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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham
Autoren: Das Gesettz
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Schließlich stand er langsam auf, zog sich an und machte sich an die Einnahme seiner Medikamente. Vor ihm standen über ein Dutzend Tablettenflaschen, alle ordentlich aufgereiht, alle in exakt der Reihenfolge, die die Ärzte vorgeschrieben hatten. Die erste Ladung bestand aus acht verschiedenen Medikamenten, die er mit einem Glas Wasser hinunterspülte. Mehrmals am Tag würde er zurückkommen, um weitere Kombinationen zu schlucken, und als er die Deckel auf die Flaschen schraubte, musste er daran denken, wie sinnlos das Ganze war. Die Tabletten waren nicht dazu da, sein Leben zu retten - dieses Medikament musste erst noch erfunden werden -, sondern dienten nur dazu, es ein bisschen zu verlängern. Aber nur vielleicht. Warum machte er sich überhaupt Gedanken darüber? Die Tabletten kosteten eintausend Dollar im Monat, Geld, das seine Familie nur widerwillig herausrückte. Zwei Freunde hatten Selbstmord begangen, und er musste ständig an sie denken.
    Das Haus hatte sich bereits aufgeheizt, und er musste an die langen, schwülen Tage seiner Kindheit denken, an die drückend heißen Sommer, die er in seinem anderen Leben überhaupt nicht vermisst hatte.
    Als er Emporia in der Küche hörte, ging er hinüber, um ihr einen guten Morgen zu wünschen.
    Er aß weder Fleisch noch Milchprodukte, und so einigten sie sich schließlich auf einen Teller aufgeschnittene Tomaten aus ihrem Garten. Was für ein seltsames Frühstück, dachte sie, doch Tante Leona hatte gesagt, sie solle ihm zu essen geben, was immer er wolle. »Er ist lange weg gewesen«, hatte sie gesagt. Nach dem Frühstück machten sie sich eine Tasse süßen Zichorienkaffee aus Pulver und setzten sich auf die Veranda.
    Emporia wollte alles über New York City wissen, einen Ort, den sie nur aus Büchern und aus dem Fernsehen kannte. Und Adrian erzählte, redete über die Jahre, die er dort verbracht hatte, das College, seinen ersten Job, die vollgestopften Straßen, die unzähligen Geschäfte und Läden, die ethnisch geprägten Viertel, die Men schenmassen und das wilde Nachtl eben. Eine Dame, die mindestens so alt war wie Emporia, blieb vor dem Haus stehen und rief: »Hallo, Emporia.«
    »Guten Morgen, Doris. Setz dich doch zu uns.«
    Doris zögerte nicht. Sie wurden einander vorgestellt, ohne Händeschütteln. Doris war die Frau von Herman Grant, dem Mann von gegenüber. Falls sie Adrians Gegenwart nervös machte, ließ sie es sich nicht anmerken. Nach wenigen Minuten unterhielten sich die beiden Frauen über ihren neuen Prediger, einen Mann, von dem sie noch nicht so richtig wussten, ob sie ihn mochten, und danach ging es um den Klatsch aus der Kirchengemeinde. Eine Weile vergaßen sie Adrian völlig, der sich mit der Rolle des amüsierten Zuhörers zufriedengab. Als das Thema Kirche durch war, machten die beiden Damen mit der Familie weiter. Emporia hatte natürlich keine Kinder, dafür hatte Doris genug für beide. Acht, von denen die meisten in den Norden gezogen waren, dazu über dreißig Enkelkinder und noch einige in der nächsten Generation. Alle möglichen Abenteuer und Konflikte wurden diskutiert.
    Nach einer Stunde, in der er nur zugehört hatte, warf Adrian während einer kleinen Pause im Redefluss der beiden Damen ein: »Emporia, eine Frage: Ich muss in die Bücherei und ein paar Bücher leihen. Zum Laufen ist es wahrscheinlich zu weit, oder?«
    Emporia und Doris sahen ihn von der Seite her an, sagten aber nichts. Selbst nach einem flüchtigen Blick auf Adrian war klar, dass er so schwach war, dass er es nicht einmal bis ans Ende der Straße schaffen würde. Bei dieser Hitze würde der arme Junge vermutlich einen Steinwurf von dem rosafarbenen Haus entfernt zusammenbrechen.
    Clanton hatte eine Bücherei, die in der Nähe des Stadtzentrums lag, aber eine Zweigstelle in Lowtown war nie in Erwägung gezogen worden.
    »Wie machen Sie Ihre Besorgungen?«, fragte er. Es war klar, dass Emporia kein Auto besaß.
    »Rufen Sie einfach bei Black and White an.«
    »Bei wem?«
    »Black and White Taxi«, sagte Doris. »Wir fahren andauernd damit.«
    »Sie kennen Black and White nicht?«, fragte Emporia.
    »Ich bin vierzehn Jahre weg gewesen.«
    »Das merkt man. Es ist eine lange Geschichte.« Emporia rückte ihr Kissen zurecht und machte sich fur die Geschichte bereit.
    »Ja, das stimmt«, fü gte Doris hinzu.
    »Es gibt hier zwei Brüder, die beide mit Vornamen Hershel heißen. Der eine schwarz, der andere weiß, etwa im gleichen Alter. Ungefähr vierzig, würde
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