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Jenseits von Raum und Zeit

Jenseits von Raum und Zeit

Titel: Jenseits von Raum und Zeit
Autoren: Keith Laumer
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Blut war gefroren. Was die wuchtigen Schläge des Eises nicht geschafft hatten, würde die Kälte vollenden. Und wenn er auch wieder zu sich kommen sollte, die Eiswände umgaben ihn wie eine Stahlkammer und schlossen ihn von der Außenwelt ab. Und wenn die Klageschwestern ankamen, um nach ihrem übergroßen Liebling zu suchen, dann würden sie ihn hier vorfinden, so, wie ich ihn beschrieben hatte. Das edle Opfer von Eis und Schnee, das Opfer eines tragischen Mißgeschicks, das uns zehn Meilen am Ziel vorbei in die Irre geführt hatte, nach einem langen, langen Weg. In allen Zeitungen würde ein Wehklagen über ihn ausbrechen, über diesen Mann, der sein Bestes gegeben hatte. Und dann würde man eine weitere Seite im Buch der Geschichte umblättern und vergessen.
    Es war alles so gekommen, wie ich es geplant hatte. Nicht daß es mich besonders stolz machte, einen erneuten Beweis meiner Klugheit geliefert zu haben. Das alles war reine Routine. Man analysierte Daten, und dann wertete man sie aus.
    »Leb wohl, Johnny Thunder«, sagte ich. »Du warst ein großartiger Kerl.«
    Der Hund hob den Kopf und winselte. Ich schaltete den Flugapparat in meinem Raumanzug auf Maximalgeschwindigkeit ein und legte die fünfzehn Meilen bis zu meiner Fracht zurück.
     
19.
     
    Die zwanzig Fuß lange Frachtmasse lag im hartgefrorenen Schnee, in einer kleinen Grube zwischen rauhen Felsriffen. Sie hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Das überraschte mich auch nicht, denn ich hatte ja das automatische Landekontrollsystem eingeschaltet, und das hätte sogar ein chinesisches Teeservice so sanft auf den Boden gesetzt, daß keine einzige Tasse gesprungen wäre.
    An Hand meiner Kontrollgeräte stellte ich fest, daß die Ladung unversehrt war, und jetzt erfüllte es mich doch mit Stolz, auch den letzten Teil meines Auftrags einwandfrei ausgeführt zu haben. Ich war so damit beschäftigt, mich selbst zu beglückwünschen, daß ich es erst bemerkte, als ich bis auf fünfzig Fuß herangekommen war.
    Der Schnee rund um die Fracht war niedergetrampelt worden und dann wieder aufgewühlt, um die Spuren zu verwischen.
    Aber jetzt war es schon zu spät zum Rückzug. Wenn hier irgend jemand war, so hatte er mich bereits gesehen. Ich blieb zehn Fuß vor der Eingangäluke stehen und sank zu einem mitleiderregenden, völlig erschöpften Häuflein Elend zusammen, während ich mich aufmerksam umsah. Ich blickte über die Fracht hinweg und darunter, entdeckte aber nichts.
    Ich blieb lange genug hegen, um dem Unbekannten Zeit genug zum Handeln zu geben. Es geschah nichts. Also mußte ich in Aktion treten. Ich machte eine richtige Show daraus, als ich meine Beine unter meinem ermatteten Körper hervorzog und zur Einstiegluke taumelte. Die Kratzer, die ich dort entdeckte, erzählten mir einen Teil der Geschichte. Der Türmechartismus war noch immer intakt. Ich schloß auf und kroch in den Laderaum. Drinnen sah alles normal aus. Das Eisschrankschloß war fest versperrt, und an den Meßgeräten sah ich, daß die Kühlanlagen einwandfrei arbeiteten.
    Trotzdem gab ich mich nicht damit zufrieden. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht, weil ein ganzes Leben voll schmerzlicher Erfahrungen mich gelehrt hatte, mich auf nichts zu verlassen. Ich brauchte eine halbe Stunde, um den Deckel der Kühlanlage abzuschrauben, und da sah ich es sofort: Ein Solenoid hatte sich gelockert. Es war ein geringfügiger Defekt, der bei einer harten Landung hätte eintreten können. Aber ich wußte, daß es nicht daran lag. Die Metallspule war mit einem Brecheisen gelöst worden, die Absteifung war um den Bruchteil eines Millimeters aus ihrer Normallage gerückt worden, und das hatte genügt, um den Hitzestromkreis zu aktivieren und die zehn Männer drinnen im Kühlraum binnen zehn Stunden aufzutauen. Ich öffnete den Kühlraum, hörte das Gas zischen, dann ging die Stahltür krachend auf, und ich las am Thermometer ab, daß im Kühlraum eine Temperatur von plus drei Grad herrschte. Die zehn langen Boxen und ihr Inhalt sahen noch genauso aus wie vorher. Das bedeutete, daß der Anschlag erst vor kurzer Zeit verübt worden war. Ich brütete über diesem Zwischenfall, als ich draußen vor der offenen Einstiegluke Schritte auf dem Eis knirschen hörte.
     
20.
     
    Illini sah ganz anders aus als bei unserer letzten Begegnung, damals bei der schrecklichen bürokratischen Sitzung der Unionszentrale. Sein Affengesicht hinter der Eismaske war eingefallen und blutleer. Seine lange Nase war
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