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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval
Autoren: Craig Russell
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Pistolen entfielen ihren Händen. Gleichzeitig merkte Fabel, dass etwas in ihrem Gesicht erlosch. Trotz seines Schocks wusste er, dass es nie mehr zurückkehren würde.
    8.

    Es war bereits dunkel, als Fabel langsam den Grashang des Marienfelds hinaufstieg, wo das Feuerwerk vor dem Nachthimmel sprühte.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du herkommen würdest«, sagte Scholz und reichte Fabel eine Flasche Kölsch.
    »Im Krankenhaus konnte ich mich nicht sehr nützlich machen. Ich habe veranlasst, dass Maria nach Hamburg verlegt wird. Das heißt, nachdem du den Fall abgeschlossen hast.«
    »Es spielt wohl keine Rolle, wo ihr Körper ist. In Wirklichkeit ist sie nicht mehr in ihm. Es tut mir aufrichtig leid, Jan.«
    »Danke, Benni.«
    Tansu Bakrac trat auf sie zu. Scholz entfernte sich diskret, damit sie ungestört miteinander sprechen konnten.
    »Geht es dir besser?«, fragte sie und legte eine Hand auf seinen Arm.
    »Nein. Eigentlich nicht. Ich werde nach Hamburg zurückkehren, aber in ein, zwei Wochen bin ich wieder in Köln, um den Fall mit Benni zum Abschluss zu bringen. Hör mal, Tansu, was geschehen ist …«
    Sie lächelte und nickte zum Feuer hinüber. »Dies ist die Nubbelverbrennung. Alle Sünden und Verfehlungen der tollen Tage werden hier getilgt. Hier. Heute Abend. Lass es dir gut gehen, Jan.«
    »Du dir auch, Tansu.« Er küsste sie und sah ihr nach. Der Feuerschein hob die Umrisse ihres Körpers hervorhob, während sie zu ihren Freunden zurückkehrte.

EPILOG

    Hamburg

    Fabel saß zusammen mit Maria am Fenster. Er hielt ihre Hand und schaute ihr in die Augen, doch sie blickte an ihm vorbei durch die Scheibe. Dahinter lagen die Anbauten des Krankenhauses, die Nebengebäude, das große Dreieck des mit Gras besäten Geländes und das grüne Strauchwerk, das als Abgrenzung diente. Noch weiter hinten verlief die Straße, auf der ständiger, im Zimmer nur schwach hörbarer Verkehr dahinzog.
    Fabel wusste, dass Maria diese wenig bemerkenswerte Ansicht zwar zu betrachten schien, doch nichts davon wahrnahm. Er ahnte nicht, was sie stattdessen sah. Vielleicht war es das Feld bei Cuxhaven. Vielleicht ein Garten oder ein Lieblingsort aus ihrer Kindheit in Hannover. Jedenfalls existierten diese Dinge nur in der Welt, in die sie sich zurückgezogen hatte. Am meisten erschreckte Fabel jedoch der Gedanke, dass Maria überhaupt nichts sah, sondern sich im Nichts aufhielt.
    Er versuchte, mit ihr zu sprechen. Darüber, dass sie nun, da sie wieder in Hamburg sei, genesen könne. Die Polizei Hamburg habe dafür gesorgt, dass Dr. Minks in ihre Behandlung mit einbezogen werde. Maria antwortete immer noch nicht, sondern blickte unverwandt aus dem Fenster zur Straße oder ins Nichts hinüber. Fabel redete weiter von der Genesung, von der er wusste, dass sie nie – oder jedenfalls nicht vollständig – eintreten würde. Er erzählte von den Kollegen, mit denen sie, wie er einsah, nie wieder zusammenarbeiten konnte. Dabei sprach er mit der gleichen erzwungenen Ruhe, mit der er sie vor so langer Zeit, als sie dem Tode nahe auf dem Feld bei Cuxhaven lag, beschworen hatte zu überleben. Allerdings wusste er, dass er sie diesmal nicht retten konnte.
    Hin und wieder lächelte Maria, doch nicht über eine seiner Bemerkungen, sondern über etwas in der fernen Innenwelt, die sie nun bewohnte.
    An jenem Tag regnete es in Hamburg. Fabel traf sich mit Susanne in der Bar, die nahe bei seiner Wohnung in Pöseldorf lag. Auf neutralem Boden.
    »Susanne, ich möchte mit dir reden. Wir müssen einiges ins Lot bringen.«
    »Ich dachte, das hätten wir getan«, erwiderte sie nüchtern. »Zumindest, was dich angeht. Ich meine, als du mich vor der Abfahrt nach Köln angerufen hast.«
    Fabel schob seine Bierflasche sinnierend auf der Tischplatte hin und her. Er rief sich die drei Telefonate ins Gedächtnis, die er Wochen zuvor geführt hatte: mit Ulrich Wagner im Bundeskriminalamt, mit Roland Bartz und mit Susanne.
    »Weißt du, Susanne«, fuhr er behutsam fort, »als ich da unten in Köln war, herrschte Chaos. Das ist vermutlich der Hauptzweck des Karnevals. Aber für mich war es kein undurchschaubares Chaos mehr, sobald ich herausfand, dass Maria ihren persönlichen Kreuzzug begonnen hatte, der sie dann um den Verstand brachte. In Köln war ich von Menschen umgeben, die jemand anders waren. Von Vera Reinartz, die sich in Andrea Sandow verwandelt hat und behauptet, zu einem mörderischen Clown zu werden, über den sie keine Kontrolle hat. Und dann
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