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Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Titel: Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam
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zweiten Sturz so glimpflich überleben würde.
    Am schwierigsten war die Überwindung der ersten drei Yard. Der Schacht war an seinem unteren Ende so breit, daß es mir verdammt schwer fiel, die Spannkraft meines Körpers voll einzusetzen. Weiter oben ging es dann etwas besser, aber ich kam nur unendlich langsam voran, und das Unternehmen kostete enorm viel Kraft.
    Dummerweise hatte ich in dieser totalen Finsternis keine Anhaltspunkte über das Erreichte. Ich wußte auch nicht einmal, ob sich die Stahlklappe von der Kaminseite aus überhaupt öffnen ließ.
    Ich stemmte mich höher und höher, Inch um Inch, Minute um Minute. Ab und zu stoppte ich, doch selbst die Verschnaufpausen waren anstrengend. Als meine suchend ausgestreckten Hände endlich die glatte Rückseite der Stuhllehne berührten, war ich restlos fertig und hatte Mühe, mich auf der erreichten Höhe zu halten.
    Ich atmete mit offenem Mund. Ich stellte mir vor, was geschähe, wenn ich die Stuhllehne zurückdrückte und Chester dadurch auf mich aufmerksam werden würde.
    Ich lauschte intensiv, aber das Rauschen des Blutes in meinen Ohren war so stark, daß ich nichts hören konnte. Ich mußte jetzt alles auf eine Karte setzen. Ich schraubte mich noch etwas höher, an der Klappe vorbei. Wenn Chester im Zimmer war, mußte er das Reiben und Schaben im Kaminabzug hinter der Wand längst bemerkt haben. Die Tatsache, daß die Klappe verschlossen blieb, ließ mich hoffen, daß Chester das Haus verlassen hatte. Vielleicht war er zu diesem Raoul Gavetta gefahren, um dem Syndikatsboß Bericht zu erstatten.
    Ich preßte eine Hand gegen die Klappe. Sie gab nicht nach. Ich klopfte und hämmerte dagegen. Ohne Erfolg. Ich verdoppelte meine Anstrengungen und hätte dabei um ein Haar den Halt verloren. Keuchend hielt ich inne. So ging es nicht!
    Mir fiel meine Smith and Wesson ein. Warum hatte ich die Dienstpistole an diesem Morgen nicht mitgenommen? Mit ihrer Hilfe wäre es sicherlich kein Problem gewesen, den Klappenverschluß zu sprengen.
    Ich probierte es erneut. Ich mußte es schaffen, die Klappe zu öffnen! Diesmal tastete ich den Rahmen ringsherum vorsichtig ab. Meine Finger berührten den Schließmechanismus. Ich befingerte ihn so lange, bis ich seine Funktion begriffen hatte. Der Rest war ein Kinderspiel. Ich entriegelte den Mechanismus. Die Klappe schwang zurück.
    Das helle Licht, das aus Chesters Wohnzimmer in den Schacht fiel, blendete mich. Ich mußte einen plötzlichen Schwächeanfall bekämpfen. Aber dann war es soweit. Ich schwang mich durdi die Öffnung in das Zimmer.
    Chester war nicht darin. Ich blieb keuchend auf dem Boden liegen und bemerkte erst jetzt das schon verkrustete Blut an meinen Händen. Es war unter einer Schicht von Ruß und Schmutz verborgen. Ich sah aus wie der Schornsteinfeger.
    Ich blieb liegen, um zu Kräften zu kommen. Ich war zu schlapp und zu ausgelaugt, um mich erheben zu können. Allmählich beruhigte sich mein Atem. In diesem Augenblick ging die Tür auf. Ich hob den Kopf.
    Chester hatte sich umgezogen. Er trug einen hocheleganten Anzug aus englischem Tweed mit einer dazu passenden Wollkrawatte. Im Revers steckte eine weiße Nelke.
    Chester blieb auf der Schwelle reglos stehen. Mein Anblick traf ihn wie ein Schock.
    Ich stemmte mich hoch. Chester sah an meinen Bewegungen; wie groggy ich war. Er schloß hinter sich die Tür und streifte die Jacke ab. Er warf das gute Stück achtlos in die Ecke, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    Dann ging er mit den Fäusten auf mich los.
    Normalerweise hätte er gegen mich nicht die leiseste Chance gehabt, aber er war frisch und ausgeruht und fightete mit der Besessenheit eines Mannes, der genau weiß, was für ihn auf dem Spiele steht. Wenn er es nicht schaffte, mich aus dem Wege zu räumen, mußte er sich wegen versuchten Mordes an einem G-man vor Gericht verantworten.
    Der Art, wie er boxte, war leicht zu entnehmen, daß er in früheren Jahren einmal darin Unterricht genommen hatte. Seine Beinarbeit war nicht überra--gend, aber er schlug hart und genau.
    Ich hielt die Deckung geschlossen und beschränkte mich auf die Defensive. Ein Mann seines Alters würde sein Pulver wohl rascher verschießen als ein junger. Zum Kontern hatte ich noch immer Zeit. Es war schon beruhigend zu wissen, daß er offenbar keine Pistole in Reichweite hatte.
    Natürlich hielt sich Chester nicht an die Spielregeln. Für ihn war das ein Kampf um Sein oder Nichtsein, und dementsprechend ging er vor. Er versuchte
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