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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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vornübergebeugt hinter dem Lenkrad und blickte angestrengt auf das unscharfe Straßenbild vor ihr. Sie war gespannt, ob die Polizei den Namen und die Adresse schon herausgefunden hatte.
    »Was ist bei dir los?«, wollte sie wissen.
    »Nichts. Willst du immer noch, dass ich hier auf den Leichenwagen warte?«
    »Ja. Ich rufe dich an, wenn ich Bilder brauche.«
    Gerade als sie auflegte, kam eine SMS herein. Es war der Nachrichtenchef. Wann kannst du liefern? wollte er wissen, gefolgt von Du hast ein Zimmer im Quality Hotel Nygata. Bevor sie antworten konnte, kam eine weitere Meldung: Alles okay mit dir?
    Eine Stunde. Circa. lautete ihre Antwort. Dann schickte sie eine Message hinterher: Kannst du einen Jonas Ravneberg überprüfen? Familie, Arbeit …
    Die vom Navigationsgerät empfohlene Strecke war noch immer von einem Wagen der Spurensicherung blockiert. Line musste zurück auf die Landstraße und dann von der entgegengesetzten Seite in das Wohngebiet hineinfahren.
    Auf der einen Seite der W.   Blakstads gate lagen einige weiß verkleidete Reihenhäuser. Auf der anderen Seite zog sich eine Rasenfläche bis zum Wallgraben hinunter, der parallel zu der Straße verlief. Hinter dem Wallgraben konnte sie zwischen den kahlen Bäumen das Scheinwerferlicht am Tatort erkennen.
    Jedes dieser kleinen Gebäude war von einem weißen Lattenzaun umgeben. Nummer 78 war das letzte Haus in der Reihe.
    Sie wunderte sich, dass niemand von der Polizei hier aufgetaucht war. Das konnte zwei Dinge bedeuten. Entweder war sie auf der falschen Spur oder sie lag der Polizei um Längen voraus.
    Sie verlangsamte die Fahrt und blickte zu dem Haus hinüber, konnte aber nichts Auffälliges bemerken. Am Ende der Straße fuhr sie auf einen großen kiesbedeckten Platz. Auf einer kleinen Anhöhe gegenüber ragte eine alte Festung in den nächtlichen Himmel.
    Die Reihenhauswohnung hatte zwei Stockwerke. In allen Fenstern brannte Licht, sogar in den schmalen Kellerfenstern. Line blieb sitzen und versuchte, irgendwelche Bewegungen auszumachen. Das Haus wirkte gepflegt und ordentlich und hatte einen separaten Bereich für die Mülltonnen. Auf der anderen Straßenseite stand ein roter Mazda. Line setzte ihren Wagen in Bewegung, fuhr an dem geparkten Auto vorbei und merkte sich das Kennzeichen, das sie daraufhin per SMS ans Straßenverkehrsamt schickte, um den Halter ausfindig zu machen.
    Die Antwort kam, noch bevor sie wieder wenden konnte: Jonas Ravneberg.
    Sie fuhr zurück zu dem Kiesplatz und wartete ein paar Minuten. An der Wohnzimmerwand konnte sie den oberen Teil einer Landschaftsmalerei erkennen und im anderen Fenster Teile der Kücheneinrichtung. Die einfache schmiedeeiserne Zaunpforte schwang im Wind hin und her. Das Haus wirkte vollkommen verlassen.
    Gerade als sie die Autotür öffnete, kam die Antwort des Nachrichtenchefs. Unverheiratet. Keine Kinder. Eltern tot. Frührentner. Nichts im Textarchiv, keine Fotos. Mordopfer?
    Unbestätigt, antwortete sie und stieg mit eingezogenen Schultern aus dem Wagen.
    Der starke Niederschlag hatte nachgelassen und sich in einen feinen Nieselregen verwandelt. Die Luft war kühler geworden. Ein Windstoß fuhr durch die schwarzen blattlosen Bäume.
    Line schüttelte sich und ging hinüber zu der Reihenhausanlage.
    Falls der Mann wirklich keine Angehörigen hatte, machte das die ganze Sache in vieler Hinsicht einfacher. Gleichzeitig wurde Line immer neugieriger zu erfahren, wer Jonas Ravneberg eigentlich war. Ausgehend von ihren Recherchen wirkte er ziemlich unbedeutend. Aber trotzdem hatte ihn jemand ums Leben gebracht. Wie es momentan aussah, wirkte der Mord zufällig, wie ein unvorhergesehener Überfall. Das könnte einen guten Ansatz für die Reportage abgeben. Bevor sie zu schreiben anfing, musste sie drei Dinge tun, wie ihr einfiel. Einen kurzen Blick in das Haus werfen, von der Polizei eine Bestätigung der Identität des Opfers bekommen und mit den Nachbarn reden.
    Line schob die Eingangspforte auf. Am Zaunpfosten daneben war ein Schild mit der Aufschrift Hier wache ich und dem Bild eines Hundes befestigt. Die wackligen Steinplatten vor den Stufen ließen sich nur mit Vorsicht überqueren.
    Line blieb auf der untersten Treppenstufe stehen. Die Außenbeleuchtung warf einen matten Lichtschein auf den Eingangsbereich. Die Einbruchspuren am Türrahmen waren trotzdem gut erkennbar. Zersplittertes Holz stand in allen Richtungen ab.
    Sie verharrte auf der untersten Stufe, zog ihr Handy hervor und wählte die
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