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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
Autoren: Jonathan Kellerman
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Kopf. »Das kann ich beim besten Willen nicht.«
    Seine Weigerung schien ihr nichts auszumachen.
    »Wurm«, fauchte sie. »Besäuft sich und heult sich bei mir aus. ›Ich hab meinen Bruder getötet, meinen Bruder!‹ Flennte wie ein Säugling. ›Ich muss es wieder gutmachen und mich um seinen Sohn kümmern. Ich muss es an Jamey wieder gutmachen.‹«
    Jetzt wurde ihre Stimme hoch und schrill: »Und wer hat sich um den kleinen Bastard gekümmert? Du vielleicht? Wer musste mit seinen Macken und seiner spitzen Zunge fertig werden? Du wolltest bereuen, aber ich bekam die Strafe!«
    Sie zielte wieder auf ihn.
    »Meine liebe gnädige Frau«, sagte Whitehead lächelnd. »Revolver sind nichts für hübsche kleine Damen …«<
    »Halten Sie den Mund!«, schrie sie und versuchte, an seinem fülligen Körper vorbeizuzielen. »Ich will den Wurm!«
    Whitehead lachte herzlich.
    »Nun lassen Sie’s gut sein.«
    »Sie sind jetzt endlich ruhig«, sagte Heather. Whitehead verzog irritiert die Stirn und bemühte sich zu lächeln.
    »Also wirklich, meine Liebe, wir führen doch kein Fernsehdrama auf, jetzt lassen Sie’s mal genug sein.«
    »Halten Sie Ihren Mund, Sie Idiot!«, schrie Heather.
    Whitehead wurde wütend und ging auf sie zu.
    »Jetzt lassen Sie den Quatsch …«<
    Sie sah ihn spöttisch an und schoss ihm in den Mund. Dann zielte sie auf Dwight, aber sie kam nicht mehr zum Schießen. Kugel auf Kugel durchbohrte ihren zierlichen Leib, zerriss und durchlöcherte ihn. Der dunkelblaue Chiffon färbte sich rot, dann schwarz, eine Rauchwolke umgab sie, als sie zu Boden sank.
    Die Türen des Esszimmers wurden aufgestoßen, ein Heer von blauen Uniformen mit gezückten Pistolen füllte den Raum. Entsetzte Blicke, schreckensbleiche Gesichter. Milo rief den Leuten Anweisungen zu und untersuchte Whitehead, der mit dem Bauch nach unten dalag. Er ließ einen Krankenwagen holen.
    Cash überließ Dwight zwei Polizisten, er sagte kein Wort und war kalkweiß im Gesicht. Er steckte seine Pistole ins Halfter und lockerte seine Krawatte. Dwight starrte auf die Leiche seiner Frau und auf die roten Spritzer überall auf der Holztäfelung. Auf dem Tisch war eine riesige Blutlache. Dwight verlor das Bewusstsein und wurde weggebracht.
    Souza hatte die ganze Zeit über unbeweglich dagesessen, als habe er mit alldem nichts zu tun. Vier Hände packten ihn an den Ellbogen und hielten ihn hoch. Er sah sich das Schlachtfeld an und schnalzte mit der Zunge.
    »Los, gehen wir«, sagte einer der Beamten.
    »Eine Sekunde, junger Mann.« Er sagte es mit einer Stimme, die den Polizisten in Ehrfurcht erstarren ließ.
    »Was wollen Sie?«, fragte er. »Wohin bringen Sie mich?«
    »Ins Gefängnis.«
    »Das weiß ich. Ich möchte wissen, in welches.«
    »Ins Bezirksgefängnis.«
    »Ausgezeichnet. Bevor wir gehen, wünsche ich, dass Sie ein Telefonat für mich erledigen. Rufen Sie Christopher Hauser an, von Hauser, Simpson & Bain. Die Nummer ist auf der Karte in meiner Brieftasche. Sagen Sie ihm, dass sich der Treffpunkt für unser Frühstück geändert hat. Nicht im California Club, sondern im Bezirksgefängnis. Er soll etwas zu schreiben mitbringen. Es ist ein Arbeitstreffen. Haben Sie das?«
    »Jawohl«, sagte der Beamte und rollte die Augen.
    »Dann wiederholen Sie bitte. Damit auch nichts schief geht.«

32
    Drei Wochen nach Souzas Festnahme fand die Polizei Gary Yamaguchi und Slit, mit bürgerlichem Namen Amber Lynn Danziger, in Reno auf Hinweis eines Detektivbüros, das die Eltern des Mädchens mit der Suche beauftragt hatten. Sie hatten am Stadtrand in einem ausrangierten Wohnwagen gelebt und sich von kleinen Diebstählen und einem Teilzeitjob bei McDonald’s ernährt. Slit wurde nach Los Angeles zu ihren Eltern gebracht, Gary kam als wichtiger Zeuge in Polizeigewahrsam. Als Milo ihn nach dem Tagebuch fragte, zeigte er sich von derselben roboterhaften Gleichgültigkeit, die er schon mir gegenüber in dem dunklen Hinterhof der Galerie bewiesen hatte. Eine Überführung ins Bezirksgefängnis und eine ausführliche Schilderung des Untersuchungsrichters, wie grausam die Mordopfer hingemetzelt worden waren, machten ihn gesprächiger.
    »Nach seinen Erzählungen«, berichtete mir Milo am Telefon, »rief Jamey ihn etwa einen Monat, bevor er in die Klinik gebracht wurde, an und bat um ein Treffen. Sie trafen sich im Sunset Park, gegenüber dem Beverly Hills Hotel. Es war ein warmer Tag, aber Jamey trug einen Regenmantel. Yamaguchi sagt, er habe wie ein Penner
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