Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger der Nacht (German Edition)

Jäger der Nacht (German Edition)

Titel: Jäger der Nacht (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
Vom Netzwerk:
hätte man sie nur an einen Tropf angeschlossen und in Ruhe gelassen.
    „Danke“, sagte sie zu dem leitenden M-Medialen. „Es geht mir wieder gut.“
    Xi Yun nickte. „Sie sollten alles aufessen. In dieser Mahlzeit sind alle Kalorien enthalten, die Sie benötigen.“
    „Selbstverständlich.“
    Xi Yun ging mit seinem Team zur Tür. Faith wusste, dass der schmale Arztkoffer in seiner Hand die notwendigen Medikamente enthielt, um sie entweder aus einer katatonen Starre zu reißen oder einen manischen Zustand zu dämpfen. Heute war nichts davon nötig gewesen. Sie hatte nur einfach vergessen zu essen.
    Nach dem Verzehr aller Energieriegel und isotonischen Getränke, die der M-Mediale dagelassen hatte, lehnte Faith sich in dem großen Liegesessel zurück, auf dem sie die meiste Zeit verbrachte. Er war doppelt so breit wie ein Bett und versorgte das T3-System konstant mit allen lebenswichtigen Daten ihres Körpers. Zu jeder Tages- und Nachtzeit stand ein M-Medialer bereit, der eingreifen würde, falls eine Behandlung notwendig wäre. Selbst bei V-Medialen war das nicht die Regel, aber Faith war eben keine normale V-Mediale. Sie war die Beste.
    Alle Vorhersagen, die sie je gemacht hatte, waren eingetroffen, es sei denn, man hatte vorher Gegenmaßnahmen ergriffen. Deshalb war sie Millionen wert, vielleicht sogar Milliarden. Bei NightStar galt sie als der wertvollste Aktivposten. Wie alle anderen wurde sie in bester Verfassung gehalten, damit sie optimal funktionierte. Und wie alle anderen würde man sie, falls sie einen Defekt zeigte, sofort gründlich überprüfen und in Teilen weiterverwerten.
    Als sich dieser Gedanke einschlich, riss Faith die Augen auf. Sie starrte auf das blasse Grün der Decke und versuchte, ihren rasenden Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. Wenn es ihr nicht gelang, würden die M-Medialen vielleicht noch einmal vorbeischauen, und sie wollte nicht, dass jemand sie in diesem Zustand sah. Womöglich würden ihre Augen sie verraten. Manchmal zeigten sich selbst in den nachtschwarzen Augen einer Kardinalmedialen Dinge, die besser im Verborgenen blieben.
    „In Teilen“, flüsterte sie. Natürlich würde auch das aufgezeichnet werden. V-Mediale machten manchmal Vorhersagen während ihrer Trancezustände; daher wollte man keines ihrer Worte verpassen. Vielleicht zogen es deshalb einige vor, möglichst zu schweigen.
    In Teilen weiterverwerten.
    Zunächst schien das unlogisch zu sein, aber je mehr sie darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr, dass ihre Fähigkeiten ihr wieder einmal eine Zukunft gezeigt hatten, die sie sich nie hätte vorstellen können. Meist wurden defekte Mediale Rehabilitationsmaßnahmen unterzogen; eine Gehirnwäsche löschte ihren Verstand aus, sodass sie nur noch niedere Arbeiten durchführen konnten. Anders bei den V-Medialen. Sie waren zu selten, zu wertvoll und zu einzigartig.
    Wenn ein V-Medialer über ein akzeptables Maß hinaus verrückt wurde, wenn er keine Vorhersagen mehr machen konnte, arrangierten die M-Medialen einen Unfall, bei dem das Gehirn des V-Medialen unverletzt blieb. Dann benutzten sie das fehlerhafte Gehirn für ihre Experimente, untersuchten die Strukturen. Alle wollten wissen, wie die V-Medialen funktionierten. Sie waren die am wenigsten erforschte Spezies der Medialen, man tappte noch völlig im Dunkeln – da sie gerade mal ein Prozent der Bevölkerung ausmachten, war es schwer, geeignete Objekte für Untersuchungen zu finden.
    Faith grub ihre Finger in die dicken roten Polster des Sessels, ihr Atem kam stoßweise. Ihre körperliche Reaktion hatte aber noch nicht solche Ausmaße erreicht, dass ein medizinisches Eingreifen notwendig gewesen wäre, da V-Mediale während ihrer Visionen oft ungewöhnliche Verhaltensweisen zeigten. Aber Faith konnte auch nicht zulassen, dass die Überlastungsreaktion zu einer Serie von Kurzschlüssen in ihrem Gehirn führte.
    Selbst als sie sich körperlich beruhigt hatte, schossen ihr noch immer Bilder durch den Kopf, in denen ihr Gehirn an wissenschaftlichen Geräten angeschlossen war und kalte Medialaugen es von allen Seiten betrachteten. Sie wusste, dass das unsinnig war. Nie würde so etwas in einem der Labors passieren. Ihr Verstand versuchte nur, in etwas Unsinnigem einen Sinn zu entdecken. So wie in den Träumen, die sie seit zwei Wochen im Schlaf verfolgten.
    Zuerst war es nur eine vage Vorahnung gewesen, Dunkelheit, die sich plötzlich in ihrem Verstand ausbreitete. Sie hatte gedacht, es wäre vielleicht die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher