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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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halbe Stunde später fuhr Gollek seinen Lkw vom Parkplatz und steuerte der Autobahn zu. Diesen Auftrag durfte er sich nicht entgehen lassen.
    Zur selben Zeit legte die junge Kriminalkommissaranwärterin Jenny Galland das Antwortfax wegen eventueller Vorstrafen des Thorsten Gollek auf Ottakrings Schreibtisch. Die Gerichtsakte war ziemlich umfangreich.
    Gollek, Thorsten, geboren 30.   Juni 1958 in Wischhafen (Südelbe), drittes von vier Kindern der Verkäuferin Waltraud Gollek, der einzige Junge. Als er seinen Vater erhängt auf dem Dachboden findet, ist er vier Jahre alt. Seine Mutter hat in der Folge immer wieder wechselnde Liebhaber. Mit vierzehn Jahren bedrängt er zum ersten Mal eine Frau sexuell, auf einer Zugtoilette. Im August 1973 greift Gollek, jetzt fünfzehn, im Freibad unter Wasser einem Mädchen an die Brust und zwischen die Beine. Schließlich, Anfang der Achtziger, drei versuchte Vergewaltigungen mit brutaler Gewalt: ein gebrochenes Nasenbein, Würgemale am Hals, abgesplitterte und eingeschlagene Zähne. Eines der Opfer, las Ottakring in der beigefügten Kopie der Akte, ist heute noch gezeichnet. Die von Golleks Schlägen aufgeplatzte Haut an den Wangen der Frau hat hässliche Narben gebildet. Drei Haftstrafen, insgesamt sechs Jahre, muss er absitzen.
    Vor allem ein Merkmal fiel Ottakring beim Durchlesen auf: Bei allen drei versuchten Vergewaltigungen setzte Thorsten Gollek seinen Tagesablauf danach wie geplant fort, als sei nichts gewesen. Einmal geht er nach der Tat weiter anstreichen, als er eine Zeit lang als Maler arbeitet. Beim letzten Mal ist er bereits Fernfahrer. In einer Pause nimmt er an einer Skatrunde teil. Und nach der Straftat kehrt er zu seinen Kumpels zurück und spielt weiter, als sei nichts gewesen.
    »Wir müssen uns auf einen harten Hund gefasst machen«, sagte Ottakring zu Jenny Galland, bevor er eine halbe Stunde später an der Tür der Familie Gollek in Rosenheim-Fürstätt schellte, mit allen Vollmachten des Staatsanwalts im Handgepäck.
    Das Einfamilienhaus der Golleks lag nahe der Bahnlinie und grenzte an ein Feld. Es war das letzte in der Straße und sah aufgeräumt aus. Ziersträucher entlang des Zauns, eine Rabatte mit ersten Frühlingsblumen, die zum Eingang führte. Ein mittelgroßer Wuschelhund kam ihnen schwanzwedelnd entgegen.
    Helen Gollek war eine mittelgroße, gepflegte Frau mit sorgenvollem Gesicht und umwölktem Blick, tadelloser, etwas altmodischer Frisur. Sie trug Jeans und eine burgunderrote Strickjacke, als sie die Tür öffnete.
    Ottakring wies sich aus und stellte sich und seine Kollegin vor. »Kripo Rosenheim. Wir möchten Ihren Mann sprechen. Thorsten Gollek.«
    Kein Erschrecken war in den Augen der Frau zu lesen, eher Verständnis. »Mein Mann ist nicht da. Weshalb wollen Sie ihn denn sprechen?«
    Ottakring wandte sich Jenny zu. Die verstand und sagte: »Wir brauchen einige Informationen in einem Mordfall.«
    Frau Gollek war keine Überraschung anzumerken. Sie tat unbefangen. »Ach ja«, sagte sie. »Sie haben den Fall mit der toten Italienerin noch nicht gelöst, stimmt’s?«
    Ottakring hatte keine Lust auf Unterhaltung. »Wo ist Ihr Mann?«, fragte er scharf. »Wir brauchen seine Aussage.«
    Als sie erklärte, dass er vor einer halben Stunde seinen Laster geholt und weggefahren sei, straffte sich Ottakrings Figur, und die Anwärterin wurde nervös.
    »Hier«, sagte Helen Gollek und kramte hinter sich im Flur in einem Kübel, »sind die Details.« Sie reichte Jenny den Zettel, auf dem sie die Einzelheiten des Anrufs für ihren Mann notiert hatte.
    »Geben Sie uns bitte seine Handynummer«, ordnete Jenny in einem Ton an, als ob sie es gewohnt wäre, Anordnungen zu erteilen.
    Frau Gollek ging zurück ins Haus und kam mit einem weiteren Zettel wieder.
    »Wir hätten Sie gern einen Augenblick gesprochen, Frau Gollek«, sagte Ottakring. »Dürfen wir hereinkommen?«
    »Aber bitte.«
    Jenny warf ihrem Chef einen erstaunten Blick zu. Selbst als sie aufgeregt auf ihr Handy deutete, blieb er gelassen.
    Der hellbraune Hund folgte ihnen hinein.
    Das Haus war aufgeräumt. Eine Terrassentür führte vom Wohnzimmer in den Garten, der nach hinten unbegrenzte Sicht auf Wiesen und einen entfernten Wald bot. Rechts an der Wand ein Aquarium, vor dem Fenster Immergrün.
    Ottakring hieß Helen Gollek, sich zu setzen, und zog sich selbst einen Stuhl heran.
    Jenny beschäftigte sich mit dem Hund.
    »Wissen Sie von den Vorstrafen Ihres Mannes?«, fragte Ottakring. Er sah
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