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Jeden Tag wurde ich dicker und müder: Mein Leben mit Hashimoto (German Edition)

Jeden Tag wurde ich dicker und müder: Mein Leben mit Hashimoto (German Edition)

Titel: Jeden Tag wurde ich dicker und müder: Mein Leben mit Hashimoto (German Edition)
Autoren: Vanessa Blumhagen
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weh. Plötzlich rannen mir Tränen über die Wangen, nicht nur wegen des überraschenden Schmerzes. Meine ganze Anspannung, die Hoffnung, jetzt endlich den Stein der Weisen gefunden zu haben, und die Enttäuschung, weil auch dieser Arzt wieder keine konkrete Idee zu haben schien, entluden sich in diesem Moment. Ich schluchzte, konnte mich kaum beruhigen. In den folgenden Wochen fuhr ich noch zweimal nach Lübeck. Aber schlussendlich brachten mich auch diese Besuche nicht weiter.

Die Psyche soll’s sein!
    Also ging ich wieder zu meinem Hausarzt. Ich sah ihm an, dass ihm langsam, aber sicher die Ideen ausgingen. Er hatte einen Kollegen zu sich gebeten, den ich gut kannte, meinen Zahnarzt. Und so saßen mir diese beiden Herren gegenüber, seltsam schweigsam. Ich spürte eine unbekannte Distanz zwischen ihnen und mir. Endlich ergriff der eine das Wort: »Wir haben uns lange beraten und müssten jetzt doch mal die psychische Seite ins Spiel bringen!« Ich spürte, wie das pure Entsetzen in mir aufstieg, meine Halsschlagader pochte wie verrückt, mir wurde heiß und ich fing an, innerlich zu beben ... »Die Psyche hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Körper. Vielleicht ist das der Schlüssel zu Ihren Beschwerden.« Sie hätten auch schon einen Kollegen ausfindig gemacht, der sich meiner annehmen sollte. Schweigen. Ich holte tief Luft, schaute die beiden an, stand auf und zischte: »Darauf hab ich gewartet. Das ist ja wohl das Letzte! Einen schönen Abend, die Herren!« Ich riss die Tür des Behandlungszimmers auf, ließ sie hinter mir ins Schloss fallen und verließ wortlos die Praxis. Draußen blieb ich in der kalten Winterluft stehen und spürte Tränen der Wut und der Verzweiflung über mein Gesicht laufen. Die zwei Ärzte, denen ich am meisten vertraute, in die ich immer wieder neue Hoffnung gesetzt hatte, waren mir in den Rücken gefallen. Sie hatten mich in die Psychoecke gestellt, mich als Simulantin bezeichnet, als ob ich einen an der Klatsche hätte! So sah ich das damals. Ich war aufgelöst und verzweifelt, weil ich wusste, dass meine Psyche vollkommen in Ordnung war, bevor das ganze Drama begonnen hatte. Natürlich hatte meine Seele in den letzten Jahren gelitten. Kein Wunder! Aber sie war nicht der Auslöser, das wusste ich zu hundert Prozent.
    Heute habe ich Verständnis für die beiden Mediziner. Sie haben alles versucht, was ihnen einfiel. Kein Bluttest, keine Untersuchung hatte ein Ergebnis gebracht. Keine Therapie hatte bisher angeschlagen. Und: Sie hatten definitiv einen langen Atem bewiesen. Zwei Jahre lang hatten sie mir immer wieder zugehört, sich immer wieder Gedanken gemacht, mit anderen Kollegen gesprochen, Bücher gewälzt, im Internet recherchiert. Dass schlussendlich die Schilddrüse und mein fehlgeleitetes Immunsystem die Auslöser sein sollten, hatten die beiden einfach übersehen, was nicht unbedingt nur ihre Schuld war ...

Ein ahnungsloser Endokrinologe
    Ein paar Tage nach diesem Vorfall sprach ich noch einmal mit meinem Hausarzt. Ich hatte ihm die »Psycho-Nummer« längst verziehen. Und er hatte verstanden, dass das nicht der Schlüssel zu meinen Problemen sein konnte. Dr. S. hatte noch eine andere Idee und schickte mich zu einem Endokrinologen, wohl gemerkt: einem Hormonspezialisten! Gleich am nächsten Morgen bekam ich einen Termin bei Herrn Dr. K. Als der ergraute, aber streng auf Jugendlichkeit bedachte Mann das Behandlungszimmer betrat, sprudelten meine Geschichte, die Symptome und Beschwerden nur so aus mir heraus: »Ich will unbedingt abnehmen! Ich möchte meine gute Laune und mein Wohlbefinden zurück! Ich hab meine Tage nicht mehr, obwohl ich erst 33 bin! Bitte helfen Sie mir, am besten ganz schnell!« Er schaute mich erschrocken an: »Wie können Sie mich nur so unter Druck setzen!« Ich war sprachlos. Er nahm mir Blut ab – mal wieder.
    Mittlerweile hatte sich diese Routineprozedur zu einem immensen Problem entwickelt. Durch die vielen Infusionen ein halbes Jahr zuvor waren meine Venen total vernarbt. Das heißt, die Schwester konnte sie zwar ertasten, aber wenn sie mit der Nadel reinstach, passierte nichts. Das bedeutete jedes Mal ein fröhliches Rumgestochere in meinen Armen und an den Händen. Ich blieb immer ruhig, schaute an die Decke, atmete tief ein und aus. Irgendwann musste die Tortur ja vorbeigehen. Nur die Herrschaften, die das Blut von mir haben wollten, wurden mit jedem Fehlversuch nervöser, was nicht unbedingt schneller zu einem befriedigenden
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