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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein
Autoren: Hans Fallada
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machen, KunoDieter», ruft Borkhausen nun wirklich erschrocken aus. «Du wirst mir doch nicht die Polente auf den Hals hetzen! Jetzt, wo ich endlich mal wieder raus bin aus dem Bunker und mir richtig gebessert habe? Ich hab ein Zeugnis vom Pastor, ich hab mir wirklich gebessert, und ich faß nischt Verbotenes mehr an mit meine Hände, det schwör ick dir! Aber ick hab gedacht, wo du 'n Gut hast und so in der Fettlebe sitzt, daß du deinen alten Vater auch mal ein bißchen bei dir ausruhen läßt! Es jeht mir jar nich jut, KunoDieter, ich hab's auf der Brust, ich muß mal 'n bißchen pausieren ...»
    «Dein bißchen Pausieren, das kenn ich!» ruft der Junge erbittert aus. «Ich weiß, wenn ich dich nur für einen Tag in unser Haus lasse, so machst du dich breit und bist nicht wieder wegzukriegen, und mit dir ist Unfriede und Un-glück und Schmarotzerei ins Haus gezogen. Nein, jetzt machst du, daß du von meinem Wagen runterkommst, sonst drehe ich wirklich die Peitsche um!»
    Der Junge hatte den Wagen halten lassen und war von ihm abgesprungen. Jetzt stand er da, die Peitsche in der Faust, zu allem bereit, um den Frieden des neuerworbenen Heims zu verteidigen.
    Der ewige Pechvogel Borkhausen sagte kläglich: «Das wirste doch nich machen! Deinen eigenen Vater wirste doch nich schlagen!»
    «Du bist ja gar nicht mein Vater! Das hast du mir früher leider oft genug gesagt!»
    «Det is doch een Witz jewesen, KunoDieter, vasteh det doch bloß!» «Ich hab keinen Vater!» schrie der Junge, rasend vor Zorn. «Ich hab eine Mutter, und ich fang ganz von frischem an. Und wenn da Leute kommen von früher und sagen dies und das, dann prügle ich sie so lange, bis sie mich zufrieden lassen! Ich laß mir mein Leben nicht von dir verderben!»
    Er stand so drohend da mit der erhobenen Peitsche, daß der Alte wirklich Furcht bekam.
    Er kroch vom Wagen und stand nun auf der Straße, feige Angst im Gesicht.
    Feige drohend entgegnete er: «Ick kann dir viel Schaden machen .»
    «Darauf hab ich gewartet!» rief Kuno Kienschäper.
    «Auf das Betteln folgt das Drohen, so ist es immer bei dir gewesen! Aber das sage ich dir, das schwör ich dir zu: Von hier fahre ich direkt zur Polizei und erstatte Anzeige, daß du mir gedroht hast, unser Haus anzuzünden ...»
    «Det ha ick ja jar nich jesagt, KunoDieter!»
    «Aber gedacht hast du daran, das habe ich deinen Augen angesehen! Da geht dein Weg! Und merke dir, in einer Stunde sind die von der Polizei hinter dir her! Mach also, daß du schnell fortkommst!»
    Kuno Kienschäper stand noch so lange auf der Straße, bis die verschlissene Gestalt zwischen den Kornfeldern verschwunden war. Dann klopfte er dem Braunen Toni auf den Hals und sagte: «Was, Toni, wir lassen uns von so einem nicht noch mal das Leben verpfuschen? Wir haben's neu angefangen. Wie die Mutter mich in das Wasser gesteckt und mit ihren eigenen Händen allen Dreck von mir abgewaschen hat, da hab ich mir"s geschworen: Von nun an halte ich mich allein sauber! Und das wird gehalten!»
    In den nächsten Tagen wunderte sich Mutter Kienschäper manches Mal, daß der Junge so gar nicht vom Hofe zu kriegen war. Sonst war er immer der erste bei der Feldarbeit gewesen, und jetzt wollte er nicht mal die Kuh auf der Weide tüdern. Aber sie sagte nichts, und der Junge sagte nichts, und als die Tage gingen in den reifen Sommer hinein und die Roggenernte anfing, da ging der Junge mit seiner Sense doch hinaus .
    Denn was man gesät hat, soll man auch ernten, und der Junge hatte gutes Korn gesät.

Document Outline
    • Jeder stribt f^r sich allein
    • Zu diesem Buch
    • ❖❖
    • Erster Teil - Die Quangels
    • 1 Die Post bringt eine schlimme Nachricht
    • 2 Was Baldur Persicke zu sagen hatte
    • 3 Ein Mann namens Borkhausen
    • 4 Trudel Baumann verrat ein Geheimnis
    • 5 Enno Kluges Heimkehr
    • 6 Otto Quangel gibt sein Amt auf
    • 7 Nächtlicher Einbruch
    • 8 Kleine ^ berraschungen
    • 9 Nachtgespr^ ch bei Quangels
    • 10 Was am Mittwochmorgen geschah
    • 11 Es ist immer noch Mittwoch
    • 12 Enno und Emil nach dem Schock
    • 13 Siegestanz im Elysium
    • 14 Sonnabend: Unruhe bei Quangels
    • 15 Enno Kluge arbeitet wieder
    • 16 Das Ende der Frau Rosenthal
    • 17 Die erste Karte wird geschrieben
    • 18 Die erste Karte wird abgelegt
    Zweiter Teil - Die Gestapo
    19 Der Weg der Karten
    20 Ein halbes Jahr danach: Quangels
    21 Ein halbes Jahr danach: Kommissar Escherich
    22 Ein halbes Jahr danach: Enno Kluge
    23 Das Verhß r
    24
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