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Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Titel: Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
Autoren: Dan Simmons
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war ein Meer von Flammen.
    Hansen gab trotzdem nicht auf. Mit Händen aus geschmolzenem Fleisch klammerte er sich an den Dachgepäckträger des Cadillacs und zog seine verkohlten, brennenden Beine aus dem Wrack und ließ sich neben der flammenden Masse aus Metall auf den Boden fallen.
    Seine Haare brannten. Sein Gesicht brannte. Hansen rollte durch den tiefen Schnee, versuchte verzweifelt, das Feuer zu ersticken und heulte unter Todesqualen.
    Er kroch auf seinen rauchenden Ellenbogen weiter vom Wrack weg, rollte sich auf den Rücken ab und bemühte sich, durch die Schmerzen in seinen Lungen hindurch zu atmen. Er konnte alles klar sehen, wusste nicht, dass seine Augenlider mit den Brauen verschmolzen waren und er sie nie mehr würde schließen können. Hansen hob die Hände vors Gesicht. Sie taten weh. Ungläubig, aber mit etwas, das fast an hysterische Belustigung grenzte, nahm er wahr, dass seine Finger wie Würstchen, die zu lange auf dem Grill gelegen hatten, angeschwollen und dann geplatzt und ausgelaufen waren. Blanke weiße Knochen vor dem schwarzen Nachthimmel. Die Flammen tauchten wie ein Flutlicht alles in 60 Metern Umkreis in ein strahlendes Licht.
    Hansen versuchte, um Hilfe zu rufen, aber seine Lungen schienen sich in zwei Kohlesäcke verwandelt zu haben.
    Eine Silhouette trat zwischen ihn und das brennende Fahrzeug. Ein Mann. Die dunkle Gestalt ging in die Knie, beugte sich vor und ließ ihr Gesicht von den Flammen erhellen.
    »Hansen«, sagte John Wellington Frears. »Hören Sie mich? Wissen Sie, wer ich bin?«
    Ich bin nicht James B. Hansen, dachte Hansen und versuchte es zu artikulieren, aber weder seine Kiefergelenke noch seine Zunge gehorchten ihm.
    Frears sah auf den verbrannten Mann hinunter. Hansens Kleider hatten sich abgepellt, waren an anderen Stellen untrennbar mit der dunkelrot verfärbten, blasigen Haut verbunden, die in schmierigen Falten herabhing und wie verkohlte Lumpen rauchte. Im Gesicht des Mannes zeichneten sich gewaltsam freigelegte Muskelstränge als bizarre rotgelbe Muster ab. Hansens versengte Lippen hatten sich über die Zähne zurückgezogen und verliehen seinem Mund ein wildes Grinsen in Joker-Manier. Die glotzenden grauen Augen konnten nicht länger blinzeln. Lediglich die dünne Atemsäule, die aus dem offenen Mund in die frostige Luft aufstieg, bewies, dass er noch lebte.
    »Können Sie mich hören, Hansen?«, wiederholte Frears. »Können Sie sehen, wer ich bin? Ich habe Ihnen das angetan. Sie haben meine Tochter getötet, Hansen. Und ich habe ihnen im Gegenzug das hier angetan. Ich hoffe, es dauert noch möglichst lange, bis Sie jämmerlich krepieren, Sie elender Hurensohn.«
    Frears blieb noch ein paar Minuten lang neben dem verkohlten Mann knien. Lange genug, um zu sehen, wie sich die Pupillen in den Augen des Monsters in einer Geste grausigen Erkennens weiteten und dann erstarrten. Lange genug, um zu sehen, dass das Einzige, was jetzt noch von Hansen in die kalte Luft aufstieg, kein Atem mehr war, sondern lediglich Rauch und das widerlich-bittersüße Aroma von verbranntem Fleisch.
    Ferne Sirenen erklangen aus Richtung der erleuchteten Stadt – das Habitat der anderen Menschen, der zivilisierten Menschen, dachte John Wellington Frears. Er stand auf und wollte zum Lincoln zurückgehen, der einen Straßenblock weiter parkte, als er sah, das etwas, das ihn an ein Tier erinnerte, über den Schnee des Parkplatzes auf ihn zukroch.

Kapitel 37
    Mickey Kee blieb einen Moment lang vor dem offenen Fenster stehen und starrte durch das Loch im Metallvordach auf Kurtz’ leblosen Körper. Dann hob er den Blick zu dem Fahrzeug, das in der Ferne brannte. Er war neugierig, was dort explodiert war, wollte sich dadurch aber nicht von seiner Arbeit ablenken lassen.
    Der Auftrag, den Mr. Gonzaga ihm erteilt hatte, lautete: Kurtz töten, dann Millworth töten. In Mr. Gonzagas Worten: »Jeder Scheißbulle, der bescheuert genug ist, mich mit einem Scheißmord zu beauftragen, ist verflucht noch mal zu bescheuert, um ihn am Leben zu lassen.« Mickey Kee war ganz seiner Meinung. Mr. Gonzaga hatte hinzugefügt, dass er Kurtz’ Kopf wollte – im wahrsten Sinne des Wortes –, und Kee hatte einen Jutesack an seinem Gürtel dabei, um später seine Jagdtrophäe darin zu transportieren. Mr. G hatte vor, Miss Angelina Farino ein Überraschungspräsent zu überreichen.
    Mit leichter Enttäuschung hatte Kee vor rund 20 Minuten beobachtet, wie Millworth und seine beiden Kumpane wie in einem
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