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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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würde. Als sie mit Gavin darüber gesprochen hatte, hatte er sich taub gestellt und darauf bestanden, dass sie sich zuerst nach einem geeigneten Platz für seine geplante Werkstatt umsahen.
    »Na ja, im Großen und Ganzen kann ich nicht klagen, Ruby«, antwortete Barbie, »aber ich kann nicht dein Gehalt undgleichzeitig so viel mehr Miete zahlen. Das musst du verstehen. Es tut mir wirklich leid.«
    Ruby starrte sie entgeistert an. »Was? Sie wollen mich entlassen?«
    »Ich habe es genau durchgerechnet. Ich kann unmöglich ein volles Gehalt und einen Lehrling bezahlen, und Marissa kann ich nicht kündigen – sie hat einen Ausbildungsvertrag, an den ich mich halten muss. Das heißt, ich muss mich von dir trennen.«
    Ruby wurde blass. Eine Sekunde lang fehlten ihr die Worte. Dann sagte sie: »Wie hätten Sie das alles heute ohne meine Hilfe geschafft, mit nur einem Lehrling? Marissa wäre niemals imstande gewesen, mich zu ersetzen!«
    »Das weiß ich doch. Mir wird nichts anderes übrig bleiben, als weniger Kunden anzunehmen. Aber Marissa befindet sich bald im dritten Lehrjahr, sodass ich ihr auch mehr Verantwortung übertragen kann. Es tut mir wirklich leid, Ruby«, fügte sie bedauernd hinzu. »Du wirst mir fehlen.«
    Ruby war am Boden zerstört. Zwei schwere Nackenschläge an einem Tag waren mehr, als sie verkraften konnte. Sie schüttelte langsam den Kopf und flüsterte fassungslos: »Ich kann nicht glauben, dass Sie mich einfach so rauswerfen.«
    »Genau genommen werfe ich dich ja nicht raus. Ich lasse dich gehen. Und du kriegst ein hervorragendes Zeugnis von mir. Eine gute Friseurin wie du findet schnell wieder eine Stelle. Wäre die Sache mit der Renovierung und der Mieterhöhung nicht dazwischengekommen, hätte ich dich gern behalten, aber es ist weiß Gott kein Luxus, dass die Häuser hier auf Vordermann gebracht werden.«
    Ruby hörte nur mit halbem Ohr zu. Im nördlichen Sydney gab es nicht allzu viele Frisiersalons, bei denen sie sich bewerben konnte, und das bedeutete, dass sie lange Arbeitswege in Kauf nehmen musste, was wiederum bedeutete, dass sie weniger Zeit für ihre Mutter und für ihren Verlobten hatte – falls Gavin überhaupt noch ihr Verlobter war. Von den zusätzlichen Kosten für Bus oder Bahn einmal ganz abgesehen. Täglich öffentliche Verkehrsmittelbenutzen zu müssen lief ins Geld, und es würde viel länger dauern, bis sie sich ihren eigenen Salon würde leisten können.
    »Komm Montag vorbei, dann zahle ich dir dein Restgehalt aus«, sagte Barbie. Draußen hupte jemand. Sie warf einen raschen Blick aus dem Fenster und sah ihren Mann im absoluten Halteverbot stehen. »Das ist Freddie, ich muss los.«
    Sie griff nach ihrer Handtasche und stellte das Radio ab. Lulu hatte gerade To Sir with Love gesungen, einer von Rubys und Marissas Lieblingssongs. Marissa gefiel der Schlager so gut, dass sie die Haare jetzt genau wie Lulu trug.
    Barbie hatte es eilig. Sie schob Ruby zur Tür hinaus und schloss hinter ihnen ab. Fred McKenzie wartete in einem nagelneuen Holden Monaro Sportcoupé auf seine Frau. Er lächelte und winkte. So schlecht kann es ihnen ja nicht gehen, wenn sie sich so ein schickes neues Auto leisten können, dachte Ruby bitter. Es fiel ihr schwer, die Hand zu heben und zurückzuwinken.
    »Wir sehen uns dann Montag. Du brauchst nicht in aller Frühe herzukommen, schlaf ruhig aus.« Barbie zögerte und fügte dann hinzu: »Mach dir keine Sorgen, Ruby. Du bist gut in deinem Beruf, und du hast den jungen, modischen Look, der bei den trendigen Salons gefragt ist. Du kommst schon klar.« Damit eilte sie zu dem wartenden Auto.
    Ruby stand wie angewurzelt auf dem Bürgersteig und starrte ihr nach. Einige Passanten musterten neugierig die schlanke, attraktive junge Frau mit den kurzen, fast schwarzen Haaren und dem üppigen Pony, der so groß in Mode war. Sie hatte wunderschöne tiefblaue, schwarz umrandete Augen, die jetzt allerdings in Tränen schwammen.
    Als der Wagen der McKenzies sich in den dichten Samstagsverkehr einfädelte, fielen die ersten Regentropfen.
    Der Himmel schien mit Ruby zu trauern.
    Dieser Roman ist im Buchhandel erhältlich:
ISBN 987-3-404-16757-9
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