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Jetzt Plus Minus

Jetzt Plus Minus

Titel: Jetzt Plus Minus
Autoren: Robert Silverberg
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es. Sie wirkt psi-unterdrückend. Sie absorbiert alle Sendeenergie, die wir aufwenden.«
    »Ausgeschlossen! So etwas habe ich noch nie gehört.«
    »Nein?« sagte Jetzt plus n. »Freund, die vergangene Stunde ist die erste Gelegenheit, die ich hatte, dich zu erreichen, seit Mittwoch, als wir in diese Klemme gerieten. Es ist kein Zufall, daß ich seit Mittwoch abend praktisch hundert Prozent der Zeit mit ihr zusammen war, bis auf ein paar zweiminütige Pausen, und dann konnte ich dich nicht erreichen, weil du in deiner Zeitfolge mit ihr zusammen gewesen sein mußt. Und so –«
    »Wie kann das sein?« rief ich. »Was wird mit uns, wenn -? Nein. Nein, du Halunke, du willst mich hereinlegen. Ich glaube dir nicht. Es ist ausgeschlossen, daß sie das verursacht.«
    »Ich glaube, ich weiß, wie sie es macht«, sagte Jetzt plus n. »Da ist ein –«
    In diesem Augenblick kam Selene zurück, von noch strahlenderer Schönheit, und wieder senkte sich Schweigen herab.
    Wir aßen gut. Geeiste Mombasa-Austern, Salade Nicoise, Rindsfilet Kobe englisch, dazu einen Richebourg 77. Von Zeit zu Zeit versuchte ich meine Ichs zu erreichen. Nichts. Ich sorgte mich ein wenig darum, wie ich die Dienstagsnotierungen für die Übertragspapiere Jetzt minus n übermitteln sollte, und beschloß, nicht mehr daran zu denken. Offenkundig war es mir nicht gelungen, sie an ihn weiterzugeben, weil ich an diesem Abend keine Computerliste über Verkäufe aus diesem Paket bekommen hatte, und wenn ich ihn nicht hatte erreichen können, war es sinnlos, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie ich ihn erreichen sollte. Das Wunderbare an dieser Telepathie in der Zeit ist das Gefühl der Stabilität, das sie einem verleiht: was auch gewesen ist, muß sein, und so weiter.
    Nach dem Essen gingen wir einen Stock tiefer zum Kognak und ein bißchen Glücksspiel.
    »Für zweitausend Pfund«, sagte ich zum Kassenroboter, drückte den Daumen auf seine Kreditplatte, und die Jetons rollten aus dem Schlitz in seinem Brustkasten. Ich gab Selene die Hälfte davon. Sie spielte Hoch-Tief-Schwerkraft, und ich Roulette; wir wechselten je nach Laune und Strähne von einem Tisch zum anderen. In zwei Stunden verdreifachte sie ihren Einsatz, und ich verlor meinen ganzen. Bei Glücksspielen war ich nie gut. Bevor der Börsenmarkt für mich aufhörte, ein Glücksspiel zu sein, hatte ich sogar dort Geld verloren. Natürlich ließ ich sie ihren Gewinn auf ihr eigenes Konto setzen, und als sie mir anbot, den Einsatz zurückzugeben, lachte ich nur.
    Wohin nun? Zu früh fürs Bett.
    »Zum Swimmingpool?« fragte sie.
    »Gute Idee.« Aber das Hotel besaß zwei, wie üblich. »Nacktbecken oder Badeanzug-Becken?«
    »Wer hat schon einen Badeanzug?« fragte sie, und wir lachten und schwebten im Fallschacht hinunter.
    Es gab getrennte Umkleideräume, M und F. Niemand denkt sich etwas dabei, nackte Haut zu zeigen, aber das Auskleiden wird noch immer von Tabus begleitet. Ich zog mich schnell aus und wartete am Schwimmbecken auf sie. Während dieses Intervalls spürte ich die vertraute Gegenwart eines anderen Ichs: Jetzt minus n. Er sendete nicht, aber ich wußte, daß er da war. Jetzt plus n konnte ich überhaupt nicht spüren. Widerstrebend begann ich zuzugeben, daß Selene für mein Verständigungsproblem verantwortlich sein mußte. Sobald sie mehr als sieben Meter von mir entfernt war, konnte ich meine anderen Ichs erreichen. Aber wie machte sie das? Und konnte man das unterbinden? So wahr mir Mao helfe, würde ich zwischen meinem Lebensunterhalt und meiner neuen Angebeteten wählen müssen?
    Das Becken war ein Oktagon mit Trampolin-Sprungnetz und einer Unterwasser-Psycholichtanlage, die gekräuselte Lichtmuster erzeugte. An die fünfzig Leute waren im Wasser, einige Dutzend mehr lagen neben dem Becken und ließen sich bräunen. In einer solchen Masse Fleisch kann praktisch niemand hervorstechen, und doch drehten sich Köpfe zu Dutzenden, als Selene aus dem Umkleideraum kam und sich mir auf den Fliesen näherte. Ihre Figur war nicht auffällig üppig, aber trotzdem besaß sie den automatischen Magnetismus, den nur wahre Schönheit ausstrahlt. Sie war entschieden schlank, aber alles befand sich in perfekter Proportion, so, als sei es von Phidias’ Händen selbst geformt worden. Lange Beine, lange Arme, schmale Handgelenke, kleine, hohe Brüste, wunderbar gewölbte Hüften. Die Primavera von Botticelli. Die Leda von Leonardo. Sie besaß höchste Grazie. Mein Herz hämmerte.
    Zwischen ihren
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