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Jerry Cotton - 0506 - Der Toeter und die grosse Angst

Jerry Cotton - 0506 - Der Toeter und die grosse Angst

Titel: Jerry Cotton - 0506 - Der Toeter und die grosse Angst
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Es klang keineswegs erregt, es spiegelte nur die körperlichen Anstrengungen wider, die einem dicken Mann selbst beim Ankleiden zu schaffen machen. Endlich war er soweit. »Wir können gehen«, meinte er würdevoll. Wir durchquerten die Halle. »Ach so, der Anwalt«, sagte er und blieb vor der Tür des Arbeitszimmers stehen. »Ich werde ihn aus dem Bett klingeln müssen.«
    Was dann passierte, war mehr, als man von einem Mann seines Leibesumfanges erwarten konnte. Er explodierte förmlich mit einer jähen, gekonnt ausgeführten Aktion, die kaum zwei Sekunden in Anspruch nahm.
    Es war nicht viel, was er tat. Er riß nur die Tür des Arbeitszimmers auf, huschte blitzschnell hinein und schlug die Tür hinter sich zu. Phil griff nicht minder schnell nach der Türklinke, aber Gayer schaffte es, im gleichen Zeitpunkt den Schlüssel herumzudrehen.
    Es war eine solide Tür in einem soliden Haus. Man konnte sie natürlich eintreten oder aufbrechen, doch dazu bestand im Augenblick nicht der geringste Anlaß. Das Haus war umstellt. Nichts war dem Zufall überlassen worden. Rod Gayer konnte nicht entkommen.
    Selbstverständlich verfolgte er mit der Aktion eine bestimmte Absicht. Vermutlich holte er eine Waffe aus dem Schreibtisch, aber es war nicht anzunehmen, daß er sie benutzen würde.
    Rod Gayer war nicht der Mann, der zu Verzweiflungstaten neigte. Selbstmord schied also aus. Er war auch klug genug, seine Chancen genau überblicken zu können. Nein, er würde es nicht auf ein Feuergefecht mit routinierten G-men ankommen lassen.
    »Ich gehe außen ’rum«, sagte Phil und flitzte weg. Das Arbeitszimmer lag zu ebener Erde. Seine Fenster wiesen zum Garten.
    Ich hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. »Machen Sie auf, Gayer! Was soll dieser Blödsinn? Los, öffnen Sie!«
    Drinnen blieb alles still. Allerdings nur wenige Sekunden lang. Dann hörte ich ein merkwürdiges Geräusch.
    Es hörte sich an wie das Quietschen einer Seilwinde.
    ***
    Die Plattform glitt in die Tiefe.
    Gayer hob den Kopf. Über ihm blieb das quadratische Viereck des Einstiegs zurück. Er wußte, daß er dieses Arbeitszimmer vermutlich niemals Wiedersehen würde.
    Er hatte keine Zeit, sich mit Gefühlen des Bedauerns oder des Selbstmitleids aufzuhalten. Für ihn kam es jetzt darauf an, jede Sekunde zu nutzen. Er drückte auf einen Knopf und sah, wie sich die Einstiegsluke schloß.
    Die Plattform setzte hart auf dem Boden auf. Der Lift endete an der Einmündung eines schmalen und nicht sehr hohen Ganges. Hier unten roch es feucht und muffig. Eine kahle Glühbirne erhellte den mit rohen Ziegeln ausgemauerten Gang, der schnurgerade und mit leichtem Gefälle in die Tiefe führte.
    Gayer eilte schnaufend durch den Korridor. Er mußte gebückt gehen. Seine Anzugsärmel scheuerten über die schmutzstarrenden Ziegel. Es war lange her, daß er den Gang betreten hatte. Acht Jahre, zehn Jahre? Er vermochte es nicht zu sagen. Diese unterirdische Anlage mit dem kleinen Lastenaufzug, der in seinem Arbeitszimmer endete, hatte ihn früher fasziniert. Die Anlage war sogar der Hauptgrund dafür gewesen, daß er das Haus gekauft hatte.
    Soviel er wußte, hatte das Haus einmal Al Capones New Yorker Filialleiter gehört. Seit den Tagen der Prohibition war dieser Fluchtweg nicht mehr benutzt worden. Seine Erbauer hatten sich die Anlage in den zwanziger Jahren einige Hunderttausende kosten lassen. Die Leute, die seinerzeit an der Herstellung mitgewirkt hatten, waren entweder gestorben oder hatten den Gang längst vergessen.
    Der Gang hatte eine Länge von rund hundert Yard. Er führte als Tunnel unterhalb des Gartens und der Fahrbahn bis zu einem Grundstück auf der anderen Straßenseite. Selbstverständlich gehörte auch dieses Haus Gayer, denn ohne den Besitz des Kellers, in den der Gang einmündete, wären Al Capones Katakomben nutzlos gewesen.
    Gayer blieb stehen und verzog angewidert das Gesicht, als eine große Ratte vor ihm über den Gang huschte. Der Teufel mochte wissen, wovon diese Biester hier unten lebten.
    Er keuchte weiter. Eine der Glühbirnen war ausgefallen, und er mußte den Rest der Strecke in ziemlicher Dunkelheit zurücklegen. Er wußte, es kam auf jede Minute an. Vielleicht hatten die G-men schon das Zimmer erbrochen und die Einstiegsluke entdeckt.
    Glücklicherweise ließ sich diese Luke nicht von Hand öffnen. Es würde einige Zeit dauern, bis sie den versteckten elektrischen Mechanismus fanden und feststellen konnten, welchen Fluchtweg er gewählt
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