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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End
Autoren: Devan Sipher
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den Siebzigern?«
    »Genau so wie heute. Wir haben genau da weitergemacht, wo wir damals aufgehört hatten. Klar, behandelt sie mich manchmal wie einen Fünftklässler. Aber manchmal benehme ich mich ja auch wie einer.«
    Damit hätten wir ein schönes Zitat für das Video zu ihrem zwanzigsten Hochzeitstag, aber für heute nützte es mir gar nichts. Ich wurde noch ganz meschugge.
    »Duane –«
    »Nennen Sie mich doch ruhig Big Mac.« Lieber nicht.
    »Normalerweise lässt man die Frau, die man liebt, doch nicht einfach jemand anderen heiraten.« Das sagte ja genau der Richtige. Ich versuchte, unauffällig einen Blick auf mein Handy zu werfen, während Duane überlegte.
    »Wir waren gerade mit dem College fertig. Da hat sie mir plötzlich gesagt, dass sie einen Ring haben will«, sagte er.
    »Und Sie?«
    »Alles, was ich damals wollte, war eine neue Trompete.« Er lachte etwas beschämt. Dann wurde er plötzlich wieder nachdenklich. »Es ist irgendwie wirklich wie Musik, wenn man mal drüber nachdenkt.«
    »Wie bitte?«
    »Man sagt doch ›die Hochzeitsglocken läuten hören‹. Außer, dass dieses Gefühl eigentlich nicht wie Glockenläuten ist, eher wie der Beat von einer Bassdrum. Gleichmäßig und langsam, dann lauter und kraftvoller, je mehr Leute dazukommen, mit Bongos und Tomtoms. Aber den Hochzeitsbeat hört eben nicht jeder. Obwohl, nein, stimmt nicht. Hören kann ihn eigentlich schon jeder, aber manche ignorieren ihn einfach. Manche Leute denken, sie hätten einen anderen Beat in sich. Die wollen nach ihrem eigenen Rhythmus leben. Und wenn sie Glück haben, funktioniert das auch. Sie finden irgendwann ihren ganz eigenen Groove. Aber eines Morgens wachen sie auf, und plötzlich ist ihnen klar, dass es nie jemand anderen geben wird, der gemeinsam mit ihnen auf diesen Groove abgeht.«
    Der Hochzeitsbeat.
    Den hörte ich seit etwa fünf Jahren ununterbrochen in meinem Kopf, nur fühlte es sich ganz und gar nicht gut an. Woche für Woche, mit jedem Pärchen wurde er lauter. Ein donnerndes Dröhnen, das alles andere übertönte. Das immer da war. Das mich so lange durchdrang, bis ich endlich zugab, dass ich ein Versager war, was die Liebe anging. Dass ich dabei versagt hatte, sie zu finden. Dass ich dabei versagt hatte, sie mit jemandem zu teilen.
    Mein Handy klingelte. Melindas Nummer stand im Display. Ohne weiter drüber nachzudenken ging ich dran.
    »Sie will nicht mit Ihnen reden!«
    Die wütende männliche Stimme traf mich unvorbereitet.
    »Hören Sie auf, sie anzurufen«, befahl Alexander. »Hören Sie damit auf, oder Sie werden es noch bitter bereuen.« Dann legte er auf.
    Ich war viel zu schockiert, um zu reagieren. Und ich konnte es Alexander auch nicht verdenken, dass er sauer auf mich war. Andererseits – er hätte sich nicht gemeldet, wenn ihn meine Anrufe nicht verunsichern würden. Und dass sie ihn verunsicherten, musste bedeuten, dass –
    Ich rannte bereits auf die Treppe zu und sah Liams verwirrten und Duanes fragenden Gesichtsausdruck nur noch aus dem Augenwinkel. »Sorry«, rief ich ihnen zu. »Ich muss weg. Hochzeitsnotfall.«
    Ich sprintete die hundertachtunddreißigste Straße hinunter. Ich setzte einen Job aufs Spiel, den ich auf gar keinen Fall riskieren durfte. Ich sollte lieber zurückgehen, mich bei Liam entschuldigen und mich zusammenreißen. Genau das befahl ich mir, während ich ein Taxi anhielt und dem Fahrer Melindas Adresse gab.
    Das Taxi raste durch die dunklen Straßen, trotzdem kam es mir vor, als wären wir ewig lange unterwegs. Wodurch ich Zeit hatte, noch einmal darüber nachzudenken, was ichhier gerade tat und ob es wirklich so eine weise Entscheidung war. Genau das war eben meine größte Schwäche: Ich machte mir zu viele Gedanken. Jede Entscheidung stellte mich vor unglaubliche Schwierigkeiten, weil ich keine Wahl treffen konnte, ohne vorher alle Fakten genau zu kennen. Was sich in meinem Berufsleben immer ausgezahlt hatte, behinderte mein Privatleben ungeheuer. Ich musste endlich loslassen. Ich musste endlich mal die Biene sein.
    Nein, das war viel zu allgemein. Ich plapperte damit nur wieder die Ratschläge anderer Leute nach, obwohl ich eigentlich keine fremde Meinung brauchte, um zu wissen, was ich wollte. Ich wollte Melinda. Von Anfang an hatte ich sie gewollt. Trotzdem hatte ich gezögert, hatte wie immer abgewartet, um erst mal die Fakten genau zu analysieren. Dabei gab es keine Fakten. Es ging hier nur um ein Gefühl. Und mir war nicht klar gewesen, wie
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