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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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anfangs, wie ich erwartet hatte, nicht so angetan. Zwar warnte ich ihn vor, aber als er mit mir ein paar Tage später das Haus besichtigte, bemerkte ich gleich seine Skepsis. Ich meinte: »Lass deine Fantasie spielen. Stell dir doch einmal vor, wir reißen hier die Teppiche raus, legen Parkett, lassen eventuell eine neue Küche einbauen und streichen alles neu.« Es gehörte ein wenig Überzeugungsarbeit dazu, bis Christian schließlich sagte: »Ich kann es mir noch nicht richtig vorstellen, aber wahrscheinlich sollten wir es einfach machen.«
    Das Haus war unser, allerdings zunächst nur gedanklich. Denn der Preis machte uns zu schaffen. Der Eigentümer wollte 465 000 Euro, was wir angesichts des Wissens, dass wir zusätzlich mehrere Zehntausend Euro in die Renovierung und den Ausbau stecken müssten, zu hoch fanden. Ich weiß, dass etliche Außenstehende denken, der Ministerpräsident eines Bundeslandes und Abgeordneter des Landtags sowie Mitglied des VW-Aufsichtsrates streiche sicher Unsummen ein und natürlich ist die Höhe eines Gehalts immer relativ. Christian verdiente damals um die 13 500 Euro brutto, doch nach allen Steuerabzügen plus den Unterhaltsverpflichtungen, und die fielen gegenüber seiner ersten Frau und der gemeinsamen Tochter Annalena großzügig aus, blieben unterm Strich nur an die 3500 Euro netto. Das ist sicher viel mehr, als etliche Menschen in Deutschland verdienen, aber eben auch nicht so viel, dass man in Saus und Braus ohne Rücksicht auf Verluste leben kann. Zumal gerade dann nicht, wenn man wie mit mir eine Partnerin zur Seite hat, die als lange Zeit alleinerziehende nicht auf einem dicken Sack Geld sitzt. Im Gegenteil, nennenswerte finanzielle Rücklagen waren bei mir Fehlanzeige. Es gab kein Erspartes und so konnten wir uns nicht einfach mal eben kaufen, was wir wollten.
    Der Besitzer des Hauses schaltete jedoch zunächst auf stur. Erst nach weiteren Treffen und Verhandlungsgesprächen einigten wir uns auf einen Kaufpreis von 415 000 Euro. Dass Christian und ich dafür einen sehr hohen Kredit aufnehmen mussten und dieses für Diskussionsstoff sorgte und Vorwürfe mit sich zog – dazu an anderer Stelle mehr …
    Mit einem Mann zusammenzuziehen ist das eine. Mit einem Spitzenpolitiker, wie Christian es als Ministerpräsident von Niedersachsen nun einmal war, das andere. Die aufwendigen Aktionen wie Teppiche rauszureißen, Parkett verlegen zu lassen, die Küche zu erneuern, die Bäder mit neuen Armaturen aufzupeppen, Tapezieren, Streichen und den Garten neu anzulegen, sind da mehr oder weniger nur die Schönheitsarbeiten, für die wir alles in allem aber auch noch einmal an die 90 000 Euro investierten. Aber, wie erwähnt, fast nebensächlich, denn schließlich gab es noch die Beamten vom Landeskriminalamt, die ihren Job machen mussten, und dieser war, die Sicherheit meines Mannes zu gewährleisten. Dies bezog sich auf die Anschlagsgefahr und die Gefährdungsanalyse. Den Schutz des Politikers in seinen eigenen vier Wänden, wofür sicherheitstechnische Umbauten erforderlich waren.
    Nur wenige Tage nachdem wir den Kaufvertrag für das Haus unterschrieben hatten, kamen Mitarbeiter des LKA und des staatlichen Baumanagements, um alles zu besichtigen. Einen ersten Eindruck von deren Arbeit und Vorgehensweise hatte ich mir bereits in der Spinozastraße machen können, wo Christian und ich zuvor wohnten. Auch dort hatten die Beamten die Dachgeschosswohnung eingehend begutachtet.
    Da wir nicht wie viele andere Politiker eine 24-Stunden-Dauerüberwachung durch zwei in einem Container direkt vor dem Haus sitzenden Polizisten wollten, was übrigens die kostenintensivere Lösung gewesen wäre, musste unsere Immobilie anders abgesichert werden. Sämtliche Fensterscheiben wurden daraufhin durch schusssicheres Panzerglas ersetzt, Kameras wurden im Eingangsbereich installiert, dazu Scheinwerfer mit Panikbeleuchtung, rund um das ganze Haus buddelten Arbeiter zunächst tiefe Löcher, um dann Zement einzugießen, schwarze Stahlpfeiler einzulassen, auf denen schließlich über zehn Überwachungskameras thronten. Auch an der Rückseite des Hauses wurden weitere Kameras angebracht. Dazu im Haus die ganze Technik wie beispielsweise Bildschirme, auf denen wir die verschiedenen Einstellungen der Kameras verfolgen konnten. Darüber hinaus wurden aus Sicherheitsgründen die drei Verbindungstüren nach außen, also unsere Haustür, der Durchgang zur Garage und auch die Tür unseres Hauswirtschaftsraums, durch
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