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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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lauschte den ersten paar Worten. Er ging davon aus, dass Pleydell-Smith den anderen beiden Männern zustimmen würde, also sparte er es sich, weiter zuzuhören. Sein Geist schweifte ab in eine Welt voller Tennisplätze und Seerosenteiche und Könige und Königinnen, die Welt Londons, die voller Leute war, die sich mit Tauben auf der Hand auf dem Trafalgar Square fotografieren ließen. Er dachte an die Forsythie, die schon bald in der Nähe der Nebenstraße blühen würde, an May, seine geschätzte Haushälterin in seiner Wohnung in der King’s Road, die sich eine schöne Tasse Tee machte (hier war es jetzt elf, also würde es in London etwa sechzehn Uhr sein), und an die ersten U-Bahn-Züge, die ihre üblichen Strecken fuhren und den Boden seines kühlen dunklen Schlafzimmers erzittern ließen. An das wechselhafte englische Wetter: die lauen Lüftchen, die Hitzewellen, die Kälteeinbrüche – »Das einzige Land, in dem man an jedem Tag des Jahres einen Spaziergang machen kann« – Chesterfields Briefe? Und dann dachte Bond an Crab Key, an den scheußlichen heißen Wind, an den Gestank des Sumpfgases in den Mangrovensümpfen, an die scharfkantigen, grauen toten Korallen, in deren Löchern jetzt die schwarzen Krabben kauerten, deren schwarze und rote Stielaugen sich blitzschnell zurückzogen, wenn ein Schatten – eine Wolke oder ein Vogel – an ihrem kleinen Horizont erschien. Unten in der Vogelkolonie würden die braunen und weißen und rosafarbenen Vögel durch die Untiefen waten oder um Nistplätze streiten, während oben auf der Guanera die Kormorane von ihrem Frühstück im Meer zurückkehren würden, um ihr Milligramm an Miete an ihren Vermieter zu bezahlen, der sie nicht länger einkassieren würde. Und wo würde der Vermieter sein? Die Männer der S.S.
Blanche
hatten ihn zweifellos ausgegraben. Der Körper würde auf Lebenszeichen untersucht worden und dann irgendwo abgelegt worden sein. Hatten sie den gelben Staub von ihm abgewaschen und ihm einen Kimono angezogen, während der Kapitän nach Antwerpen funkte und um Anweisungen bat? Und wohin war Doktor Nos Seele gegangen? War es eine böse oder nur eine verrückte Seele gewesen? Bond dachte an den verbrannten, entstellten Klumpen unten im Sumpf, der einst Quarrel gewesen war. Er erinnerte sich an die sanfte Art dieses großen Jungen, die Unschuld in den grauen, wissbegierigen Augen, die einfachen Freuden und Wünsche, die Ehrfurcht vor dem Aberglauben und dem Instinkt, die kindlichen Fehler, die Treue, ja, Liebe, die Quarrel ihm entgegengebracht hatte – die Wärme dieses Mannes, denn das war das einzige Wort dafür. Er war sicher nicht an denselben Ort wie Doktor No gegangen. Was auch immer mit toten Menschen geschah, es gab zweifellos einen Ort für die warmherzigen und einen anderen für die kaltherzigen. Und an welchen würde Bond gehen, wenn seine Zeit gekommen war?
    Der Vizegouverneur erwähnte Bonds Namen. Bond riss sich zusammen.
    »… überlebt hat, ist äußerst bemerkenswert. Ich glaube wirklich, Sir, dass wir Commander Bond und seinem Geheimdienst unsere Dankbarkeit zeigen sollten, indem wir uns nach seinen Empfehlungen richten. Wie es scheint, Sir, hat er mindestens drei Viertel der Arbeit erledigt. Das Mindeste, was wir tun können, ist, uns um das letzte Viertel zu kümmern.«
    Der Gouverneur schnaubte. Er beäugte Bond über den Tisch hinweg. Der Knabe schien nicht besonders gut zuzuhören. Aber bei diesen Burschen vom Secret Service konnte man das nie so genau wissen. Die waren gefährlich, weil sie überall herumschnüffelten. Und ihr verdammter Anführer hatte in Whitehall großen Einfluss. Es wäre nicht ratsam, sich bei ihm unbeliebt zu machen. Die
Narvik
auszusenden schien eine gute Idee zu sein. Die Neuigkeiten würden zweifellos durchsickern. Die Weltpresse würde sich auf ihn stürzen. Doch dann sah der Gouverneur plötzlich die Schlagzeilen vor sich: »GOUVERNEUR HANDELT UMGEHEND … STARKER MANN DER INSEL GREIFT EIN … DIE MARINE IST DA!« Vielleicht wäre es wirklich besser, es auf diese Weise zu machen. Er könnte sogar zum Hafen gehen und die Truppen persönlich verabschieden, wenn sie zum Einsatz aufbrachen. Ja, das war die Lösung. Cargill vom
Gleaner
kam zum Mittagessen. Er würde in Anwesenheit des Burschen ein oder zwei Hinweise fallen lassen und so dafür sorgen, dass die Story eine ordentliche Berichterstattung erhielt. Ja, das war’s. Auf diese Weise konnte er nur gewinnen.
    Der Gouverneur hob die Hände und ließ
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