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Jäger des Einhorns

Jäger des Einhorns

Titel: Jäger des Einhorns
Autoren: Hans Kneifel
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sah die wenigen Boote im Hafen der Magier, die langen, grauen Rauchsäulen, die aus den Lichtöffnungen der schlanken Leuchttürme quollen und vom Morgenwind auf das Meer hinausgetrieben wurden.
    Türme und Zinnen, überall die schrägen Wände der Bauwerke, in denen breite Treppen mit unzähligen Stufen aufwärts führten und meist an den Geländeseiten von kauernden Gestalten, halb Mensch, halb Tier, flankiert wurden. Im Fall eines bewaffneten Angriffs waren die wenigsten Gebäude wirklich ungeschützt – sie alle wirkten wie Teile einer riesigen, von Grün überwucherten Festung.
    Steine und Wasserläufe, Brücken und die breiten Teile des Flußdeltas bildeten ein gigantisches Labyrinth.
    Yucazan nannte sich die Stadt auf sieben Inseln.
    Jeder Bereich war von den anderen durch Wasser getrennt. Soweit Casson sehen konnte, wurde der Verkehr zwischen den Inseln durch kleine und große Flöße bewerkstelligt oder verlief über eine verwirrende Anzahl von Brücken. Jetzt, als die Scheibe der Sonne im Osten aus dem Meer gestiegen war, erwachte die Stadt zu ihrem täglichen Leben. Aus unzähligen Kaminen stiegen zuerst weiße, dann graue, schließlich schwarzrußige Rauchfahnen.
    Stimmen ertönten, Wasser plätscherte, Geschrei von Menschen und Tieren hallte zwischen den Mauern wider. Überall knarrten und knisterten hölzerne Verbindungen. Einzelne Vögel, die sich bald zu kleinen Schwärmen vereinigten, kamen aus den zahllosen Löchern und Nischen der Mauern, aus Verstecken in den Säulenkapitellen und zwischen den Teilen der Karyatiden hervor; jenen mythologischen Gestalten, deren Schultern und Nacken die vorspringenden Dächer stützten.
    Hinter der ersten Gruppe folgten die Lyrer mit ihrem spärlichen Gepäck.
    Der steinerne Weg verzweigte sich, beide Gruppen wurden getrennt. Zwischen den Schulterblättern spürte Casson den bohrenden Blick des Dunkeljägers Kaizan.
    Es folgten Sperren aus geschmiedeten Gittern, aus hölzernen Wänden und schmalen Pforten, die von grimmigen Kriegern bewacht wurden. Treppen und Rampen schlossen sich an, die unter wuchtigen Torbögen und niedrigen Durchlässen hindurchführten.
    Dann öffnete sich hinter einer Mauer, mindestens fünf Mannshöhen über dem Wasserspiegel, eine prunkvolle Fläche. An drei Seiten war sie von alten, sorgfältig beschnittenen Bäumen eingegrenzt, gegenüber dem Eingang befand sich ein Tempel in der charakteristischen Form aus vier Flächen, die bis zu einer Plattform zusammenliefen und sich verjüngten. Mehr als hundert Stufen führten in den Tempel, der aus Säulen, Dach und vielen durchbrochenen Mauern bestand. Jeden dritten Schritt begegneten die Fremden einem Götzenbild, einem kunstvoll aus Stein gemeißelten Zahlensymbol oder einem verzerrten menschlichen Antlitz, durch dessen Augenhöhlen die Sonnenstrahlen loderten.
    Ein Portal öffnete sich.
    In einem großen Saal mit einem Boden aus spiegelndem Stein warteten ungefähr fünfzig Magier.
    Die Nachricht von der wichtigen Botschaft aus Lyrland hatte sich in rasender Eile herumgesprochen. Hesert durfte sich in einen hölzernen, mit Fellen bedeckten Sessel setzen, Casson blieb hinter ihm stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Langsam, unter dem Eindruck eines wichtigen Ereignisses stehend, verstört durch das Erlebnis der riesigen Stadt, verwirrt durch die fünfzig Augenpaare und das Bewußtsein, der ausersehene Bote zu sein, begann Hesert zu berichten.
    Während er sprach und das Wunder schilderte, hingen die Magier förmlich an seinen Lippen und warteten auf jedes weitere Wort.
    Croz murmelte nach einer Weile andächtigen Schweigens:
    »Das ist ein Ereignis, das im gesamten Reich der Zaketer verkündet werden muß!«
    Casay stieß mit dem Lichtstab auf den Boden und wandte sich praktischeren Dingen zu.
    »Ihr werdet bald Gelegenheit haben, in angemessenem Rahmen allen Bewohnern der Stadt diese Botschaft zu verkünden. Vorher aber sollt ihr euch von den Strapazen der langen Seefahrt erholen.«
    Wie schon an Bord abgesprochen, wagte Hesert eine Frage:
    »Dürfen wir uns in eurer schönen Stadt umsehen? Wir haben derlei noch nie gesehen. Ja, nicht einmal geträumt haben wir von solchen Brücken, Mauern und Häusern, so groß wie Berge.«
    »Viele Schiffe kommen zu euch. Ich sah einen fremdartigen, großen Segler im Hafen!« fragte zurückhaltend Casson.
    »Ich werde euch vieles zeigen«, sagte Croz begütigend. »Ihr würdet euch verirren in den Kanälen und Straßen!«
    Casson gefiel die
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