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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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bedrückt sie war und dass sie sich nur mühsam zusammenriss.
    »Ich bezweifle stark, dass es zwei Gavins mit roten Haaren gibt, die beide Autolackierer sind und öfter im Longueville Hotel Darts spielen«, fauchte Ruby, die die feuchten Handtücher einsammelte. Sie tat einen tiefen Atemzug, um sich zu beruhigen. »So viele Zufälle gibt es nicht.«
    Sie war völlig außer sich, versuchte aber, es sich nicht anmerken zu lassen. Ihr Gavin und Chrissie Williams? Sie durfte sich das gar nicht vorstellen! Er habe an diesem Tag noch länger in der Lackiererei zu tun, hatte er gesagt, und werde nicht vor ein oder zwei Uhr fertig sein. Ob er sie angelogen hatte? Ruby musste sich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen.
    Barbie, die telefoniert hatte, legte den Hörer auf und wandte sich langsam um. »Ruby, bleib bitte noch einen Moment da, ich muss mit dir reden«, sagte sie dumpf.
    Ruby blickte kurz auf und nickte. Es war ein heißer Februartaggewesen. Jetzt wurde es schwül. Dunkle Wolken zogen über den Himmel. Ruby war immer schon abergläubisch gewesen, das hatte sie von ihrer Mutter, und sie war überzeugt, dass gewitterschwüle Tage wie dieser schlechte Nachrichten brachten. Es schien, als sollte sie Recht behalten.
    Marissa hatte den Eimer samt Putzlappen an seinen Platz zurückgestellt, griff nach ihrem Regenschirm und ging zur Ladentür.
    »Wenn ich mich beeile, kriege ich noch den Bus um halb eins«, rief sie den anderen zu.
    Es war ihr ein bisschen unangenehm, dass sie nicht dablieb, um Ruby zu trösten, aber sie wusste nicht, was sie ihr sagen sollte. Normalerweise gingen sie nach der Arbeit zusammen ein Stück die Straße hinauf, wo Marissa in den 421er stieg, der nach Chatswood, den angrenzenden Vorort, fuhr. Ruby ging von dort aus zu Fuß nach Hause.
    »Geh nur«, sagte Ruby. Sie wollte selbst so schnell wie möglich nach Hause und sich bei ihrer Mutter ausweinen. »Wir sehen uns dann Montagmorgen.«
    »Okay. Ruf mich an, wenn du jemanden zum Reden brauchst.« Marissa winkte ihr kurz zu und huschte hinaus.
    Ruby drehte sich zu Barbie um, die, wie sie jetzt erst bemerkte, ein betretenes Gesicht machte. Eine düstere Vorahnung überkam sie. Sie wartete, aber Barbie schwieg. Sie arbeitete seit achteinhalb Jahren in diesem Salon, in dem sie auch ihre Lehre gemacht hatte, und kannte Barbie als strenge, anspruchsvolle und kritische, zugleich aber auch gerechte Chefin.
    »Stimmt was nicht?«
    »Das war mein Vermieter, der gerade angerufen hat«, erwiderte Barbie stirnrunzelnd. »Mein Mietvertrag läuft aus, und wir hatten schon einige Male eine kleine Diskussion wegen der Miete.«
    »Oh.«
    Ruby nahm an, Barbie wollte wie so oft, wenn sie etwas bedrückte, ihre Meinung dazu hören. Barbie versicherte ihr immerwieder, dass sie ausgezeichnete Arbeit leiste und sie gar nicht wisse, was sie ohne sie machen würde.
    »Letzte Woche meinte er, er werde meine Miete möglicherweise um fünfzig Prozent erhöhen müssen, und das wäre ein schwerer Schlag für mich, Ruby. Gerade eben hat er mir die Mieterhöhung bestätigt. In den nächsten Monaten sollen zwölf Läden hier in der Straße grundlegend renoviert werden, und selbstverständlich werden die hohen Kosten dafür auf die Mieter umgelegt.«
    »Aber der Laden läuft doch gut, oder?«
    Ruby hoffte, dass Barbie nicht etwa daran dachte, den Salon zu schließen. Sie hatten eine treue Stammkundschaft und waren normalerweise von Montag bis Freitag ausgebucht. Und samstagvormittags hatten sie meistens eine Hochzeitsgesellschaft, die sich für die Trauung hübsch machen ließ.
    Rubys Traum war ein eigener Frisiersalon, aber sie und Gavin hatten beschlossen, erst einmal für die Autolackiererei zu sparen, die er nach der Hochzeit eröffnen wollte. Das heißt, er hatte das beschlossen. Immerhin werde er derjenige sein, der die Brötchen verdiene, sobald sie verheiratet seien, hatte er argumentiert, und Ruby musste ihm Recht geben. So hatte sie ihren Traum zwangsläufig zurückgestellt. Doch das hatte sie nicht davon abgehalten, sich einen leer stehenden Laden anzusehen. Sie hatte sogar mit der Eigentümerin gesprochen, die in dem Anbau nebenan wohnte, und die war ganz angetan gewesen von dem Gedanken, ihr das Geschäft zu vermieten. Sogar einen Namen für ihren Salon hatte sich Ruby schon ausgedacht: Creative Hair by Ruby. Der Laden lag an einer Hauptstraße nicht weit von ihrer Wohnung entfernt, aber weit genug von Barbies Salon, sodass sie ihr keine Konkurrenz machen
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