlichen Glückspilz, um sein Glück beneideten. Seinem engen Freund Pete Shotton gestand er: »Je mehr ich habe, je mehr ich sehe und je mehr ich erfahre, umso weniger bin ich imstande zu sagen, wer ich bin und was, verdammt noch mal, es mit dem Leben eigentlich auf sich hat.« 3
    Seinen Mitstreiter George Harrison faszinierten seit einiger Zeit die östlichen Religionslehren. Auf Harrisons Empfehlung hin versuchte Lennon daher, in zwei Weisheitsbüchern des Ostens Antworten zu finden. Er las die
Bhagavadgita
, in der grundlegende Glaubensinhalte des Hinduismus zusammengefasst sind, und das
Tibetische Totenbuch
, einen buddhistischen Leitfaden für den Bardo, den Übergang zwischen physischem Tod und Wiedergeburt.
    Außerdem begann er sich ernsthaft mit der Bibel zu befassen. 4 Als Junge war er alles andere als ein begeisterter Christ gewesen. Eine Weile hatte er dem Kirchenchor angehört, bis ihm wegen seines respektlosen Humors und Störaktionen schließlich untersagt wurde, der Messe weiter beizuwohnen. Jetzt aber befand er sich in einer Lebensphase, in der er etwas benötigte, woran er glauben konnte: ein Gerüst, das seinem Leben Halt und Sinn gab.
    Bei der Lektüre des Matthäus-Evangeliums hat Lennon sich offenbar auch eine Weile mit Vers fünf und sechs des sechsten Kapitels beschäftigt: »Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler, die da gerne stehen und beten in den Synagogen und an den Ecken auf den Gassen, um sich den Menschen zu zeigen. Wahrlich ich sage euch: Sie haben ihren Lohn empfangen. Wenn aber du betest, so gehe in deine innerste Kammer, schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.«
    Paradoxerweise überkam Lennon gerade am Anfang seines beispiellosen Erfolgs ein Gefühl von Sinnlosigkeit, das er nicht mehr loswerden konnte, und so beschloss Lennon eines Abends im Winter 1966, der von Jesus gegebenen Weisung zu folgen. Zu Hause in Weybridge vor den Toren Londons schloss er sich ins Bad ein, fiel auf die Knie nieder und bat inständig um eine Antwort, ein Zeichen, eine Offenbarung – von Gott, Jesus oder welche andere Gestalt die Gottheit auch annehmen würde –, um einen Wink, dem er entnehmen könne, dass sein Flehen erhört werde, und einen Fingerzeig, in welche Richtung er gehen solle. 5
    Doch auf eine Antwort wartete er vergebens.
    Dieser unbeantwortet gebliebene Ruf markierte den Ausgangspunkt einer Suche, die sich schließlich über mehr als ein Jahrzehnt hin erstrecken sollte, einer verzweifelten Suche nach einer alternativen Grundlage, aus der Lennon eine Neuorientierung für sein Leben beziehen könnte. Eines seiner hervorstechenden Merkmale war eine uneingeschränkte geistige Offenheit; und im Verlauf seiner weitreichenden, in existenzielle Tiefen führenden Suche sind dann jene Persönlichkeitsfacetten entstanden, die wir heute in erster Linie mit John Lennon assoziieren: Lennon, der verträumte Liebesapostel, der Schüler eines indischen Gurus, der laute Wortführer der Friedensbewegung, der zornige Radikale, der verzweifelte Trunkenbold und Feminist.
    Diejenigen Menschen hingegen, die in Kindheit und Jugend erlernte Glaubensinhalte übernommen und sich zu eigen gemacht hatten, stieß der Freidenker und Bilderstürmer Lennon unweigerlich vor den Kopf. Gegen Ziele wie Weltfrieden und Liebe konnte im Grunde niemand etwas einwenden. An seiner offen zum Ausdruck gebrachten
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