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Jenny ist meistens schön friedlich

Jenny ist meistens schön friedlich

Titel: Jenny ist meistens schön friedlich
Autoren: Kirsten Boie
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geht, und das weiß Jenny auch ganz genau. Trotzdem will sie jetzt, dass Lisa ihr gehorcht. Schließlich hat sie Mama versprochen, aufzupassen.
    »Na, wird’s bald?«, fragt Jenny und stemmt die Hände in die Hüften. »Nichts als Ärger hat man mit euch Kindern!«

    Aber Lisa lacht immer noch. Das neue Spiel gefällt ihr gut, auch wenn sie es nicht so ganz richtig versteht.
    »Lenny!«, ruft Lisa.
    Da reißt Jenny die Geduld. Das sagt Mama immer, »jetzt reißt mir aber die Geduld«, und das tut sie bei Jenny jetzt auch. Schließlich hat sie es lange genug im Guten versucht.

    »Schluss, aus!«, schreit Jenny und zerrt Lisa auf den Flur. »Schluss, aus!« Und sie macht die Klotür auf und schubst Lisa nach drinnen. Dann setzt sie sich vor die Tür und stemmt die Hände dagegen, damit Lisa nicht mehr rauskann.
    Papa hat ihr erzählt, dass sie ihn als Kind ins Klo gesperrt haben, wenn er widerspenstig war. Jenny hat gar nicht richtig verstanden, was widerspenstig ist. Aber jetzt weiß sie es. Lisa ist widerspenstig, den ganzen Tag schon, und wie!
    Lisa ist sogar auf dem Klo noch widerspenstig.
    »Lenny!«, schreit sie. »Lenny, Lenny, Lenny, Lenny«, und dann trommelt sie mit den Fäusten und heult.
    »Geschieht dir recht«, murmelt Jenny, aber ihr werden auch langsam die Arme lahm vom vielen Gegen-die-Tür-Stemmen, und ein ganz bisschen tut ihr Lisa da im Klo auch leid.
    Sie macht die Tür wieder auf und holt Lisa auf den Flur.
    »Nun weißt du, was passiert«, sagt Jenny streng. Aber Lisa hängt sich an ihre Beine und weint, und da nimmt Jenny sie in die Arme und singt »Heile, heile«.
    Papa schließt die Wohnungstür auf. »Alles in Ordnung?«, fragt er. »Ich bin in einen Stau geraten. Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht.«
    »Musst du doch nicht, Papa«, sagt Jenny und streichelt Lisa über den Kopf. »Ich war ja da und hab aufgepasst.«
    »Ja, Gott sei Dank«, sagt Papa.

[zurück]
Bazillen

    In einer Woche wird Oma Elli siebzig, und Jenny soll ein Gedicht aufsagen, das Papa selbst gedichtet hat.
    »Nein!«, sagt Jenny. »Das mach ich nicht!«
    »Und wenn ich dich schön bitte, Jennymaus?«, fragt Mama. »Ich möchte so gerne stolz auf mein großes Mädchen sein!«
    »Nein!«, sagt Jenny und stampft sogar ein bisschen mit dem Fuß.
    Der Geburtstag wird in einem Lokal gefeiert, mit allen Onkeln und Tanten, und die Freundinnen von Oma kommen auch. Jenny und Lisa haben neue Kleider gekriegt, rosa und genau gleich, und dazu weiße, ganz dünne Strumpfhosen, wie richtige Frauenstrümpfe.
    »So süß seht ihr aus!«, sagt Mama. »Denk mal, wie die alle klatschen, wenn du dann so hübsch dein Gedicht aufsagst, Jenny! Du kannst es doch bestimmt schon auswendig.«
    »Hm«, macht Jenny. Und dann will sie ein bisschen angeben und sagt noch schnell:
    »Ich bringe heut dir Blumen dar,
    Großmütterlein im weißen Haar,
    und dankbar ist das Kinderherz …«
     
    »Ich hab’s ja gewusst«, sagt Mama glücklich und drückt Jenny ganz fest. »Du wirst sehen, Jenny, es wird gar nicht so schlimm.«

    Dann kommt der Freitag, und am Samstag soll das Fest sein.
    »Ich möchte doch nicht so gerne,
    Mami«, bettelt Jenny. Sie stellt sich vor, wie sie zwischen den Tischen steht und alle starren sie an und lächeln so komisch. »Nur das neue Kleid ist doch auch schön! Da kannst du doch auch stolz auf deine beiden Mädchen sein!«
    »Das Gedicht wird aufgesagt!«, sagt Mama gereizt. Sie hat heute keine Zeit, lieb und geduldig zu sein. Lisa hängt den ganzen Tag im Wohnzimmer im Sessel vor dem Fenster mit ganz rotem Kopf und hat Fieber. Wenn sie wach ist, quengelt sie nur, und wenn Jenny ihr ganz lieb eine Puppe oder ein Bilderbuch geben will, haut sie danach und schreit.
    »Lisa ist biestig, Mama«, sagt Jenny. »Sie haut mich immer.«
    »Lisa ist krank«, sagt Mama. »Das siehst du doch! Da wirst du morgen wohl mit Papa allein zum Geburtstag gehen müssen. Schade um Lisas schönes neues Kleid!«
    Da geht Jenny in ihr Kinderzimmer und setzt sich auf den Boden. Es ist doch wirklich ungerecht, dass jetzt Lisa krank geworden ist und nicht zum Fest muss, wo sie gar kein Gedicht aufsagen soll, und Jenny, die sich ganz schrecklich vor morgen grault, ist kerngesund.
    Aber vielleicht kann man das noch ändern?

    »Lisa!«, ruft Jenny und läuft zurück ins Wohnzimmer. Lisa hängt immer noch in ihrem Sessel und schläft, und in der Küche hört Jenny Mama mit den Schranktüren klappen. »Lisa, wach mal auf! Huste mal!«
    Lisa macht die
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