Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn

Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn

Titel: Jerry Cotton - 0583 - Der Totenhaendler von Brooklyn
Autoren:
Vom Netzwerk:
hatte ich Angst, mich zu verlaufen.«
    Ich spürte, daß das Mädchen log.
    Trotz des Hinweises auf ihre natürliche Angst gab sie vor, fünf Minuten im Wald gewesen zu sein. Ein Mädchen, das durch widrige Umstände gezwungen wird, die Nacht allein in einer einsamen Jagdhütte zu verbringen, verlangt es nicht danach, den Schutz dieser Hütte zu verlassen.
    »Der Mann ist höchstens drei Stunden tot«, klärte ich das Mädchen auf. »Die Leichenstarre hat noch nicht eingesetzt.«
    Ich ließ mich neben dem Toten auf die Knie nieder. Der Einschuß lag in der Höhe des Herzens. Der Täter mußte aus einer Entfernung von drei oder vier Yard geschossen haben.
    Der Tote hatte kräftige Hände mit gepflegten, sauberen Nägeln. Harte Arbeit hatten diese Hände nicht gekannt. Einer der Knöchel war aufgerissen, die Haut war abgeschürft. Es sah so aus, als hätte sich der Mann vor seinem Ende gegen den Mörder heftig zur Wehr gesetzt.
    Pryscilla Rayburn starrte mich an. »Demnach wurde der Tote hier versteckt, als ich draußen war?« fragte sie atemlos.
    Ich erhob mich. »Stimmt. Ich hätte gern gewußt, wie Sie sich den Vorfall erklären.«
    »Ich habe keine Ahnung, was geschehen ist!« stieß Pryscilla Rayburn hervor. »Meinen Sie, ich hätte es fertiggebracht, mich auch nur eine Minute mit einem Toten im gleichen Raum aufzuhalten?«
    »Gibt es hier ein Telefon?« fragte ich.
    »Nein.«
    »Wir müssen den Sheriff benachrichtigen«, sagte ich und betrat die Diele. »Ich sehe mich nur rasch im Haus um.«
    Die Küche war klein und modern. Ich blickte in den Mülleimer. Er war leer — bis auf einen Sektpfropfen. Im Ausguß standen zwei Gläser. Sie waren sauber. Ich schaute mich nach der Champagnerflasche um, konnte sie aber nicht finden.
    Das Gästezimmer machte einen unbenutzten Eindruck. Ich entdeckte, daß nirgendwo Staub lag. Ich kehrte in das Wohnzimmer zurück und betrachtete die gerahmten Fotos, die auf dem Kamin standen. Auf allen Bildern kehrte das runde glattrasierte Gesicht eines etwa fünfzigjährigen Mannes wieder — in Anglerstiefeln, mit einer Forelle am Angelhaken, vor der Hütte sitzend, mit zwei Kindern im Gras liegend, mit einer rundlichen Frau am Arm, und so weiter und so weiter. Ich zog die Fotos aus dem Rahmen. Die Rückseiten waren datiert, aber sonst unbeschriftet.
    »Können wir gehen?« fragte Pryscilla Rayburn nervös. »Ich halte es hier nicht länger aus.«
    »Sofort«, sagte ich und ging noch mal in die Küche. Ich blickte in den Kühlschrank. Er war leer — bis auf einige Dosen Bier. Pryscilla tauchte hinter mir auf. »Suchen Sie etwas Bestimmtes?« wollte sie wissen.
    »Ich hätte gern gewußt, wer hier Champagner getrunken hat — und wenn ja, worauf«, sagte ich.
    Pryscilla Rayburn blinzelte. »Ist das denn so wichtig?«
    »An den Gläsern hängen noch ein paar Tropfen«, stellte ich fest.
    »Ich habe sie abgewaschen«, sagte Pryscilla Rayburn rasch. »Nur so, weil ich mich langweilte.«
    Ich hob eines der Gläser gegen das Licht. Es war tadellos sauber und enthielt keine Prints.
    »Sie trauen mir nicht über den Weg!« stieß das Girl plötzlich hervor. »Warum sagen Sie mir das nicht offen ins Gesicht?«
    Ich stellte das Glas in den Ausguß zurück. »Mißtrauen gehört zu meinem Beruf.«
    »Ich kann nicht verstehen, wie es passiert ist«, ereiferte sich das Mädchen. »Ich kenne den Toten nicht. Wäre ich seine Mörderin, hätte ich ihn vermutlich längst im Wald versteckt. Das muß Ihnen doch einleuchten!«
    »Es geht gar nicht so sehr um den Toten«, erklärte ich ihr. »Es geht um die ›Diana Mortimer‹.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, wie alles gekommen ist.«
    »Sie können gelogen haben«, stellte ich fest und blickte dem Mädchen in die Augen.
    Auf ihren Wangen brannten zwei kreisrunde rote Flecken. »Warum sollte ich das tun?« fragte sie. »Zweifeln Sie meine Identität an? Ich bin Pryscilla Rayburn, und ich war auf dem Schiff!«
    »Vielleicht«, sagte ich, »haben Sie es in irgendeinem Hafen verlassen.«
    Pryscilla schluckte. »Verlassen? Das ist nicht Ihr Ernst! Es war meine erste uroße Reise, eine richtige Traumreise. Warum hätte ich vorzeitig von Bord gehen sollen? Der Trip kostete mich keinen Cent!«
    »Bei jungen Mädchen weiß man nie, wozu sie imstande sind. Möglicherweise lernten Sie in einem Hafen einen attraktiven jungen Mann kennen. Oder Sie fühlten sich inmitten der High-Society als Außenseiter in.«
    »Das ist ja absurd!« sagte das Girl. »Sie tun gerade
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher