Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere
Autoren: K.M. O'Donnell
Vom Netzwerk:
man nur eben erwarten konnte. Die Schweinehunde – ihre Gesichter scharf in dem schwindenden Licht des Raumes – kamen, um sich über ihn lustig zu machen. Aber es gab einige unter ihnen, die Mitleid kannten. Er fühlte die Nässe der Tränen, und was die Mitleidigen anbelangte, sie sollten ein leichteres Schicksal erleiden, wenn ihre Namen am Tage des Jüngsten Gerichts verlesen wurden. Cum spiritu sanctu, nebenbei gesagt.
    Fühlte dann die Nadeln in sich eindringen, eine nach der anderen unter seine Haut, und dann die Wutanfälle, einen nach dem anderen, in feierlicher Reihenfolge. Ein anderes Mal arbeiteten die jungen Teufelchen mit ihren Handflächen an ihm. Verflucht bis in alle Ewigkeit, kamen sie einzeln in dieses Tal der letzten Möglichkeit, während Rogers, seinem Gedächtnis sei gedient und seine Wundmale gefeiert, sie um sich versammelte und sich der Nacht hingab. Andere Male war es schwer, aber dies war lächerlich. Niemand würde das ruhig hingenommen haben. Angeschmiegt an das Herz des Raumes, auf der Erde, nahe der Sonne, versuchte er vergeblich, das Netz zu fassen, das im Begriff war, die Geräusche und Gerüche seines Sterbens zu absorbieren; das Netz, das ihn einwickelte und sein wütendes und hilfloses Selbst festhielt. Sogar die Göttlichen können wüten; wir wissen das jetzt; wir wissen es, dennoch mindert das nicht ihren Heiligenschein. Rogers wartete und wartete darauf, daß das Tor, das Tor seines Vaters, dem Gesegneten im suchenden Geist, sich öffnete und daß der letzte Test begann.
     
    Etwas später: ein Augenblick plötzlicher Einsicht. Sie kamen nun immer häufiger zu ihm, und das war der sicherste Nachweis für das Ende, das auf ihn zukam. Schneller, immer schneller und schneller liefen die Augenblicke zusammen, und es war jetzt nur eine Fra ge der Zeit, einer sehr knappen Zeit, bis es zur Totalität wurde und emporstieg. Rogers seufzte.
    Er saß – zu jener Zeit – rittlings auf einer Sonne, die zwanzigtausend Meilen durchmaß, einer Sonne, die einst ihre Kinder durch die Zeiten gestreut hatte, nun aber am Ende angelangt war; ein sterbender, ungeheurer Hochofen, der nach verbrauchtem Gas stank und taumelnd seine Bahn am Himmel zog, seinem endgültigen Untergang entgegen. Wie Rogers wartete die Sonne darauf, auf das Ende, weil sie nichts anderes tun konnte. Aber im Gegensatz zu Rogers war sie von Anfang an auf diesem Weg gewesen; wogegen Rogers, auf die lange Bank geschoben und übersprungen, in diesen wirklich bodenlosen Abgrund versetzt worden war. Nein: er gehörte in das Herz eines Gestirns. Oder etwa nicht?
    Die Sonne war weder heiß noch kalt; ihre Umwandlungsprozesse waren in der letzten Phase vor dem Erlöschen ins Stocken geraten, waren zum letzten, ehernen Halt gekommen. Kein Blut rann durch diesen Stern. Trotzdem konnte Rogers, nackt und bis zum Skelett abgemagert, mit keuchenden Lungen, die die verbrauchte Luft einsogen und wieder ausstießen, nichts passieren, solange er in einer Stellung verhielt und sich nicht bewegte; der Himmel behütete ihn wie seinen Schützling. Jetzt, da sein Werk vollbracht und nur ein beherrschender Einfluß vor ihm war, saß er mit dem Rücken gegen eine düster aufragende Wand gelehnt und beobachtete die entfernten Tänzer, wie sie in das Gesicht der Nacht, der schwülstigen Nacht, entschwebten.
    Sicher wird es lange dauern, dachte er. Eine höllische Wartezeit. Und worauf wartete er? Wer weiß schon, worauf er wartet oder wer kommen wird, oder was er für eine Rolle spielt. Jene, die dafür verantwortlich sind, daß sich das Universum selbstgefällig in seiner Bahn dreht, wissen sie es? Begründen sie ihr Vorhaben?
    Zwei Insekten krochen über die ehrlichen, alten Wangen des Gesegneten. Er hob eine Hand, um sie wegzuschnippen, ohne ihnen wehzutun; er wollte nur vermeiden, daß sie ihn ins Gesicht stachen. Aber als er sie mit dem Zeigefinger berührte, starben sie und fielen mit einem leisen Klatschen zu Boden. Es tat ihm leid, weil er es haßte, irgend etwas zu töten. Er war feinfühlig. Seine Gewalt würde Universen vorbehalten sein.
    Wann, zum Teufel, kommen sie?
    Aber der Schlaf, egal wie, würde leichter sein, auch das mußte er glauben. Er war jetzt halb zu Hause (und folglich auch halb kaputt), und mit diesem Wissen und der Versicherung, daß es nichts gab, was sie ihm antun konnten, konnte er zufrieden sein. Es gab nichts, was sie ihm antun konnten, das so schrecklich war wie das, was er immer wieder nachts im Angstschweiß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher