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Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
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Leibwächtern, Panzerglas und fünffachem Ganzkörper-Scannerschutz, nichts wäre so sicher wie ein von Müttern bewachter Spielplatz zu Beginn des neuen Jahrtausends in Berlin.«
    Die Möglichkeiten von Kindern, ohne Aufsicht zu spielen, haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch verringert. Höhen erklimmen, Geschwindigkeiten einschätzen lernen, den Umgang mit Feuer und Wasser oder Steinen: Nur noch wenige Kinder kommen in den Genuss, an diesen Herausforderungen zu wachsen.
    Sind nicht alle Räume längst erobert, besetzt, in Beschlag genommen? Mischen wir uns nicht ständig ein in das Spiel der Kleinen, aus Sorge, sie könnten allein nicht zurechtkommen? Ermahnen wir nicht mehr, als zu ermuntern? Geben wir nicht dauernd Antworten auf Fragen, die nie gestellt wurden?
    Wie soll ein Kind lernen, sich selbst zu vertrauen, wenn es ständig bewertet wird?
    Dahinter steht die Angst der Eltern davor, dass ihr Kind später nicht mithalten kann. Das bewies auch die fast hysterische Debatte um das Buch der chinesischen Yale-Professorin Amy Chua. Sie beschreibt in » Schlachtgesang der Tigermutter«– so heißt ihr Werk im Original–, wie sie ihre Kinder auf den Kampf der Kulturen vorbereitet. Sie durften nie bei Freunden übernachten, mussten stundenlang Klavier und Geige üben und durften nicht spielen, wenn sie das Bedürfnis danach hatten. Die Erziehung des Westens brächte Verlierer, die Erziehung des Ostens Gewinner hervor. Menschen, die sich durchsetzen können, in Zeiten, die kalt zu werden drohen. Nur wer früh Härte spüre, könne später bestehen.
    Bei uns wird das Buch zwar als Mutter des Erfolgs verkauft, aber die Kampfansage hat Deutschland längst erreicht. In den Städten tobt ein Wettbewerb um die beste Förderung, so früh wie möglich. Der neueste Schrei ist das Angebot, Kindern die Gebärdensprache beizubringen, bevor sie überhaupt sprechen können. In Zeichen und Signalen sollen sich die Kleinen verständlich machen, damit Mama und Papa verstehen. Sie wollen die Pole Position, damit ihr Kind durchstarten kann. Der Turbo wird gleich nach dem Kreißsaal eingelegt, wenn es um die besten Kindergärten und die effektivsten Lehrer noch vor der Schule geht, wenn die Kleinen Sprachen und Mathe lernen und ihr Dasein nicht mit versonnenem Spiel im Sandkasten fristen sollen. Dann folgen, am besten, die bilinguale Schule und im Schnelldurchlauf noch ein paar Jahre bis zum Abitur.
    Schon vor fast 20 Jahren hatten die deutschen Finanzminister ihren Kulturministern empfohlen, den Kindern ein Jahr Schule wegzunehmen. Je früher weg von der Tafel, umso schneller bereit für den Arbeitsmarkt, umso mehr Steuern würden eingenommen werden. Ein Gymnasiast, so rechnen Experten, kostet den Steuerzahler 5000 Euro im Jahr. Eine Klasse spart in einem Jahr weniger Schulzeit knapp 150 000 Euro, so kann man es sehen. Dafür muss Wissen schneller eingetrichtert werden, in 39, 40 Stunden pro Woche. Wären Schüler gewerkschaftlich organisiert, die Schulen würden dauerbestreikt.
    Unser Begriff vom Lernen wird vor allem in der Schule geprägt. Von Lehrern, die verlangen, dass wir in einer Zeit, die sie oder ihre Vorgesetzten in Ministerien vorgeben, Ergebnisse liefern. Resultate. Es wird nicht geprüft, ob wir verstanden haben, dafür fehlt oft die Zeit. Es wird verlangt, dass wir die uns eigene Lerngeschwindigkeit und damit unser Wesen nicht ernst nehmen: Wir haben uns in das zu fügen, was andere vorgeben. Fehler, die wir machen, führen nicht dazu, so lange zu üben, bis man vielleicht die richtige Lösung präsentiert. Fehler führen dazu, dass wir hoffnungslos in Rückstand geraten, weil andere schneller sind und nicht warten wollen oder können. So vergeht die Lust am Lernen. Der Zwang zur Leistung verleidet diese Urlust, mit der wir alle auf die Welt gekommen sind.
    Doch wir lernen nur, wenn wir einen Sinn darin sehen, uns neues Wissen anzueignen. Wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind der richtige, sagte vor 2000 Jahren schon Seneca, der schlaue Römer. Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Dieser Satz unserer Lehrer von früher stimmt bis heute. Was aber in Vergessenheit gerät, ist das Verstehen, das Aha-Erlebnis, das wunderbare Gefühl, sich ein Stück der Welt erschlossen zu haben. Mit eigenen Gedanken begriffen zu haben, was andere vor mir gemeint haben könnten.
    Jedes Jahr investieren Eltern mehr Geld in Nachhilfe, sie ist längst zum Milliardenmarkt geworden. Ein Viertel der Gymnasiasten
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