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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen
Autoren: Unknown
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redet nicht mit dir«, sagte Eloise. »Ramona, erzähl Mary Jane doch bitte von Jimmy.«
    »Was soll ich ihr erzählen?«
    »Steh bitte grade. … Erzähl Mary Jane, wie Jimmy aussieht.«
    »Er hat grüne Augen und schwarze Plaare.«
    »Was noch?«
    »Keine Mama und keinen Papa.«
    »Was noch?«
    »Keine Sommersprossen.«
    »Was noch?«
    »Ein Schwert.«
    »Was noch?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Ramona und kratzte sich wieder.
    »Er klingt wunderbar !«, sagte Mary Jane und beugte sich noch weiter auf ihrem Stuhl vor. »Ramona. Sag mal. Hat Jimmy auch seine Galoschen ausgezogen, als du hereingekommen bist?«
    »Er hat Stiefel«, sagte Ramona.
    »Großartig«, sagte Mary Jane zu Eloise.
    »Das glaubst nur du. Ich hab das hier den ganzen Tag. Jimmy isst mit ihr. Badet mit ihr. Schläft mit ihr. Sie schläft ganz außen auf einer Bettseite, damit sie ihm nicht wehtut, wenn sie sich umdreht.«
    Von dieser Information offenbar tief beeindruckt und erfreut, zog Mary Jane die Unterlippe ein und ließ sie wieder los, um zu fragen: »Aber woher hat er denn diesen Namen?«
    »Jimmy Jimmereeno? Weiß der Himmel.«
    »Wahrscheinlich von einem kleinen Jungen aus der Nachbarschaft.«
    Eloise schüttelte gähnend den Kopf. »In der Nachbarschaft gibt’s keine kleinen Jungen. Überhaupt keine Kinder. Hinter meinem Rücken nennen sie mich das Karnickel … «
    »Mama«, sagte Ramona, »kann ich raus, spielen?«
    Eloise schaute sie an. »Du bist doch eben erst rein gekommen«, sagte sie.
    »Jimmy will wieder raus.«
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    »Er hat sein Schwert draußen liegen lassen.«
    »Ach, der und sein verdammtes Schwert«, sagte Eloise. »Na, dann geh mal. Zieh dir wieder deine Galoschen an.«
    »Kann ich das haben?«, fragte Ramona und nahm ein abgebranntes Streichholz aus dem Aschenbecher.
    »Darf ich das haben. Ja. Aber geh bitte nicht auf die Straße.«
    »Wiedersehen, Ramona!«, trällerte Mary Jane.
    »Wiedersehen«, sagte Ramona. »Komm, Jimmy.«
    Plötzlich sprang Eloise auf. »Gib mir dein Glas«, sagte sie.
    »Nein, wirklich nicht, El. Ich sollte doch schon in Larchmont sein. Mr Weyinburg ist doch so reiz end , und da möchte ich nicht – «
    »Ruf an und sag, man hat dich umgebracht. Lass das verdammte Glas los.«
    »Nein, ehrlich, El. Es friert doch so schreckli c h. Ich habe kaum noch Frostschutzmittel im Wagen. Wenn ich doch nicht – «
    »Lass es frieren. Ruf an. Sag, du bist tot«, sagte Eloise. »Gib her.«
    »Na ja … Wo ist das Telefon?«
    »Es ist«, sagte Eloise und ging mit den leeren Gläsern Richtung Esszimmer, » – irgendwo dort .«
    A brupt blieb sie auf den Dielen zwischen Wohnzimmer und Esszimmer stehen und wackelte mit den Hüften. Mary Jane kicherte.
     
    »Du hast Walt doch gar nicht richtig ge kannt «, sagte Eloise um Viertel vor fünf; sie lag rücklings auf dem Boden, auf ihrer kleinbusigen Brust stand prekär ein Glas. »Er war der einzige Junge, den ich kannte, der mich zum Lachen gebracht hat. Und zwar richtig .«
    S ie sah zu Mary Jane hin. »Erinnerst du dich noch an den Abend – in unserem letzten Jahr – , als diese verrückte Louise Hermanson ins Zimmer platzte, in ihrem schwarzen Büstenhalter, den sie in Chicago gekauft hatte?«
    Mary Jane kicherte. Sie lag bäuchlings auf der Couch, das Kinn auf der Armlehne, das Gesicht zu Eloise gedreht. Ihr Glas stand in Reichweite auf dem Fußboden.
    »Also, so konnte er mich zum Lachen bringen«, sagte Eloise. »Er konnte es, wenn er mit mir redete. Er konnte es am Telefon. Er konnte es sogar in einem Brief. Und das Beste daran war, dass er gar nicht versuchte, lustig zu sein – er war es einfach .«
    S ie drehte leicht den Kopf zu Mary Jane. »Hey, möchtest du mir nicht mal ’ne Zigarette rüberwerfen?«
    »Ich komm nicht dran«, sagte Mary Jane.
    »Kannst mich mal .«
    E loise blickte wieder an die Decke. »Einmal«, sagte sie, »bin ich gestürzt. Ich habe immer an der Bushaltestelle auf ihn gewartet, direkt vorm PX, und einmal ist er zu spät gekommen, gerade als der Bus abfuhr. Wir sind hinterhergerannt, und dann bin ich gestürzt und hab mir den Knöchel verstaucht. Er sagte: › Armer Onkel Wiggily. ‹ Er meinte den Knöchel. Armer alter Onkel Wiggily, nannte er ihn . … Gott, war der nett.«
    »Hat Lew denn keinen Humor?«, fragte Mary Jane.
    »Was?«
    »Hat Lew keinen Humor?«
    »O Gott! Wer weiß das schon? Ja. Wahrscheinlich. Er lacht über Karikaturen und so .«
    E loise hob den Kopf, nahm das Glas von
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