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Jakobsweg

Jakobsweg

Titel: Jakobsweg
Autoren: Beate Kallen
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abstützen und weiter stemmen kann. Wäre ich bloß auf der Strasse geblieben - naja, zu spät. Zurück ging es nicht, also immer weiter - ganz allein! War sehr fertig, aber ich hab es geschafft! Und als ich endlich geglaubt habe: GESCHAFFT - ging es weiter bergauf und bergab bis nach Maneru, leider war auch diese Herberge geschlossen. Also weiter, weiter, immer weiter durch Regen und Schlamm. Trotz der Anstrengung frierend und pitschnass. Zwischendurch habe ich heulend und lachend gleichzeitig im Dreck gestanden und gedacht: wie irre musst Du sein?? Irgendwann war ich in Cirauqui, das heisst "Kreuzotternnest", dort war bis auf eine Bar alles zu. Ein schnelles Bier und ein großes Wasser - so ein Durst, anschließend habe ich mich wieder in mein Regencape gewickelt, das eigentlich bei dem Wind aber gar nichts nützt, hab den Rucksack wieder aufgezurrt und bin völlig lustlos und schlechter Laune weiter gelaufen. Es war so schwer, aus dem warmen Raum wieder in den strömenden Regen zu gehen...
    Jedenfalls bin ich unter Mühen (bin halt überhaupt nichts gewohnt und habe kein bisschen Training) nach Estella ins "Hostal Cristina" - und die Kilometer dahin waren grausam schwer. Der Boden ist nass und lehmig, man sinkt tief ein. Meine Beine haben mir gar nicht mehr gehorcht, mir war schlecht vor Erschöpfung und Schmerzen. Ich glaube nicht, dass ich die Bar jemals wieder verlassen hätte, wenn ich geahnt hätte, wie anstrengend es anschließend war. Das "Hostal Cristina" - alt und mittelprächtig auf der 1. Etage eines Hauses in der Altstadt von Estella: eine freundliche, heftig schielende alte Dame hat mich empfangen und mir ihr schönstes Zimmer gegeben: 3 qm mit einem winzigen, durchgelegenen Bett aber immerhin hab' ich eine kleine Heizung und eine lauwarme Dusche. Raus aus den supernassen, schmutzigen Sachen und alles in der Kinderwanne mit Duschzeug "gewaschen", danach habe ich es zum Trocknen auf die Heizung gelegt - wie das bis morgen trocken werden soll, ist mir ein Rätsel. Auch darüber werde ich in den kommenden Wochen noch so manches Mal nachzudenken haben - Gott sei Dank weiß ich das hier aber noch nicht.
    Nach der Dusche bin ich ins Bett, wo ich zwei Stunden gebraucht habe, um wieder warm zu werden. Eine Banane und einen Riegel gegessen, dann bin ich noch mal raus. 2 kleine Wein (na gut - fingerhutgroß), 1 Stück Tortilla für 2,40 - zusammen. Überall waren kleine und große Kinder in Verkleidungen, heute ist schließlich Halloween und das wird scheinbar mittlerweile weltweit "gefeiert". Estella ist eine wunderschöne Stadt, trotz des schlechten Wetters ist das zu erkennen. Mein kleines Etagenhotel liegt in unmittelbarer Nähe der Kirche "Iglesia de San Pedro de la Rua" aus dem 12. Jahrhundert. Und natürlich war ich da und habe der Messe gelauscht. Beinahe wäre ich eingeschlafen in meiner Bank. Heute bin ich mehr als 27 Kilometer gelaufen, kann ich selber fast nicht glauben. Es ist schon enorm, wie sich die Gewichtungen verschieben: ein warmes Essen und warme, trockene Kleidung. Am liebsten noch ein warmes Bett. Schönes bzw. trockenes Wetter, das wäre schon was. Dabei bin ich erst den dritten Tag unterwegs.
    Ich lese jeden Tag in meinem Jakobsweg-Führer, der ist wirklich toll. Ich kann mir so in etwa meinen Weg für den nächsten Tag vorstellen, kann evtl. Extra-Zeit für Sehenswürdigkeiten einplanen und mich auf besonders schwere Abschnitte vorbereiten. Ausserdem habe ich den kleinen B·P·M (Brain-Power-Master) dabei, der ist auf Dünndruckpapier gedruckt und wiegt fast nichts, deshalb habe ich ihn mitgenommen. Macht mir große Freude, darin zu lesen - vielleicht gerade auch im Zusammenhang mit dem Jakobsweg. Den geht "man" ja auch, um etwas zu erkennen, zu verändern oder um herauszufinden, ob etwas zu verändern ist. Oder ob "man" sich verändert. Ich weiß es nicht. Mal sehen, wie ich am Ende denke...
    Annabelle hat die theoretische Prüfung für ihren Führerschein bestanden! War ja klar, oder??? Hat mich aber trotzdem um 7.20h angerufen, das Kind, und mich daran erinnert, dass ich Daumen drücken muss. Jetzt ist es acht Uhr abends und ich schlaf gleich ein, ich bin vollkommen erledigt. Auszeit - Annabelles 18. Geburtstag - und ich sitze in einem winzigen Zimmerchen in Los Arcos. Wir haben aber schon telefoniert. Und geheult. Was auch sonst?! Andauernd entschuldigt sie sich, weil sie ihren 18. Geburtstag feiert, obwohl ich nicht da bin - ist das nicht süß??
    Gestern bin ich um 9.30h nach
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