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Jagd auf Jesse James

Jagd auf Jesse James

Titel: Jagd auf Jesse James
Autoren: Jack Slade
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»Gestern ist die alte Mrs. McMahon aus der Seneca Street gestorben. Sie war die älteste Einwohnerin in der Stadt. Früher hat sie im Büro des Pony Express gearbeitet.«
    »Und da bist du ganz sicher? Ich meine, dass sie der einzige weibliche Sterbefall gewesen ist.«
    »Todsicher, Sir. Mein Bruder Jack ist Sargträger in Cowsills Bestattungsinstitut. Wir unterhalten uns oft. Jack hätte mir davon erzählt, wenn letzte Woche noch eine andere Frau gestorben wäre.«
    »Gut, das war’s schon.« Lassiter berappte noch eine Münze. Der Junge salutierte und schob ab.
    Das Zimmer war eine Wucht. Das Mobiliar setzte sich aus viktorianischen Möbeln aus England zusammen. An den Wänden hingen protzige Gemälde vom Grand Canyon und dem Yellowstone. Das Bett besaß einen Himmel und hätte glattweg vier Personen Platz zum Schlafen geboten. Für einen flüchtigen Moment hatte Lassiter die aufreizenden Kurven von Melissa Holm vor Augen.
    Das lächelnde Gesicht von Jon Miles verdrängte das Abbild der Edelhure.
    Lassiter versank ins Grübeln. Jona Miles verdiente ihren Lebensunterhalt als Tänzerin. Wenn sie sich in der Stadt befand, hatte sie vermutlich schon ein Engagement in einem einschlägigen Amüsierlokal angenommen. Von Luft und Rachegelüsten konnte kein Mensch leben. Es konnte nicht schaden, wenn er sich zunächst einmal die Tanzbars in der Stadt vorknöpfte.
    Er packte seine Sachen aus, warf einen sehnsüchtigen Blick auf das breite Himmelbett und stieg dann in die Hotellobby hinunter.
    Auf dem Beistelltisch neben der Rezeption entdeckte er einen Stapel bunt bedruckter Prospekte. Aufmerksam sondierte er das Material. In der Stadt existierten über ein Dutzend Lokale, die für seine Nachforschungen in Frage kamen.
    Er schob die Prospekte in seine Jackentasche und wandte sich zum Ausgang. Ein Laufjunge in Uniform hielt gerade einem adrett angezogenen Gentleman die große Pendeltür auf. Der Mann trug einen dunklen Kinnbart und wirkte sehr weltmännisch. Lässig schnipste er dem Boy eine Münze zu.
    Der Uniformierte verneigte sich ehrerbietig.
    »Danke, Mr. Howard«, sagte er dann.
    In der gleichen Sekunde kreuzte sich die Blicke von Lassiter und Howard.
    Der Mann von der Brigade Sieben ließ sich nichts anmerken. Ein unbestimmter Impuls tief in seinem Innern verriet ihm, dass er gerade dem meistgesuchten Verbrecher der Vereinigten Staaten gegenüberstand.
    Dieser Jesse James scheint Nerven wie Drahtseile zu haben , dachte Lassiter, als er hinausging.
    Draußen blieb er vor einer riesigen Plakatwand stehen und tat so, als studierte er die reißerischen Aufmacher der örtlichen Amüsiertempel.
    Er spürte, dass sein Herz ein paar Takte schneller schlug. Sein Jagdfieber meldete sich. Die Vorstellung, dass der berüchtigte Bandenchef nur ein paar Yards weiter ungezwungen mit dem Portier an der Rezeption plauderte, setzte ihm ganz schön zu. Es kostete ihn einige Überwindung, seine aufwirbelnden Gefühle in den Griff zu bekommen. Einem Mann wie diesem Mr. Howard begegnete man weiß Gott nicht alle Tage.
    Und ihm waren die Hände gebunden.
    Verdammt!
    Doch die Order der Zentrale war eindeutig: Hands Off ! Hände weg von Mr. Howard!
    Lassiter schickte ein stummes Gebet in den blauen Missouri-Himmel. Er hoffte inständig, dass Jona Miles dem Mann mit dem Decknamen Howard nie begegnete.
    Seine Hoffnung sollte sich nicht erfüllen.
    ***
    Im rötlichen Licht der Abenddämmerung führte Pohawe die blonde Frau, die sie Nokona getauft hatte, zum Absatz eines mit Gestrüpp bedeckten Hanges.
    Hier, in unmittelbarer Nähe der Stadt, verbarg die Comanchin ihren Mustang. Während sie den Zugang zu dem Pferdeversteck geschickt mit Zweigen tarnte, stand die Weiße stumm daneben und starrte abwesend auf den Boden.
    »Nokona?«
    Die Frau hob den Kopf. Ihr Blick war leer, als hätte ihr eine Sturmbö alle Gedanken aus dem Schädel gefegt.
    »Wie geht es dir?«, fragte Pohawe.
    Gleichgültiges Achselzucken.
    »Hast du Schmerzen?«
    »Nein, keine Schmerzen«, kam es zurück. »Es geht mir ganz gut.«
    Die Comanchin nahm ihren apathischen Schützling wie ein Kind an die Hand. Über ein Geröllfeld geleitete sie sie auf die Anhöhe hinauf, damit sie den Geistern ein Stück näher waren. Pohawe hatte vor, mit Hilfe ihrer Schamanen-Medizin die junge Frau wieder zu neuem Leben zu erwecken.
    Auf dem Gipfel des Hügels angekommen, nötigte sie Nokona, sich auf den Boden zu setzen. Dann begann sie, Reisig und trockene Zweige für ein Feuer zu sammeln.
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